Adieu mit einem großen Auftritt: James Last und sein Orchester spielten am Dienstag in der Porsche-Arena ein buntes Potpourri an Hits Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

In drei Wochen feiert der Bandleader James Last seinen 86. Geburtstag, auf Tournee will er dann nicht mehr gehen. Am Dienstagabend haben ihm in der Porsche-Arena gut 3000 Fans ein letztes Mal zugejubelt, sich von seinem Stilmix verführen lassen, vor der Bühne getanzt.

Stuttgart - Den Weg vor die Bühne finden sie spätestens eine halbe Stunde nach Beginn des Konzerts, als James Last knapp und wie immer gut gelaunt ankündigt, wohin es nun geht: Die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ holen alle Freunde des Wiener Walzers von den Stühlen. Bald schon drehen sich die Paare sehr beschwingt, während über ihren Köpfen der Meister lässig dasteht, in glitzerndem Jackett, den rechten Arm angewinkelt, die Finger leicht gespreizt, seine Hand kreist locker auf dem Gelenk.

James Last und sein Orchester haben ihr Konzert pünktlich um 19.30 Uhr begonnen und spielten sich in den ersten fünfzehn Minuten flott durch ein Eröffnungsset mit Filmmusiken wie „Pirates of the Carribean“ und „Rocky“, um bei Kate Perrys Popsong „Roar“ zu landen und damit beim ersten Auftritt des Chors, der das Orchester begleitet.

Die schiere Stilvielfalt, seit ehedem ein Markenzeichen des beliebtesten deutschen Bandleaders, verblüfft: Wer sonst als James Last könnte in nur 15 Minuten all das unterbringen: Kate Perry, One Direction, eine schwer rockende Klassikadaption, den Wiener Walzer, die Polka, reinblütige Volksmusik, gediegenen Soundtrack, perfekt arrangierten Pop und Soul – bruchlos, locker, so ganz selbstverständlich und keinesfalls peinlich? James Last kann es. Sonst keiner. Da steht er, glaubwürdig gealtert und doch sehr lässig, halb seinem Publikum, halb seinen Musikern zugewandt, und das Fingerschnippen ist ganz das seine.

Tanzen zur Country-Fiddel

Last setzt voll auf die Musik, spielt vor einem fast neutralen Bühnenbild: Im Hintergrund ist eine Reihe vertikaler Trapeze aufgespannt, zwischen ihnen Strahler. Für die Damen des Streichorchesters gibt es einen Aufbau – spät am Abend, kurz vor der Zugabe, spielen sie den „Reel Express“, den „Orange Blossom“, und tanzen dort droben zur ausgelassenen Country-Fiddel.

Aber auch bei allen anderen Stücken des Abends dürfen sie nicht fehlen: Das Zusammenspiel von Streichern, dezenten, weichen Bläserarrangements und den treibenden Puls einer Band ist es, was James Lasts berühmten „Happy-Sound“ ausmacht – zurückhaltend und vorantreibend zugleich, smart, geschmackvoll und verschmitzt. Die Musik ist ein langer, lebhafter Fluss, auf dem wirklich gar nichts untergeht: Der Popsong, der heute schon im Radio gespielt wurde, schwimmt neben den Melodien, die Erinnerungen wecken.

Von beidem bekommen die Freunde von James Lasts Musik sehr viel am Dienstagabend. Natürlich spielt der Mann, dessen ersten Langspielplatte 1963 erschien, Pharrell Williams, ebenso natürlich spielt er seine eigenen großen Erfolge – das „James-Last-Medley“ bringt sie, in der zweiten Hälfte des langen Konzertes.

Im Netz durften die Fans zwei Lieder wählen

Im Internet durfte das Publikum zwei Titel aus Lasts Repertoire an Eigenkompositionen bestimmen. „Der einsame Hirte“ heißt das erste dieser Wunschstücke, und jeder kennt es: Die Menge in der Porsche-Arena seufzt, als die Panflöte sie zurück in die 1970er Jahre lockt. Beim zweiten Wunsch des Publikums handelt es sich um „Biscaya“, veröffentlicht 1981 – und erneut wird schon bei den ersten Takten Wiedererkennen hörbar in der Halle: „Das haben wir lange nicht gespielt“, sagt James Last. „Aber es ist ein Riesenhit gewesen!“

Lasts Platz ist inmitten der Band, zwischen Piano, Percussion, Bass und E-Gitarre, Keyboard und den drei Bläsern, die nach der Pause in himmelblauen Anzügen auf der Bühne erscheinen. „Diese Truppe“, sagt der Chef, „ist eigentlich, wie immer, eine richtige Familie.“

Zu ihr gehört bei James Lasts letzter Tournee auch der Chor mit drei Sängerinnen und zwei Sängern, Stimmen, die den zeitlos glücklichen Klang des Orchesters mit starken, bunten Auftritten bereichern. Erlend Krauser heißt ein anderes Familienmitglied, ein Mann in Schwarz mit weißem Haar, der auf seiner Gitarre ein ätherisches Solo spielt, und auch Joe Dorff gehört dazu. „Was singst du uns heute, Joe?“, fragt ihn James Last, und der Mann am Flügel singt: „You are so beautiful“.

Die Abschiedslieder machen nur den ersten Teil des Finales aus, bei James Lasts letztem Konzert in Stuttgart – Brahms’ Gute-Nacht-Melodie schmeichelt wunderbar, aber der Bandleader will schwungvoll in Erinnerung bleiben: Mit einem „Party Rock“ schickt er seine Fans nach Hause.