Timo Wopp gastiert am Samstag, 28. Oktober, im Renitenztheater Foto: Andrej Dallmann

Im Interview spricht der Kabarettist und Jongleur Timo Wopp über das Spiel mit Klischees und warum sein BWL-Studium auf der Bühne kein Schaden ist.

Stuttgart - Sein BWL-Studium finanzierte sich Timo Wopp, 1976 in Oldenburg geboren, als Jongleur. Inzwischen hat er sich als Kabarettist einen Namen gemacht.

Herr Wopp, werden Sie oft von Frauen angegangen?
Relativ wenig. Weil deutlich wird, dass ich die Werte lebe, über die ich Witze mache. Ich habe gerade zum dritten Mal Elternzeit hinter mich gebracht. Jeder im Publikum weiß: Der steckt in einer gleichberechtigten Beziehung – und was das für Arbeit und Schizophrenie nach sich zieht.
Schön, dass Sie sich gleich verteidigt haben. Ich meinte was anderes: Sie zerstören auf der Bühne ein Frauenvorurteil, das besagt, dass Männer immer nur eines können. Sie aber reden und jonglieren gleichzeitig.
Da sehen Sie mal, wie traurig das ist, dass ich sofort in die Selbstverteidigung ging. Was steckt da für ein verletzliches Pflänzchen in diesem Bühnencharakter. Dass ich Multitasking kann, ist bitter für Frauen. Aber es ist noch bitterer für die Männer, die danach nicht mehr behaupten können: „Ich kann nicht den Geschirrspüler einräumen und gleichzeitig die Steuererklärung machen.“
Sie spielen mit Klischees. Was reizt Sie daran?
Klischees liefern gute Pointen, die jeder nachvollziehen kann. In meinem Programm soll es um Moral gehen – und dann will man natürlich auch die Leute kennenlernen, die die Moral hochhalten. Aber plötzlich sind die ganz anders, als erwartet: Da trifft man einen toleranten Veganer oder eine selbstironische Feministin. In den Widersprüchen, die wir in uns tragen, liegt für mich der große Reiz. Und darin, dass ein moralisch einwandfreies Lebens nicht möglich ist.
Eine Ihrer Bühnenaussage lautet: Nicht zu viel recherchieren, das macht mir meine Witze kaputt.
Genau. Recherche ist der Feind der Meinung. Meinungen sind oft Glaubensfragen. Man glaubt an das, was man gerade gelesen oder gehört hat. Eine Sache so richtig durchdringen – das tun die wenigsten von uns. Glaubensfragen gibt es überall, nicht nur in der Religion, auch im Veganismus.
Noch eine Erkenntnis aus Ihrer Show ist: Wir leben in einer Zeit der Rechthaberei.
Wir alle wissen relativ wenig, aber denken, dass unsere Expertenmeinung die einzig richtige ist. Da geht es mir oft nicht anders als meinen Mitmenschen. Hinzu kommt unser Mitteilungsdrang, der durch die sozialen Medien befriedigt wird.
Sie sind als Artist gestartet und als Comedian gelandet. Wann kam‘s zum Wandel?
Als Artist habe ich mein BWL-Studium finanziert. Irgendwann war ich Jongleur und als BWLer in der Beratung tätig. Bei dem Job habe ich so viel mitbekommen und selbst so ein widersprüchliches Leben gelebt, dass ich dachte: Das reicht für ein Abendprogramm.
Der Jongleur hat also gemerkt, dass er auch was sagen will?
Ja. Im Artistenleben schwankt man zwischen Über- und Unterforderung. Wenn man als Jongleur gut sein will, muss man unfassbar viel trainieren. Unterfordert wird man, weil das jeden Tag das gleiche ist. Das hat mich in die Kabarettwelt getrieben.
Es ist kein Fehler, als Kabarettist BWL studiert zu haben.
Es ist überhaupt kein Fehler, vorher gelebt und Bereiche kennengelernt zu haben, die mit der Bühnenarbeit nichts zu tun haben. Ich kann das jedem nur empfehlen. In der echten Welt muss ich im Gegensatz zur viralen Welt Probleme lösen. Bei der viralen Welt muss ich nur offline gehen.
Bei allem Kampf mit der Moral, eine Moral Ihrer Bühnenfigur lautet: Seid nett zueinander.
Das sowieso. Eine andere moralische Botschaft ist: Stellt euch doch selbst mal in Frage. Darum geht es im Grunde in den zwei Stunden von „Moral – eine Laune der Kultur“. Aber natürlich so, dass man darüber lachen kann.

Mit seinem Programm „Moral – eine Laune der Kultur“ tritt Timo Wopp am Samstag, 28. Oktober, 20.15 Uhr, im Renitenztheater auf. Karten unter 0711/29 70 75.