Irdisches Zusammentreffen (von links): Falk-Willy Wild, Axel Weidemann und ­Natalie O’Hara Foto: Haymann

Im Jenseits geht es zu wie im Diesseits. Trotzdem darf der tödlich verunglückte Junggeselle Paul nicht bleiben und muss zurück auf die Erde. Fertig ist Jean Stuarts Verwechslungsklamauk „Im Himmel ist kein Zimmer frei“, der auch in der Komödie im Marquardt exaktes Timing erfordert.

Stuttgart - Auch so kann eine Nahtoderfahrung aussehen: Weiße Stoffbahnen, Klänge wie in einem Wellness-Tempel, ein Petrus, dessen Gebaren sein Darsteller Axel Weidemann irgendwo zwischen Messdiener und unmotiviertem Herbergsverwalter ansiedelt. Im Jenseits geht es zu wie im Diesseits. Es gibt sogar Telefon und Rohrpost.

Jürgen Mai hat für die Komödie im Marquardt das aus dem Nachlass des 1989 verstorbenen Bühnenautors Jean Stuart stammende Stück „Im Himmel ist kein Zimmer frei“ inszeniert.

Liegt es am allzu irdischen Paradies, dass sich Paul so gar nicht wundert, als dieser die oberste Sprosse der Himmelsleiter erklimmt und von Petrus erfährt, dass er zwar tot, aber nicht als „abgelebt“ registriert sei? Oder muss man anders fragen: Versetzt Paul, der bei der Premiere am Freitagabend von Armin Jung gespielt wurde, überhaupt irgendetwas in Staunen?

Die Handlung ist wunderlich genug: Der tödlich verunglückte Junggeselle Paul landet nach einer Stippvisite im Himmel wieder im irdischen Leben, findet seine Wohnung aber belegt vor. Sein verheirateter Freund und Geschäftspartner André hat sich hier eingenistet, um unter Pauls Namen Schäferstündchen mit seiner Geliebten Sophie zu verbringen. Als Andrés betrogene Ehefrau Inès aufkreuzt und auch noch Petrus zum Fenster hineinschneit, um seinem Schützling Paul aus der Patsche zu helfen, lauert bald hinter jeder Tür ein Geheimnis.

Natalie O’Hara und ihre Kolleginnen machen das Beste aus ihren Rollen

Die sich nach dem Tür-auf-Tür-zu-Prinzip zuspitzenden Verwicklungen leben von einem exakten Timing. Daran hapert es gewaltig, wenn etwa zwischen Andrés voreiligem Schreckensschrei und Pauls verzögerten Zusammenzucken Zeit für Irritation bleibt. Den Dialogen dieses ungleichen Gespanns fehlt ein Spiel mit den Nuancen, um zünden zu können. Paul flötet in den Leerraum über seinem Kopf als spräche er mit Geistern, während Falk-Willy Wild als André seine Figur hektisch überzeichnet, anstatt sich im geeigneten Moment als Hallodri zu zeigen.

Da ist es geradezu wohltuend, mit Natalie O’Hara eine Schauspielerin zu erleben, die ihren Part als Sophie ohne Marotte verkörpert. Überhaupt sind es die Frauen, die das Beste aus der wenig ausgefeilten Inszenierung herausholen. Stefanie Stroebele als betrogene Ehefrau Inès und Ulrike Barthruff als Putzfrau Maria beherrschen die Gratwanderung zwischen glaubwürdiger Überspitzung und einem nervigen Zuviel.

Die Regie liebt es direkt. Ob nun André seinen Kumpel auf Knien anfleht, ihm die Wohnung zu überlassen, sich auf dem Weg ins Schlafzimmer zu Sophie eine Champagnerflasche vors Gemächt hält oder sich auf einem Kaktus niederlässt: Szenen wie diese sind abgeschmackt, nicht komisch.

Es fällt schon schwer, es wie der ganz in Weiß auf Erden erscheinende Petrus zu halten und das Verwirrspiel der vier Protagonisten mit Nachsicht zu belächeln. Amüsant ist es selten, etwa wenn der an weltlichen Genüssen interessierte Petrus vergisst, dass er selbst für Menschen zwar unsichtbar ist, nicht aber das Whiskyglas, das er zum Mund führt.

Weitere Vorstellungen: Außer montags täglich bis zum 12. März. Dienstag bis Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 18 Uhr. Kartentelefon 22 77 00.