Anette Heiter Foto: Martin Bernklau

Die Amtsrichterin Anette Heiter hat sich fürs Singen, fürs Kabarett und fürs Schreiben entschieden und beurlauben lassen. Was dabei herauskommt, hat sie jüngst am Geschwister-Scholl-Gymnasium gezeigt.

Sillenbuch - Sie heißt tatsächlich so. Und die Erfahrungen mit der Justiz sind echte eigene. Die Amtsrichterin Anette Heiter hat sich fürs Singen, fürs Kabarett und fürs Schreiben entschieden und beurlauben lassen. Mit ihrem Frauentrio Honey Pie hat sie viel Erfolg, kommt aber auch als Solistin sehr gut klar. Am Donnerstag, 27. März, war die heitere Juristin mit ihrem Programm „Im Namen der Robe“ im Sillenbucher Geschwister-Scholl-Gymnasium zu Gast. Das war nicht nur eine Lesung aus dem gleichnamigen Buch, das war eine richtige Solo-Revue.

Es beginnt mit einem Witz über Marihuana

Sie begann mit einem Witz. Wie viel man denn für zwanzig Gramm Marihuana wohl so bekomme, sei sie mal privat gefragt worden. Die Antwort der Amtsrichterin: „Vielleicht 200 Euro...“

Anette Heiter streute ein wenig Aktuelles ein um die Steuerbetrüger Uli Hoeneß und Alice Schwarzer. Dann stellte sie ihre kleinen Requisiten vor: das dicke rote Gesetzbuch, den Würfelbecher für die Urteilsfindung im Hinterzimmer und natürlich die titelgebende Robe – schwarz, nicht rot. Mit doppeltem B habe man das neulich mal auf dem Plakat geschrieben, wobei Mädchen überhaupt eher zu den süßen Meeressäugern und Jungs eher zum Bayern-Fußballer neigten.

Sie kann auch rabenschwarzen Humor

Gleich griff sie zur Ukulele und intonierte den ersten ihrer Songs. „Leiste Dir von Zeit zu Zeit, ‚ne kleine Ordnungswidrigkeit“, empfahl sie spöttelnd. Aber Anette Heiter kann auch rabenschwarz reimen: „Im Blumenbeet, da ist noch Platz – für die Leiche von dem Schatz“. Lebensende mit drei Buchstaben? Ehe.

Das Familienrecht, erster Teil einer Tetralogie ihrer Kammern, gab der Richterin die Gelegenheit, mit der „SMS von Schnucki auf dem Handy“ einen Running Gag einzuführen, aber auch fürs Weitersagen eines Witzes von Manfred Rommel. Warum sich das greise Paar erst jetzt mit über neunzig scheiden lassen wollte? Man habe sich noch nie leiden können, aber den Tod der Kinder abwarten wollen... oder das Scheidungsproblem Kinder: Er will sie nicht – und sie auch nicht.

Von Mietrecht bis Grill-Querelen

So ging das putzmunter auch quer durch die unerforschlichen Räume des Mietrechts, um Wandmalereien von Schimmel, um Grill-Querelen und andere Nachbarschafts-Streite, um die höhere Gewalt von Hunden wie Pitbulls und um Prozesshansel wie eine Frau Schneider, die der Amtsrichterin Heiter mit unablässigen neuen absurden Klagen über drei Jahre das Richterinnen-Leben schwergemacht habe.

Das humoristisch dankbare Gebiet von Straßenverkehrs-Recht und Trunkenheit („Finger weg vom Steuer! Öfter mal mit den Knien lenken!“) verknüpfte Anette Heiter höchst pfiffig immer mal wieder mit den Geschlechterfragen und anderen Alltäglichkeiten.

Das Programm braucht noch Feinschliff

Nicht immer wurden ihre Pointen zum Brüller. Das lag nicht an deren Qualität, sondern daran, dass dem Programm vielleicht noch der Feinschliff bei den Übergängen zwischen hintergründigen Lese-Passagen voll Standes-Selbstironie und Alltagsbeobachtung auf der einen, und knallig wortwitziger Comedy auf der anderen Seite fehlt.

Manch echt guter Gag zündete nicht so richtig, weil die Zuschauer noch ganz auf stilles Schmunzeln und ruhigen Erzählton gestimmt waren. Das galt auch ein wenig für die Songs, die zum Teil echte Perlen waren, ob von der Geschlechterfront oder aus dem Gebiet des rabenschwarzen großen Makabren.

Das Publikum fühlte sich aber durchgehend bestens unterhalten, hatte den Refrain zu „Die Leiche kriegt man nicht los“ ganz schnell drauf und sparte am Schluss nicht mit dankbarem Applaus.