John Hinderer, einer von drei vortragenden Schülern, im Buchhaus Wittwer Foto: Leif Piechowski

Oft wird über Schüler geredet, sie selbst kommen in der Öffentlichkeit jedoch nur selten zu Wort – und das obwohl sie viel zu sagen haben. Das wollen die Stuttgarter Nachrichten ändern: „Jugend präsentiert“ gibt Schülern eine Bühne. Die Premiere verlief vielversprechend.

Oft wird über Schüler geredet, sie selbst kommen in der Öffentlichkeit jedoch nur selten zu Wort – und das obwohl sie viel zu sagen haben. Das wollen die Stuttgarter Nachrichten ändern: „Jugend präsentiert“ gibt Schülern eine Bühne. Die Premiere verlief vielversprechend.

Stuttgart - Auf dem Kleinen Schlossplatz pulsiert das Leben. Auch einige Schritte weiter, im Buchhaus Wittwer, geht’s ums Leben. Elfklässler des Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums haben sich, angeleitet von Lehrer Gereon Müller, in diesem Jahr mit dem „Leben“ beschäftigt und für ihre Seminarkursarbeiten (die Alternative zum mündlichen Abitur) lebensnahe Themen herausgearbeitet – mit beeindruckendem Ergebnis. Das war für unsere Zeitung Anlass, ausgewählte Schülerarbeiten im Rahmen unseres Stadtschreibtisches bei Wittwer öffentlich zu präsentieren.

Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Eindrucksvoller als bei der Premiere von „Jugend präsentiert“ könnte sich der berühmte Satz des Philosophen Seneca nicht bestätigen. Denn mit dem, was die Schüler vortragen, sind sie ganz nah dran am Leben. Beispiel Organspende. „Wie alt können Organspender höchstens sein?“, will eine Zuhörerin wissen. Die Expertin, die auf die Fragen antwortet, ist 17 Jahre alt: Hannah Lange hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Ihre Antwort: „Etwa 80 Jahre.“ Zuvor hat sie 20 Minuten lang – so lange darf eine Seminarkurs-Präsentation dauern – kompetent und differenziert über das Thema referiert. Die Zuhörer sind gebannt. Unversehens entwickelt sich eine Diskussion über Bestattungskultur und persönliche Einstellungen zur Organspende, die alleine schon den Besuch von „Jugend präsentiert“ lohnt.

Nicht weniger eindrucksvoll sind die beiden anderen Präsentationen: John Hinderer stellt ebenso eloquent wie kundig das Phänomen des Sozialdarwinismus vor und zeigt, dass dieser bis in die Gegenwart reicht, wie sich etwa in einem oft geringschätzigen Umgang mit Obdachlosen oder Hartz-IV-Empfängern zeigt.

Scott Reiser, Dritter im Bunde, überzeugt mit bestens recherchierten Ausführungen zum Thema „Das Geschäft mit dem Wasser“, in denen er die Praktiken internationaler Konzerne beleuchtet, sich kritisch mit der Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung auseinandersetzt und die Hintergründe der immensen Preisunterschiede für Mineralwasser darstellt. Das alles in freier Rede, optisch unterstützt von einer unaufdringlich-professionellen Power-Point-Präsentation. Davon – und von der jugendlichen Leidenschaft für Themen – könnte mancher berufsmäßig Vortragende lernen.

Hannah, John und Scott erhalten am Donnerstag den verdienten Applaus. Zugleich ermutigen ihre souveränen Auftritte unsere Zeitung, „Jugend präsentiert“ fortzusetzen. Mehrere Schulen haben bereits Interesse signalisiert, gute Schülerarbeiten öffentlich vorzustellen. Und auch die renommierte Klaus-Tschira-Stiftung in Heidelberg ist aufmerksam geworden. Sie unterhält seit fünf Jahren einen gleichlautenden Wettbewerb, mit dem sie schwerpunktmäßig jugendliche Naturwissenschaftler fördert.