Der US-Rapper J. Cole ist in Stuttgart aufgetreten. Foto: Redferns

J. Cole, der eines der besten Hip-Hop-Alben des Jahres abgeliefert hat, rappte im LKA/Longhorn über die Liebe, das Leben und spielte den Star zum Anfassen.

J. Cole, der eines der besten Hip-Hop-Alben des Jahres abgeliefert hat, rappte im LKA/Longhorn über die Liebe, das Leben und spielte den Star zum Anfassen.

Stuttgart - Ist das wahre Liebe? Oder vielleicht doch nur ein One-Night-Stand? Das fragt J. Cole wieder und wieder in der fluffig groovenden Nummer „Workout“, für die er sich auch den Refrain aus Paula Abduls „Straight Up“ geborgt hat. Und tatsächlich ist man sich nach dem Konzert, das der 28-jährige US-Rapper am Dienstagabend im LKA/Longhorn in Stuttgart vor rund 500 Zuschauern gegeben hat, auch selbst nicht sicher: Ist J. Cole mit seinen vom Pop und Soul beseelten Old-School-Hip-Hop-Neuinterpretationen das nächste große Ding, taugt er zum Klassiker? Oder wird er bald schon irgendeinem anderen Newcomer Platz machen müssen und wieder in Vergessenheit geraten? Doch warum sich darüber den Kopf zerbrechen, oder – um mit Mr. Cole zu sprechen: „Hey, we got a good thing / Don’t know if I’ma see you again“: Vielleicht sehen wir uns ja nie wieder, aber hey, es war gut so lange es dauerte.

J. Cole ist kein genialer Rap-Erneuerer wie Tyler The Creator, Kendrick Lamar oder Frank Ocean. Trotzdem hat er mit „Born Sinner“ das interessanteste Hip-Hop-Album des Jahres abgeliefert. Und das obwohl auch Platten von Kanye West, Jay Z und Eminem erschienen sind. Fast schon charmant-altmodisch vermengt J. Cole seine Reime mit knuffigen Beats und souligen Hooklines. Beim Konzert in Stuttgart spielt er von einem DJ, einem Gitarristen, zwei Keyboardern und zwei Backgroundsängerinnen einen smarten Hit nach dem anderen. „Forbidden Fruit“ zum Beispiel mit dem jazzigen Kontrabassloop, „Crooked Smile“ mit funky synkopierten Klavier , das gospelinfizierte „Trouble“ oder „She Knows“, durch das ein Outkast-Sample tönt – Songs, die unterschiedlichste Stile ins sich aufgesaugt haben, stets aber eher im Pop als im R’n’B zu Hause sind.

Kein Platz für Gangster-Rap-Klischees

Cole, der als GI-Sohn in Frankfurt geboren wurde und in North Carolina eher gut behütet aufgewachsen ist, hat mit schwarzem Vater und weißer Mutter nicht unbedingt die typische Rapper-Biografie vorzuweisen. Und dass er sich keine dazu erfindet, unterscheidet ihn von vielen seiner Kollegen. Bei Jermaine Lamarr Cole gibt es zwar viel Platz für den genreübliche Sexismus, nicht aber für Gangster-Rap-Klischees.

Auf der Bühne in Stuttgart spielt er den netten Junge von nebenan. Zu Beginn des Konzerts scheint er jeden einzelnen im Saal persönlich begrüßen zu wollen, lobt ausführlich die Mädchen, die ein Schild hochhalten, auf dem „We Are Born Sinners“ (Wir sind geborene Sünder ) steht und die auf das O zwei Teufelshörner gemalt haben. Während des Konzerts wird er einen angebotenen Joint mit der Begründung ablehnen, dass er für so was gerade keine Zeit habe, er müsse schließlich den Leuten eine gute Show bieten. Und am Ende klettert er von der Bühne, drückt so viele Hände, umarmt so viele Menschen, wie es sein Bodyguard zulässt. „Wir sind jetzt alles Freude“, verspricht J. Cole. Ob nur für diesen Abend oder für immer, muss sich noch zeigen.