Ismael Raya Fabián hat den Sprung von Spanien nach Deutschland gewagt – und bis jetzt nicht bereut Foto: factum/Granville

Rund drei Wochen ist es nun her, dass 13 Spanier nach Stuttgart gekommen sind, um sich hier ein neues Leben aufzubauen. Marta Lopez Martinez und Ismael Raya Fabián arbeiten derzeit im Stuttgart Marriott Hotel zur Probe.

Stuttgart/Sindelfingen - Ismael Raya Fabián steht im Frühstückssaal vor zwei Kochplatten. Aus den Schälchen vor ihm nimmt er ein paar klein geschnittene Paprika und Champignons und wirft sie in die bereits erhitzte Pfanne. Wenige Sekunden später gibt er Ei hinzu – und beginnt, ein saftiges Omelett zu braten. Als die Eierspeise noch leicht saftig ist, kippt er sie aus der Pfanne auf einen Teller und überreicht ihn dem Gast.

An einem Morgen wiederholt sich diese Szene 40 bis 60 Mal. Seit drei Wochen ist der 24 Jahre alte Spanier nun bereits Praktikant in der Küche des Stuttgart Marriott Hotels in Sindelfingen. Derzeit ist er morgens an der Omelett-Station und am Frühstücksbüffet eingeteilt. „Das klappt ziemlich gut“, sagt die Sous-Chefin Anna-Carola Gondring, „wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden mit Ismael.“

Der positive Eindruck beruht auf Gegenseitigkeit. „Mir gefällt es sehr gut hier, die Kollegen sind unheimlich freundlich. Und Kochen ist etwas, das ich sehr gerne mache“, sagt der junge Mann mit dem golden schimmernden Bart und der schwarzen Baseballkappe in nahezu perfektem Deutsch. Da vergehe die Zeit wie im Flug. In den nächsten drei Wochen wird Ismael am Mittag und am Abend in der Küche stehen, die Aufgaben dort kennenlernen und beim Zubereiten der Speisen helfen. Danach reist er noch einmal für zwei Wochen in seine Heimatstadt Sevilla – und von September an wird Raya Fabián mit einer Ausbildung zum Koch beginnen.

„In Spanien habe ich ein Studium der Finanzwissenschaften abgeschlossen“, sagt er. Doch aufgrund der schlechten Situation auf dem spanischen Arbeitsmarkt sei es schwierig gewesen, eine Stelle zu finden. Ismael jobbte als Kellner, um sein Leben zu finanzieren, und entschied, sich auf ein Projekt zur Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen aus Europa zu bewerben.

Mit zwölf anderen jungen Erwachsenen aus Sevilla nach Stuttgart gekommen

In dessen Rahmen ist Ismael Anfang Juli mit zwölf anderen jungen Erwachsenen aus Sevilla nach Stuttgart gekommen. Die vier Monate zuvor hatten sie in Spanien bereits Deutschunterricht genommen, um hierzulande gleich mit dem Praktikum im Hotel- oder Gastronomiegewerbe starten zu können. Der Plan sieht vor, dass die jungen Erwachsenen von der iberischen Halbinsel erst ihre Arbeitsstätte kennenlernen und danach von September an eine Ausbildung zum Koch oder zur Hotelfachkraft absolvieren.

Das Stuttgart Marriott Hotel hat in Ismael Raya Fabián und Marta Lopez Martinez zwei spanische Bewerber bei sich aufgenommen. „Wir machen das, weil wir davon überzeugt sind, dass beide Seiten profitieren“, sagt Ausbildungsleiterin Kristin Vogel. „Die ersten Wochen lassen sich sehr gut an. Am Anfang waren die beiden noch etwas schüchtern, aber allmählich tauen sie auf und knüpfen Kontakte zu anderen Mitarbeitern.“

Das Hotel in Sindelfingen ist einer von insgesamt acht Betrieben aus Stuttgart und der Region, die an dem ambitionierten Projekt teilnehmen. Die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) und der Verein für Internationale Jugendarbeit (vij) tragen es gemeinsam, zudem unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit. Die Aus- und Weiterbildungspädagogin Barbara Zander von der DAA dient den spanischen Talenten als Ansprechpartnerin und begleitet sie seit dem ersten Tag – und im Idealfall bis zum Ausbildungsende.

Marta Lopez Martinez klingt fest entschlossen, wenn sie davon erzählt, in Deutschland bleiben zu wollen. „Die Situation in Spanien ist eine Katastrophe“, prangert sie an. Die 24-Jährige arbeitete in der Heimat in einem Spielzeugladen für Kinder. Nebenbei kellnerte sie, um halbwegs über die Runden zu kommen. Als sie von der Möglichkeit hörte, in Deutschland eine Ausbildung als Hotelfachfrau zu absolvieren, schlug sie zu. „Ich hatte es mir lange gewünscht, Spanien zu verlassen“, sagt sie.

Im Hotel kümmert sich Marta in diesen Wochen um die Sauberkeit der Zimmer. „Ich mag es, zu putzen. Das macht mir Spaß“, sagt sie. In Kürze wird sie im Service eingelernt, aufgrund ihrer Erfahrung als Kellnerin dürfte das schnell gehen. Ihr Englisch ist gut, nur mit dem Deutsch hapert es ab und zu noch etwas. „Deutsch ist eine schwierige Sprache, vor allem die Grammatik“, sagt sie – auf Deutsch. Und: „Die Menschen in Deutschland und hier im Hotel sind sehr nett, sie machen sich nicht lustig über mich, wenn ich etwas nicht verstehe. Sie helfen mir. Das ist eine sehr positive Erfahrung.“

An freien Tagen fährt sie gerne mit der Stadtbahn und steigt an irgendeiner Haltestelle aus. „So lerne ich die Gegend kennen“, sagt sie. Wie sind ihre ersten Eindrücke von Stuttgart? „Die Stadt ist sehr schön.“ Und Ismael ergänzt: „Es ist so grün hier und es gibt viele Bäume. Das gefällt mir.“

Viel Freizeit bleibt den 13 Spaniern, die fast alle in einem vij-Wohnheim in Stuttgart wohnen, nicht. Zwei Tage pro Woche haben sie bei der DAA derzeit Deutschunterricht. An vier Tagen arbeiten sie in den Betrieben. Für Marta und Ismael bedeutet das eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel – eine Stunde nach Sindelfingen und eine zurück nach Stuttgart. „Das macht mir nichts“, sagt Ismael, „ich bin richtig glücklich.“