Arbeit trägt zur Integration von Flüchtlingen bei: Im Bild hilft der Afghane Barekzai Najibullah in der städtischen Gärtnerei in Stuttgart-Fasanenhof. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Sollen sich Flüchtlinge schnell integrieren, müssen sie auch möglichst rasch im Arbeitsleben Fuß fassen. Doch bei der Ausweisung von Jobs für Asylbewerber hakt es in Stuttgart. Der zuständige Bürgermeister wirft der Arbeitsagentur bürokratische Hemmnisse vor.

Stuttgart - Flüchtlinge sollen sich möglichst schnell integrieren und darum frühzeitig erste Jobangebotebekommen. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens aber hakt es. Stuttgarts Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hält der Arbeitsagentur vor, sie hemme durch „bürokratische Hürden“ rasche Fortschritte. Dort reagiert man auf die Vorwürfe irritiert.

Rund 100 000 Integrationsjobs will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für Flüchtlinge schaffen, in diesem Fall für jene Gruppe, die eine gute Bleibeperspektive hat, aber noch nicht anerkannt ist. Nach dem üblichen Schlüssel sind für Stuttgart 752 Arbeitsgelegenheiten vorgesehen. Seit das neue Integrationsgesetz Anfang August in Kraft ist, können Landkreise und kreisfreien Städten wie Stuttgart Anträge stellen, bewilligt werden diese von den örtlichen Arbeitsagenturen.

Bisher sind 527 Einsatzstellen beantragt

So weit, so einfach. In der Praxis scheint es nicht so zu sein. „Wir haben am 14. September viele Anträge gestellt“, sagt Werner Wölfle. „Schneller geht’s nicht.“ Zu dieser Zeit sind der Arbeitsagentur Listen mit insgesamt 527 Einsatzstellen zugegangen. Aufgeführt sind Plätze bei der Stadt wie in der Abfallwirtschaft, beim Garten- und Friedhofsamt, den Bäderbetrieben und den Altenheimen, aber auch bei Sozialunternehmen wie der Neuen Arbeit und der Caritas. Doch viele dieser Integrationsjobs sind von der bisher Arbeitsagentur nicht genehmigt worden. „Nur einige wenige haben vor dem strengen Auge der Agentur bestanden“, klagt der Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration.

Streitpunkt ist, ob die Flüchtlinge Arbeiten ausführen, die zusätzlich sind zum üblichen Geschäft. Zusätzlichkeit ist das Kriterium, welches das Bundesministerium zur Voraussetzung für eine Genehmigung gemacht hat. Wenn ein Flüchtling in einem Altenheim mit einer Pflegekraft mitlaufe und etwa Regale auffülle, diese damit entlaste und dabei das hiesige Pflegesystem kennenlerne, sei das doch wohl eine zusätzliche Tätigkeit, ärgert sich Werner Wölfle. Zumal man in den Heimen seine Pflicht in der Pflege erfülle und den vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel einhalte.

Bürgermeister schreibt an den Landessozialminister

Noch etwas stört den Bürgermeister. In einem Formular muss der Personalrat die Zusätzlichkeit der Arbeiten bestätigen, und dass es nicht Pflichtaufgaben der Kommune sind. „Man vertraut dem Personalrat mehr als dem Bürgermeister“, empört sich Wölfle. „Dann braucht man meine Unterschrift ja nicht.“ Dabei seien die Kommunen im Verfahren dafür verantwortlich, Anträge zu bündeln und zu prüfen.

Weil ihm das alles gegen den Strich geht, bittet der Bürgermeister den Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) um Unterstützung. „Es wäre hilfreich, effizienter vorzugehen, um den Flüchtlingen zeitnah einen Einstieg in den Arbeitsalltag bieten zu können“, schreibt Werner Wölfle seinem Parteifreund Manne Lucha.

Agentur weist Vorwürfe zurück

Bei der Stuttgarter Arbeitsagentur ist man verwundert über die Vorwürfe. „Vieles ist gar nicht strittig“, sagt Uwe Zink, der stellvertretende Geschäftsführer operativ. „Da finden wir doch schnell einen Nenner.“ Es gehe in der Sache nur darum, dass die Anträge formale Kriterien erfüllten, dass diese überhaupt geprüft werden könnten. So fehle beim Antrag eines Sozialunternehmens eine Arbeitsplatzbeschreibung. Zink: „Da reichen fünf prägnante Sätze.“ Wenn an anderer Stelle erklärt werde, dass in dem Bereich ohne Zusatzkräfte Überstunden gemacht werden müssten, reiche das als Begründung allerdings nicht. Das alles aber wisse Werner Wölfle, der seit längerem im Verwaltungsrat der Agentur sitze.

Grundsätzlich vertrete man bei diesen Integrationsjobs keinen engen Begriff von Zusätzlichkeit. „Wenn im Altenheim das Pflegepersonal entlastet oder die Häufigkeit bei der Friedhofsreinigung erhöht wird, ist die Zusätzlichkeit gegeben“, erklärt Zink. „Wir sind nicht die Blockierer.“

Neuauflage eines alten Konflikts

Doch Transparenz müsse sein, betont der Bereichsleiter, es gehe um eine Fördersumme des Bundes von rund zwei Millionen Euro. Uwe Zink erinnert an frühere, teils heftige Konflikte der Stadt mit der Nürnberger Bundesagentur und dem Berliner Ministerium bei der Ausweisung von Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose. Seither steht das städtische Jobcenter unter besonderer Beobachtung des Bundesrechnungshofes. Uwe Zink räumt ein. „Da muss man vorsichtig sein.“