Ist zwei Folgen ein totes Pferd geritten: Jan Böhmermann als Moderator von Wetten das...? Foto: dpa

Eine englische Bulldogge mit Rechenschwäche, eine Michael-Jackson-Parodie und zwei derbe Geschmacklosigkeiten – so war der zweite Teil von Wetten dass...? nach dem Rezept des TV-Satirikers Jan Böhmermann.

Stuttgart - Nun also doch: Wer beim ersten Teil von Jan Böhmermanns Wetten dass...?-Parodie noch glaubte, dass es bei liebenswerten Zoten und Anspielungen auf Thomas Gottschalks distanzlosen Moderationsmarotten bleiben würde, sah sich am Donnerstag eines Schlechteren belehrt. Zwei derbe Geschmacklosigkeiten klatschte Böhmermann seinem Publikum ins Gesicht, die vor allem aus einem Grund ärgerlich sind: Im Gegensatz zur Erdogan-Affäre und der Debatte darüber, was Satire darf, waren sie so überflüssig wie die Starinterviews mit Simultandolmetscher auf der Wetten dass...?-Couch.

Der Schock kommt bereits zu Beginn des zweiten Teils, als der Motorradfahrer Jochen bei der obligatorischen Außenwette beim (dämlichen und bewusst platt inszenierten) Versuch scheitert, auf einem Lastwagendach vier hartgekochte Eier in die bereit stehenden Eierbecher zu bugsieren und eine Explosion ihm beide Hände abreißt. „Es geht ihm gut“, hört Jan Böhmermann Sekunden später aus seinem Knopf im Ohr. Angesichts des realen Wettkandidaten Samuel Koch, der sich bei einer Wette so schwer verletzte, dass er seither querschnittsgelähmt ist, und dessen Schicksal wesentlich zum Niedergang der kultigen Samstagabend-Show beitrug, bleibt da nur der schale Geschmack einer bemerkenswerten Empathielosigkeit zurück.

Der zweite Knall bei der Auflösung der Saalwette: Da hatte Jan Böhmermann fünf Ehepaare aus dem Saarland in den Saal holen sollen, die nicht zugleich Geschwister sind. Wie lustig diese (satirische) Wette ist, darüber lässt sich bereits trefflich streiten. Doch warum Böhmermann dann einen Ehemann präsentierte, der eine offensichtliche Anspielung auf den Piraten-Politiker Gerwald Claus-Brunner darstellte, der erst vor wenigen Wochen wohl zunächst einen anderen Mann und dann sich selbst tötete, werden wohl nur er selbst und sein Autorenteam jemals verstehen.

Vermutlich wollte Jan Böhmermann dem Medienbetrieb, der für den Show-Effekt mindestens bildlich gesprochen über Leichen geht, in einem Spiegel seine hässliche Fratze vorhalten. Doch das gelingt nur, wenn die Satire das Geschehen überspitzt – Böhmermann hat sich realer Opfer bedient. Das geht einfach nicht. Wie weit es das Fernsehen treiben könnte, das hat Wolfgang Menge bereits mit seinem Fernsehfilm „Millionenspiel“ eindrucksvoll dargestellt, ohne auf den Gefühlen von Gezeichneten und Hinterbliebenen herumzutrampeln. Und das war 1970.

Nicht alles ist schlecht gewesen

Immerhin war nicht alles schlecht an Jan Böhmermanns kleinem Ausflug in den „Karneval der guten Laune“. Die obligatorische Baggerwette bot gepflegten Klamauk, bei dem jede Menge zu Bruch ging, die anderen Wetten reichten von kleinen Gemeinheiten (das Mädchen, das barfuß auf Politikergesichtern herumtrampelt) bis zu liebenswertem Nonsens (die englische Bulldogge mit Rechenschwäche). Den ganzen Habitus der großen Samstagabend-Show, die auf Weltrang pochte und doch nur deutsches Fernsehen war, persiflierte Böhmermann gekonnt. Und bezaubernd war die Parodie der jungen Youtube-Stars „Die Lochis“ auf Michael Jacksons legendären Auftritt mit seinem „Earth Song“. Aber der ist ja auch schon lange tot.

Genauso übrigens wie Wetten dass...? selbst und das bleibt am Ende das Problem bei alledem: Die Sendung hatte 1981 Premiere, in einer Zeit, als es noch kein Privatfernsehen gab und nicht jeder unbedingt eine Fernbedienung zur Hand hatte, wenn es mal langweilig wurde. Jan Böhmermann ist in seiner seiner Sendung zweimal ein totes Pferd geritten. Niemand braucht mehr Wetten dass...?, geschweige den eine Parodie darauf – nicht einmal Jan Böhmermann.