Christoph Frank, Leiter der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Freiburg Foto: Deutscher Richterbund

Das neue Anti-Doping-Gesetz wird von vielen begrüßt, ausreichend ist es aus Sicht etlicher Experten aber nicht: Christoph Frank, Leiter der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Freiburg, fordert mehr Personal.

StuttgarT - Lange wurde in Deutschland über ein Anti-Doping-Gesetz gestritten, nun ist es seit fünf Wochen in Kraft. Seither klopfen sich die Politiker selbst auf die Schultern, auch viele Sportler, Funktionäre und Strafverfolger begrüßen das neue Gesetz. Als Allheilmittel im Kampf gegen Doping sehen es allerdings die wenigsten.

Zu den Skeptikern gehört zum Beispiel Christoph Frank, und er ist ein Mann, der weiß, wovon er spricht. Der Leiter der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft Freiburg hat mit seinen Mitarbeitern gut zu tun. 2014 gab es rund 600 Doping-Verfahren, 2015 nur ein paar weniger – aber lediglich sechs gegen Kadersportler, und auch das waren Athleten aus Randsportarten. Vornehmlich beschäftigen sich die zwei Staatsanwälte, die für ganz Baden-Württemberg zuständig sind, mit der Bodybuilder-Szene. „Bisher ist es so, dass nur die Dummen erwischt werden, vielleicht haben wir deshalb so viel mit Muckibuden zu tun“, sagte Frank bei einer Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Stuttgart – und forderte mehr Personal: „Wir sind voll motiviert, aber wir brauchen kurzfristig ein bis zwei Stellen mehr. Und bei Polizei und Zoll, von wo aus die Staatsanwaltschaft ja beliefert wird, werden noch größere Defizite entstehen.“

Am Dienstag gab es ein erstes Treffen zwischen Frank und Vertretern des Landeskriminalamts, bei dem Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit erörtert wurden. Ebenso wichtig wird der Doppelpass mit der Nationalen Anti-Doping-Agentur und den Verbänden sein. „Sie kommen zwar aus anderen Systemen, sind aber als Hilfsorganisationen für die strafrechtlichen Ermittlungen unersetzlich“, sagte Frank, „wir werden nur erfolgreich sein, wenn der Daten- und Wissenstransfer funktioniert. Doch daran habe ich Zweifel.“ Weshalb sich eine Frage umso mehr stellt: Wo fängt der Anfangsverdacht an?

Athleten stellen sich auf das neue Gesetz in Deutschland ein

Reicht zum Beispiel schon das Wissen, dass die Tour de France nicht zu den saubersten Sportveranstaltungen zählt, um 2017 vor der ersten Etappe in Düsseldorf eine Doping-Razzia zu starten? Oder ist eine 100-Meter-Zeit von 9,8 Sekunden, die beim Leichtathletik-Meeting in Berlin gelaufen wird, verdächtig genug, um die Sporttaschen der Läufer zu durchsuchen? „Das Problem, wann der Strafverfolgungszwang beginnt, wird uns beschäftigen“, sagte Frank, „wir müssen sicher hin und wieder ein Zeichen setzen. Aber wir wissen natürlich auch, dass nur selten im Wettkampf gedopt wird. Und dass sich die Athleten natürlich darauf einstellen werden, dass es jetzt in Deutschland ein Anti-Doping-Gesetz gibt.“

Auch Gerhard Treutlein, Anti-Doping-Experte aus Heidelberg, zweifelt daran, dass das neue Gesetz viel bewirken wird. Weil sich die Topathleten nicht erwischen lassen, weder von den Fahndern der Nada noch von Polizei oder Zoll. „Es gibt seriöse Studien, nach denen 30 Prozent der deutschen Spitzensportler dopen“, meinte Treutlein, „aber die meisten dieser Athleten haben, wenn es um Doping geht, ein höchst kompetentes Umfeld. Überführt werden nur die Blöden.“

Treutlein hat nichts gegen das neue Gesetz, aus seiner Sicht gibt es im Kampf gegen Doping aber vor allem ein sinnvolles Mittel: Prävention. Eine Million Euro wird in Deutschland dafür jährlich ausgegeben – nicht nur nach Meinung von Treutlein viel zu wenig. Auch Rainer Brechtken setzt darauf, die Sportler so stark zu machen, dass sie den Versuchungen der Pharmazie widerstehen können. Und er ist überzeugt davon, dass der Druck von ihnen genommen werden muss, der zu oft zum Dopen verleitet. „Unser Ziel ist nicht Gold“, sagte der Präsident des Deutschen Turnerbundes, „sondern die optimale Förderung talentierter Sportler.“ Die Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maiziére, deutsche Athleten müssten künftig mindestens ein Drittel mehr Medaillen gewinnen, kritisiert Brechtken denn auch heftig: „Wir müssen wegkommen von völlig verrückten und absurden Vorgaben.“