Sprache
In Baden-Württemberg schlummert ein großes bilinguales Potenzial: Ein Drittel der befragten Jugendlichen gibt an, zu Hause deutsch und eine weitere Sprache zu sprechen. Allerdings sprechen 3 Prozent der 12- bis 18-Jährigen in der Familie überhaupt kein deutsch. Hochgerechnet sind das 24.000 Jugendliche. Foto: dpa

Der Landesschülerbeirat fordert von den Schulen mehr Aufklärung und ein neues Schulfach.

Stuttgart - Der Landesschülerbeirat fordert ein neues Schulfach Medien und Kommunikation. Die Medienerziehung spiele an den Schulen eine zu geringe Rolle, sagte der Landesvorsitzende Paul Stritt. Auch Kultusministerin Warminski-Leitheußer sieht Handlungsbedarf.

"Ich bin bei Facebook aktiv - viel zu aktiv", sagt der Gymnasiast Felix. "Wenn ich da mal drin bin, komm' ich nicht mehr raus, weil ich immer warte, dass etwas passiert." Der 17-Jährige ist vermutlich nicht der Einzige, dem es so geht. 86 Prozent der Jugendlichen geben an, Teil eines sozialen Netzwerks im Internet zu sein und sich dort regelmäßig mit anderen auszutauschen. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer und Integrationsministerin Bilkay Öney (beide SPD) am Montag in Stuttgart vorgestellt haben. Die Untersuchung (Jugend-Survey Baden-Württemberg) ist ein gemeinsames Projekt von Jugendstiftung Baden-Württemberg und des Landesschülerbeirats - unterstützt vom Kultusministerium. Dabei wurden 2413 Schüler zwischen 12 und 18 Jahren befragt.

Bei der Nutzung sozialer Netzwerke gibt es kaum Unterschiede zwischen den Schülern an Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. 94 Prozent der Jugendlichen, die sich mit einem eigenen Profil im Internet angemeldet haben, loggen sich täglich oder mehrmals pro Woche ein. Mädchen sind etwas aktiver als Jungen. 90 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten die sozialen Netzwerke alleine oder mit Freunden erkundet, nur 14 Prozent sagen, dass ihnen zusätzlich ein Erwachsener gezeigt hat, wie man sich darin bewegt.

Wenig Wissen

Dass die Mehrheit der Jugendlichen mit dem Internet weitgehend allein gelassen wird, hält der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg für problematisch. Viele wüssten zu wenig über die Chancen, etwa "den Zugang zu unbegrenztem Wissen oder die Möglichkeiten des internet- und computergestützten Lernens", sagt Paul Stritt. Zum anderen seien Jugendliche oft zu wenig informiert über die Risiken - etwa durch die Preisgabe von persönlichen Daten, den Zugang zu jugendgefährdenden Daten oder Mobbing im Internet. "Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass sich Eltern und Schule gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben", so Stritt. "Jede Schülerin und jeder Schüler hat das Recht, die Vorzüge des Internets kennenzulernen und auch über die Gefahren aufgeklärt zu werden." Damit das sichergestellt sei, müsse ein neues Schulfach Medien und Kommunikation eingerichtet werden. Zudem müssten die Lehrer in diesem Bereich besser qualifiziert werden.

Ein spezielles Fach kann sich auch die neue Kultusministerin vorstellen - Einzelheiten dazu wollte sie gestern aber noch nicht nennen. Wichtig sei, dass die Schüler lernten, mit der Informationsflut aus dem Internet umzugehen. Zudem habe die Medienerziehung auch eine verbraucherrechtliche Bedeutung. "Viele jungen Menschen schließen Geschäfte im Internet ab, mit nicht unerheblichen Folgen."

Skeptisch ist die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. "Dafür brauchen wir kein eigenes Unterrichtsfach, sondern besser ausgestattete Schulen und einen deutlichen Ausbau der Mittel für die Fortbildung der Lehrer", sagte die Landesvorsitzende Doro Moritz. Medienerziehung müsse in allen Fächern eine Rolle spielen.

Medienerziehung

Obwohl Medienerziehung längst in den Bildungsplänen verankert ist, wird sie an vielen Schulen eher stiefmütterlich behandelt, insbesondere wenn es um die aktive Mediengestaltung geht. Lediglich 35 Prozent der Befragten haben an einem Zeitungsprojekt teilgenommen, 34 Prozent an einem Filmprojekt und 9 Prozent an einem Radio- oder Podcast-Projekt.

Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Schularten. Während an den Gymnasien 44 Prozent der Schüler ein eigenes Zeitungsprojekt umgesetzt haben, waren es an der Realschule nur 30 Prozent und an der Hauptschule nur 27 Prozent. Filmprojekte haben 37 Prozent der Gymnasiasten und Realschüler realisiert, von den Hauptschülern waren es 30 Prozent. Bei Radio- oder Podcast-Projekten unterscheiden sich die Schularten nicht.