Ludwig Machmar hat sich mit seiner Jogginggruppe auf den Marathon im März rund um Bethlehem vorbereitet. Foto: privat

Ein Jahr lang war der 20-jährige Ludwig Machmer aus Ditzingen in Ramallah. Seit August ist er wieder zuhause und macht eine Ausbildung zum Steinmetz.

Ditzingen - Zwei Dinge fehlen dem 20 Jahre alten Ludwig Machmer aus Ditzingen ganz besonders, seit er wieder in der Heimat ist: Seine neuen Freunde aus Ramallah im Westjordanland und die Gelassenheit der dort lebenden Menschen. „Es ist schon toll, wie entspannt die Leute dort sind. Sie machen sich keinen Kopf darum, was in zwei Wochen passiert, sondern denken erst kurz vorher oder am selben Tag darüber nach“, erzählt der junge Mann. Ein Jahr lang war er über das Diakonische Werk Württemberg im palästinensischen Autonomiegebiet im Einsatz, um dort in einem Ausbildungszentrum der Anglikanischen Kirche zu arbeiten. Er half in einem Gästehaus mit und betreute zudem an zwei Nachmittagen in einer Kindertagesstätte die Kindergartenkinder und Grundschüler einer Anglikanischen Schule.

Keine Angst, eher Anspannung

Doch auch wenn sich so manch Außenstehender möglicherweise denken könnte, dass ein Aufenthalt in diesem Gebiet nicht ungefährlich ist: Die durch die politische Lage vorhandene Gefahr hat er nie wahrgenommen. „Ich bin eigentlich nie mit Angst aus dem Haus gegangen, eher mit einer leichten Anspannung“, erzählt er. Und die sei auch nur in den Momenten da gewesen, wenn er etwa während eines Tagesausflugs einen der zahlreichen Checkpoints zwischen den Grenzen habe passieren müssen. Dort habe man ihn zwar kontrolliert, aber stets durchgelassen. „Als westlicher Bürger ist man ja weder Gegner noch Opfer, daher hatte ich auch nie Probleme.“

Klar: manches Mal habe er schon etwas von militanten Ausschreitungen in der Nähe mitbekommen; wenn man etwa von einer Anhöhe auf Jerusalem geblickt und eine Tränengaswolke gesehen habe. „Dann haben meine Freunde gesagt: Oh, da gibt’s wieder Ärger“, erinnert er sich. Und natürlich sei die Lage in Jerusalem, wo viele verschiedene Religionen nebeneinander auf engstem Raum lebten, schon gefährlicher. Doch ähnlich wie in anderen Ländern auch halte man sich ja ohnehin von Krisenherden fern. Und im Grunde könne man in Ramallah nahezu ganz normal leben, wie in einer europäischen Stadt eben auch.

Auf eigenen Beinen in einer fremden Kultur

Wann er das nächste Mal wieder nach Palästina fährt, steht bereits fest: Im März 2018 wird er hinfliegen, um beim Marathon der Joggingruppe „Right to Movement“ mitzulaufen. Dann führt die 42 Kilometer lange Route der Sportler tatsächlich rund um Bethlehem, doch auch weil der Platz in diesem Gebiet naturgemäß sehr begrenzt ist, müssen die Läufer zweimal denselben Weg ablaufen. Während seiner Zeit in Ramallah habe er in dieser Laufgruppe trainiert und dort unglaublich viele und nette Menschen kennengelernt, erzählt Ludwig Machmer.

Überhaupt sei er glücklich über die Erfahrungen, die er während dieses Jahres dort machen konnte. „Für mich war es toll, in einer völlig fremden Kultur auf eigenen Beinen zu stehen“, schwärmt er. Zudem habe ihn sein Chef nie als Arbeitskraft gesehen, sondern als Freiwilligen – und ihm dann auch mal den ein oder anderen zusätzlichen Tag frei gegeben. Dadurch habe er viel vom Land gesehen.

Referent für globales Lernen

Wie beispielsweise das Unesco-Welterbe, die in Stein gemeißelte Stadt Petra. „Das hat vor allem meinen Vater als Steinmetz interessiert, deshalb sind wir auch dort hingefahren, als er zu Besuch war“, berichtet Machmer. Auch ihn habe dieses Kulturdenkmal so fasziniert, dass sich sein Wunsch, nach seiner Rückkehr im Ditzinger Betrieb seines Vaters eine Ausbildung zum Steinmetz zu beginnen, gefestigt habe. Auch ein Sportstudium auf Lehramt sei zwar eine Option gewesen. „Aber ich konnte ja schlecht die Aufnahmeprüfung dafür in Ramallah machen“, sagt er und lacht. Irgendwann einmal ganz nach Ramallah überzusiedeln, sei zwar derzeit kein Thema, sagt Ludwig Machmer. Künftig möchte er sich aber als Referent für globales Lernen engagieren und Vorträge über den Austausch der Kulturen halten.