Zugreisende müssen für die Strecke Stuttgart-Mannheim mehr Zeit einplanen. Foto: dpa

Der Intercity-Express (ICE) bringt Reisende normalerweise in 38 Minuten von Stuttgart nach Mannheim. In den nächsten Wochen wird sich die Fahrzeit allerdings nahezu verdoppeln – wenn überhaupt ein Zug fährt.

Stuttgart - Die 1991 in Betrieb genommene Schnellfahrstrecke zwischen Stuttgart und Mannheim ist in die Jahre gekommen. Züge und Güterladungen mit einem Gesamtgewicht von rund 50 000 Tonnen rollen täglich über die knapp 100 Kilometer lange Strecke – das hinterlässt Spuren. „Der Verschleiß ist normal“, sagt Bahn-Sprecher Roland Kortz, „aber nach fast 25 Jahren mit dieser Belastung ist die Abnutzung so weit, dass wir Teile des Schienennetzes umfassend erneuern müssen.“ Bis zum 8. November will die Deutsche Bahn die Hochgeschwindigkeitsstrecke nun umfangreich sanieren.

In einer Bauzeit von sieben Wochen werden unter anderem 22 große Weichen und mehrere Kilometer Gleise erneuert. Dafür werden 30 000 Tonnen Altschotter und Boden abtransportiert und wird fast ebenso viel neuer Schotter angeliefert. Die Sperrung der Strecke wird auch für Instandhaltungs- und Inspektionsarbeiten unter anderem an der Oberleitung und der Leit- und Sicherheitstechnik genutzt. Für die gesamten Baumaßnahmen veranschlagt die Bahn etwa 13,5 Millionen Euro.

Die Bahn hat die Bauzeit in drei Phasen aufgeteilt. Die größten Behinderungen erwarten die Planer zwischen dem 24. September und 8. Oktober. Von heute 22 Uhr an ist der Abschnitt zwischen Kraichtal und Vaihingen/Enz für zwei Wochen komplett gesperrt. Alle Züge, also auch ICE, IC und der TGV von Stuttgart nach Straßburg und Paris, werden über Mühlacker–Pforzheim–Karlsruhe oder Mühlacker–Bruchsal umgeleitet. Zwischen 50 und 60 Fernverkehrszüge sind normalerweise jeden Tag auf der Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim unterwegs. Die Verbindungen werden täglich von 15 000 bis 20 000 Fahrgästen genutzt, die jetzt mit erheblichen Beeinträchtigungen rechnen und deutlich mehr Zeit für ihre Fahrten einplanen müssen. Weil die Ausweichstrecke nicht den gesamten Verkehr aufnehmen kann, kommt es zu zahlreichen Zugausfällen. „Rund 20 Prozent der Fernverkehrszüge fallen aus“, sagt Bahn-Sprecher Kortz.

TGV aus Paris kommt später in Stuttgart an

Die Züge der ICE-Verbindung Stuttgart–Dortmund bleiben in dieser Zeit komplett im Depot. ICE-Züge zwischen Stuttgart und Köln beginnen und enden in Mannheim, ICE-Züge von Stuttgart nach Hamburg beginnen und enden am Frankfurter Flughafenbahnhof. Andere Züge fahren früher ab oder kommen später an. Auch der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV aus Paris erreicht Stuttgart eine Viertelstunde später als gewohnt, dagegen rollen die Züge Richtung Paris bereits 15 Minuten vor Plan aus dem Stuttgarter Hauptbahnhof. „Für die meisten anderen Züge rechnen wir mit rund 30 Minuten längeren Fahrzeiten“, sagt Kortz.

Wer in der Zeit vom 24. September bis 2. November mit einem Zug fahren will, der über die Strecke Stuttgart–Mannheim führt, ist gut beraten, sich im vorab im Internet oder telefonisch über Fahrplanänderungen zu informieren.

Im ersten Bauabschnitt werden unter anderem beide Gleise auf der Enztalbrücke bei Vaihingen/Enz komplett erneuert. Darüber hinaus werden zahlreiche sogenannte Schnellfahrweichen ausgetauscht, die wegen ihrer geringen Radien teilweise mehr als 100 Meter lang und bis zu 28 Tonnen schwer sind.

Im zweiten und dritten Bauabschnitt vom 8. bis zum 26. Oktober soll nur noch zu Fahrzeitverlängerungen von bis zu 15 Minuten kommen. Dann werden Teile des Streckenabschnitts zwischen Vaihingen/Enz und Stuttgart-Zuffenhausen jeweils eingleisig gesperrt. Die restlichen Arbeiten finden bis Mitte November an Wochenenden statt.

Kritik an der Planung wie etwa vom CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker, der bemängelt hat, dass die Bauarbeiten nicht in die Sommerferien gelegt wurden, weist die Bahn zurück. „Solch umfassende Sanierungsmaßnahmen wie jetzt auf der Strecke Mannheim–Stuttgart sind ein massiver Eingriff in den Bahnbetrieb“, stellt Kortz klar, „das muss bundesweit koordiniert und mit den Fahrplänen abgestimmt werden.“ Einer solchen Großsperrung von Streckenabschnitten gehe eine dreijährige Planung voraus. Auch müsse der Einsatz der für die Sanierung erforderlichen Großmaschinen deutschlandweit koordiniert werden, so Kortz. Die speziellen Baumaschinen seien in den Sommerferien schon auf mehrere Jahre verplant.

Bis 2019 will die Bahn insgesamt 2,2 Milliarden Euro in das baden-württembergische Schienennetz investieren, um durch Sanierung und Modernisierung pünktlicher und zuverlässiger zu werden. Zwischen 2015 und 2019 sollen rund 1920 Kilometer Schienen und mehr als 1100 Weichen erneuert werden. Dazu kommen 82 Brücken, drei Tunnel sowie zahlreiche neue elektronische Stellwerke.