Michael Ransburg in „Judas“ Foto: Forum Theater

Beeindruckendes Solo: Wie Michael Ransburg das Einpersonenstück „Judas“ von Lot Vekemans im Forum Theater Stuttgart zum Ereignis macht

Stuttgart - Die Welt verachtet ihn. Seine Name ist Verrat – Judas. In einem bewegenden Monolog deckt der Schauspieler Michael Ransburg in einem Text von Lot Vekemans auf, wie viel Judas in jedem Menschen steckt.

Eine kahle Bühne, ein zweiteiliges Gitter über einem Bodenloch. Ein Schauspieler in schwarzem Look, der zwischen Gitter und Publikum spricht. Eine Schattenfigur, um die es selten hell wird. Mal streckt der Schauspieler seine offenen Handflächen in den Scheinwerferkegel, mal erleuchtet das Bühnenlicht die dunkle Grube. Könnte sein, dass Judas seine Erinnerungen aus dem Bodenloch holt. Könnte sein, es ist die Hölle, das Nichts. Judas weiß es selber nicht. „Am Anfang hatte ich eine Idee, wozu das gut sein sollte“ – Michael Ransburg weist auf das Loch – „aber von dieser Idee ist nichts geblieben.“

Und dann doch eine Metapher: „Der Zweifel ist das schwarze Loch zwischen Handeln und Glauben.“ Er, Judas, habe einen Fehler gemacht. Als er den Glauben aufgab und sich den Zweifeln ergab, verriet er „ihn“. Nicht rechtfertigen will er sich, nicht entschuldigen, nur die unbekannte Seite der Beziehung zwischen dem Meister und ihm erzählen. Und immer wieder die Zuhörer fragen: „Wie hätten Sie gehandelt? Was hätten Sie getan?“ Denn wer sitze schon gern im schwarzen Loch? Wer wolle nicht schnell zurück zur Sicherheit? Glauben bedeute Sicherheit, ist Judas überzeugt. Er aber war ein Mann des Handelns. Das wurde ihm zum Verhängnis.

Die nächste Vorstellung ist am 17. März

Michael Ransburg spricht den Text, den Vekemans in Ich-Form schrieb, nicht nur, er interpretiert ihn mit Haut und Haar. Er lässt Pausen zu, schöne Pausen, Momente der Stille, in der die Wucht des Wortes mehrfach wirkt. „Musste er für euch sterben?“, fragt er ins Publikum. „Musste er für eure Sünden sterben?“ Da hat der Schauspieler sich schon längst seines Oberteils entledigt und so die Blicke der Zuschauer noch mehr auf das Spiel der Hände, auf den emotionalen Wechsel der Mimik gelenkt. Und auf die Kreuzform, die er mit seinem Körper vor der Bühnenrückwand bildet. „Ich bin eine Ikone des Verrats, ich habe zugelassen, dass mein Name schwarz wurde“, ruft er in die Sitzreihen. Jesus und Judas – das sei mehr als die Faktizität der Duplizität. „Ich hatte einen Plan, ich wollte mit ihm kämpfen, eine Umkehr bewirken, ich wollte nicht, dass er stirbt“, spricht Judas von sich als Zeloten. Aber Jesus, das habe er, Judas, gleich nach seinem Verrat gewusst, wollte anderes. Jesus, der Duldsame, der Unverstandene, Jesus, der Dinge sagte, die keiner verstand.

Dieter Nelle, der in dieser Inszenierung Regie führt, lässt seinem Schauspieler viel Raum, und Michael Ransburg nimmt ihn sich. Und so konfrontiert Ransburg, verstärkt durch seine Körpersprache, das Publikum mit der Botschaft des Christentums auf der Bühne in aktuell bleibender Weise und verblüffend knapp: „‚Er‘ hat uns gezeigt, was wir tun und welche Konsequenzen das hat. Das ist alles.“

Nächste Vorstellung am 17. März. Karten: 07 11 / 4 40 07 49 99.