Flüchtlinge sollen schon früh mit dem beruflichen Vokabular aus dem Handwerk und der Industrie vertraut werden, fordert OB Arnold. Foto: dpa

Für eine schnellere Integration von Asylbewerbern in den deutschen Arbeitsmarkt, soll ihnen frühzeitig, dass notwendige Fachwissen vermittelt werden, fordert der OB von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold. Er plädiert für eine Berufsschulpflicht für Flüchtlinge.

Stuttgart - Herr Arnold, die Bertelsmann-Stiftung hat in einer Studie nachgewiesen, dass vielen Asylbewerbern der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert ist. Hauptgrund: die überlangen Asylverfahren. Sie haben das schon vor einem Jahr festgestellt. Sehen sie sich bestätigt?
Ja klar. Aus praktischer Anschauung weiß ich, dass viele Arbeitgeber davor zurückschrecken, Asylbewerber zu beschäftigen, weil sie die Sorge haben, dass der Ablehnungsbescheid kommt, kaum dass sie die Bewerberin oder den Bewerber eingelernt haben. Das wollen sie natürlich vermeiden.
Die Bundesregierung hat doch aber erst das Arbeitsverbot auf drei Monate verkürzt – als Bestandteil des Asylkompromisses mit den Ländern.
Das ist richtig. Man darf aber nicht glauben, dass Asylbewerber nach drei Monaten tatsächlich arbeiten dürfen, denn das ist an Bedingungen geknüpft wie die sogenannte Vorrangprüfung. Sie gilt weiterhin für einen Zeitraum von 15 Monaten. Konkret müssen die Mitarbeiter im Ausländeramt der für uns zuständigen Niederlassung der Bundesagentur für Arbeit in Duisburg nachweisen, dass kein anderer Deutscher oder EU-Bürger den betreffenden Job macht. Wir handhaben das bei uns sehr pragmatisch: Meine Mitarbeiter schreiben an die Bundesagentur: Wenn ihr euch in zehn Tagen nicht meldet, betrachten wir das als Zustimmung. Das funktioniert.
Die Vorrangprüfung müsste aus Ihrer Sicht also ebenfalls angepasst werden?
Ja natürlich, sie bringt nur Bürokratie mit sich und erleichtert nicht den Zugang der Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt. Ich würde das Verfahren synchronisieren: Wenn man nach drei Monaten arbeiten darf und der Arbeitgeber dem zustimmt, dann sollte dem nichts mehr im Wege stehen.
Was könnte noch verbessert werden?
Wir haben bei uns den sogenannten „Gmünder Weg“. Das bedeutet: Wir ermöglichen es Flüchtlingen, über die Berufsschule ein Praktikum zu machen – etwa bei einem Elektriker oder bei einem Maler mit dem Ziel, dass sie dort später mal eine Lehre dort machen können. Das geht ganz ohne Bürokratie. Aktuell haben wir zwei Klassen mit je 17 bis 20 Flüchtlingen eingerichtet, die wir in Theorie und Praxis ausbilden – ein voller Erfolg. Wir sollten uns deshalb mit der Frage beschäftigen, ob es nicht sinnvoll wäre, auf ein Instrument aus den 1950er und 1960er Jahren zurückgreifen, als es eine Berufsschulpflicht gab.
Was ist ihr Vorschlag?
Mein Vorschlag ist, für Flüchtlinge generell die Berufsschulpflicht einzuführen. Sie könnten dann ohne Zeitverlust Wissen erwerben, hätten einen geregelten Tag und würden nicht auf Abwege zu geraten oder in Depressionen verfallen. Das erworbene Wissen könnten sie in jedem Fall verwenden – ob sie als Asylbewerber anerkannt werden oder nicht. Auch für die Akzeptanz der Flüchtlinge in der Bevölkerung würde das viel bedeuten.
Wenn Sie schon dabei sind, was würden Sie darüber hinaus verändern?
Konsequent wäre es, dass die Bundesagentur für Arbeit stärker in die Pflicht genommen wird.
In welcher Hinsicht?
Bisher ist es so, dass die Bundesagentur Sprachkurse nur unter dem Blickwinkel der beruflichen Vermittlung fördern darf. Das heißt: Es wird bei einem sehr hohen Niveau angesetzt. Besser wäre es, man würde mit den Sprachkursen früher einsteigen und den Flüchtlingen konsequent berufliches Vokabular aus dem Handwerk und der Industrie vermitteln. Das darf die Bundesagentur bisher nicht. Sie darf auch nur diejenigen fördern, die eine sogenannte Bleibeperspektive haben – all das müsste nicht sein. Und es kommt noch etwas hinzu: Bei einer Ausbildung zum Altenpfleger bekommt man über den bescheidenen Monatslohn von 500 Euro hinaus in aller Regel Unterstützung, weil man sonst nicht leben kann. Für Flüchtlinge gilt das nicht. Es ist zwar ein Gesetz in Vorbereitung, mit dem das geändert werden soll, das soll allerdings erst vom August 2016 an greifen. Ein Blödsinn, denn das neue Schuljahr beginnt bereits im September. Auch da müsste sich die Bundesagentur für Arbeit dringend Gedanken machen.