Der trockene Juli ruft die Friedhofsgärtner auf den Plan: Sie müssen mehr gießen als sonst. Auch auf dem schattigen Waldfriedhof ist der Wasserbedarf hoch Fotos: Lichtgut/Achim Zweygarth Foto:  

Der Juli hatte es in sich. Mit durchschnittlichen 22,8 Grad war er 4,4 Grad wärmer als sonst. Damit belegt er Platz zwei der heißesten Juli-Monate seit Start der Aufzeichnungen am Schnarrenberg 1951. Und noch einen zweiten Platz hat er – und zwar in Sachen Trockenheit.

Stuttgart - „Wann wird es endlich wieder Sommer?“, wollte Rudi Carrell in seinem Schlager in den 70er Jahren wissen. Heute würde er fragen: „Wann wird es endlich wieder kühler?“ Der vergangene Juli brachte es auf 13 heiße Tage mit Temperaturen von 30 Grad und mehr. Nur der Juli 2006 hat seit 1951 bislang zwei heiße Tage mehr zu bieten und ist 0,9 Grad wärmer.

Dafür übertrifft der vergangene Juli den bisherigen Tagesrekord des 11. Juli 1984 (36,8 Grad): Am 4. des Monats schaffte er es auf 37 Grad. Einen Tag darauf sprengte er seinen eigenen Rekord mit 37,9 Grad. Nicht nur zu warm, auch zu trocken verabschiedete sich der Juli: Nur 14,6 Liter Niederschlag sind gefallen. Das sind 23,3 Prozent der durchschnittlichen Menge von 63 Litern pro Quadratmeter. Weniger gab es nur 1964 mit 10,4 Litern. Selbst der seit 1951 heißeste Juli im Jahr 2006 hat es auf 43,3 Liter gebracht. Mittlerweile zeichnen sich die Auswirkungen ab.

Schiffe fahren weniger Fracht

Die Containerschiffe auf dem Neckar sind statt mit maximal 1600 nur noch mit 1200 Tonnen beladen. „Zwar können wir durch unsere Staustufen den Wasserpegel beim Neckar halten, aber beim Rhein ist er um rund 40 Zentimeter gefallen“, sagt Walter Braun, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts in Stuttgart. Pro zehn Zentimeter tieferem Wasserspiegel müssen die Schiffe 100 Tonnen weniger Ladung transportieren.

Braun befürchtet, dass die Firmen bei weiterem Pegel-Rückgang ihre Güter statt auf dem Wasserweg auf der Schiene oder per Lkw befördern. Bleibt es noch länger so heiß und trocken, kann es außerdem passieren, dass das Neckarwasser für den Fischbestand zu wenig Sauerstoff führt. „In dem Fall müssten wir künstlich Sauerstoff zuführen, indem wir das Wasser über die Wehre plätschern lassen. Dadurch kommt wieder Sauerstoff ins Wasser“, sagt Braun.

Turbinen stehen still

Auch die acht Wasserkraftwerke der EnBW am Neckar zwischen Plochingen und Ludwigsburg sind laut Braun „massiv“ eingeschränkt. Statt 60 bis 70 Kubikmeter (60 000 bis 70 000 Liter) Wasser pro Sekunde treiben zum Beispiel momentan nur 16 bis 17 Kubikmeter (16 000 bis 17 000 Liter) die Wasserturbine in Deizisau an.

In Oberesslingen arbeitet nur eine von zwei Turbinen, weil das Wasser nicht reicht. Entsprechend weniger Strom wird gewonnen. „Die Lichter gehen deshalb aber nirgends aus. Dazu ist der Energieanteil aus Wasserkraft zu gering“, versichert eine EnBW-Sprecherin.

Weniger Wein und Weizen

Die Wengerter in der Region rechnen mit einem guten Jahrgang, aber auch mit Ertragseinbußen. „Die Beeren sind aufgrund der Trockenheit kleiner. Das bedeutet, dass sie mehr Extrakt, aber weniger Saft haben“, sagt Martin Currle, Betriebsleiter beim Collegium Wirtemberg. Außerdem mussten die Weinberge künstlich bewässert werden. Die Prognose von Klimatologen, dass durch die Erderwärmung langfristig der Anbau von Riesling in der Region gefährdet sein könnte, halten die Wengerter nicht für Spinnerei. „Wir stellen uns schon lange auf andere Sorten um, bauen zum Beispiel Rotweine wie Syrah, Merlot Cabernet Sauvignon an“, sagt Currle.

Ob irgendwann tatsächlich auf den Riesling verzichtet werden muss? Currle zuckt die Schultern: „Das wäre ein Drama, denn der ist unser großformatiges Aushängeschild“, sagt er und hofft, dass es so weit noch lange nicht kommt. Ähnlich wie beim Weinbau hat der Wassermangel in der Landwirtschaft Einbußen zur Folge. Die Bauern in der Region rechnen laut Berufsverband mit fünf bis zehn Prozent weniger Wintergerste, zehn bis 15 Prozent weniger Weizen und 20 Prozent weniger Winterraps. Wie sich die Obsternte entwickeln wird, ist laut Heiner Krehl, Sprecher des Landesbauernverbands, nicht abzusehen: Den Ertrag könnten eher die Hagelschäden schmälern. Aber die seien nicht flächendeckend.

Bäume machen schlapp

Das städtische Garten-, Friedhofs- und Forstamt rechnet damit, dass 50 von 100 neu gepflanzten Bäumen den trockenen Juli nicht überstehen und im Herbst ersetzt werden müssen. Am Waldfriedhof in Degerloch hat ein Leser unserer Zeitung beobachtet, dass die prächtige Rhododendron-Bepflanzungen die Blätter hängen lassen. Das ist laut Volker Schirner, Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts, jedoch nicht weiter tragisch: „ Die Pflanzen schützen sich vor der Sonne, indem sie die Blätter einrollen“, sagt Schirner und stellt fest, dass die Pflanzen so tief verwurzelt sind, dass sie sich wieder erholen.

Er rechnet mit enormen Mehrkosten durch die Tausende Kubikmeter mehr an Wasser, die seine Gärtner verbraucht haben. Die Grillplätze will er wegen der hohen Brandgefahr erst wieder freigeben, wenn die Temperaturen über einen längeren Zeitraum unter 30 Grad bleiben.

Mehr Badespaß

Des einen Leid, des anderen Freud: Die Bäderbetriebe Stuttgart jubeln über einen fantastischen Juli. Der hat ihnen in den fünf Freibädern immerhin 358 799 Badegäste beschert. Damit macht der Juli wieder einen zweiten Platz – diesmal im Zehnjahreszeitraum. Nur 2006 hat der Juli in den vergangenen zehn Jahren mit 419 817 Badegästen noch mehr Menschen ins Freibad gelockt.

Und so geht es weiter

Laut Klaus Riedl vom Wetterdienst Stuttgart sieht es so aus, als verzichte der Sommer auf eine Erholungspause: Nachdem am Dienstag und Mittwoch zwar nur knapp 30 Grad erreicht werden, heizt der August Stuttgart am Donnerstag und Freitag mit 34 bis 36 Grad noch mal so richtig schön ein.

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