SAP-Logo in der Konzernzentrale in Walldorf Foto: dpa

Bisher herrschte bei SAP die Sorge, dass die Erfolge mit neuen Geschäftsmodellen zulasten des Kerngeschäfts gehen könnten. Doch die deutsche IT-Schmiede könnte den Spagat schaffen.

Walldorf - Das zukunftsträchtige Geschäft in der Cloud (engl. für Wolke) bringt SAP derzeit am stärksten voran. Dabei lassen Kunden ihre Geschäftsprozesse gegen eine Abogebühr über SAP-Rechner laufen – das ist für sie meist billiger und ermöglicht mehr Flexibilität. Im Geschäftsjahr 2015 stieg der Umsatz in diesem Bereich samt Wartung um 110 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Das teilte SAP am Dienstag mit, als der Konzern die vorläufigen Jahreszahlen präsentierte. Die aktuellen Mitarbeiterzahlen und kompletten Daten werden bei der Pressekonferenz am 22. Januar bekanntgegeben.

Das Geschäft in der Cloud läuft auch wegen der Zukäufe so gut: So hatte SAP 2014 die Spezialisten Concur Technologies und Fieldglass übernommen. Rechnet man diese heraus, betont Heinz Steffen, Analyst von Fairesearch, habe sich der Umsatz nur um rund 43 Prozent erhöht. „SAP ist in der Cloud angekommen und hat hier die härtesten Konkurrenten beim reinen Wachstum überflügelt.“ In der Cloud liefert sich SAP derzeit mit dem Dauer-Rivalen Oracle ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Marktführer ist der reine Cloud-Anbieter Salesforce.

Das Kerngeschäft

Die SAP-Geschäftssoftware wird zunehmend auch mobil genutzt (Symbolbild) Foto: Andrey Popov/Fotolia

SAP ist mit seinen Softwarelizenzen zum größten europäischen IT-Unternehmen geworden. Dabei profitiert der Konzern vom Verkauf der Software sowie vom lukrativen Geschäft mit der Wartung – und das auf Jahre hinweg. Viele Branchenexperten hatten damit gerechnet, dass das traditionelle Geschäft zurückgehen könnte. Doch tatsächlich sind die Erlöse bei den Softwarelizenzen 2015 im Vorjahresvergleich um zehn Prozent auf 4,8 Milliarden Euro gestiegen. Der Umsatz mit den Lizenzen nahm sogar um 14 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro zu. Damit machte das Kerngeschäft den größten Teil des Gesamtumsatzes aus, der um 18 Prozent auf 20,8 Milliarden Euro wuchs. Auch deshalb gehörte die SAP-Aktie am Dienstag zu den großen Gewinnern an der Börse – sie stieg bis Handelsschluss um rund vier Prozent.

Die Investitionen des IT-Giganten in das Cloud-Geschäft drücken allerdings auf das Betriebsergebnis, das 2015 im Vorjahresvergleich um zwei Prozent auf 4,3 Milliarden Euro sank. Neben den Zukäufen hat SAP mindestens 3000 Mitarbeiter mit Abfindungsprogrammen zum Gehen bewogen, die genaue Zahl ist noch nicht bekannt. Außerdem wurden Mitarbeiter für die neuen Geschäftsbereiche geschult.

Der Datenturbo

Stark nachgefragt ist die neueste Geschäftssoftware S/4 Hana. Die Zahl der weltweiten Nutzer habe sich im vierten Quartal 2015 auf 2700 verdoppelt, hieß es. Hana ist der Datenturbo von SAP – er verlegt Datenbanken von externen Speichermedien in den Arbeitsspeicher des Computers und verkürzt Berechnungen, die früher Tage dauerten, auf Minuten oder gar Sekunden. „Vor allem S4/Hana verstärkt die breite Akzeptanz unseres gesamten Portfolios innovativer Lösungen“, sagte Finanzvorstand Luka Mucic. Branchenexperten rechnen damit, dass die neue Geschäftssoftware auf Jahre hinweg Kunden binden könnte. Seit Einführung des ersten Softwarepakets R/1 Anfang der 1970er Jahre sei es das sechste Hauptprodukt, von dem SAP im Schnitt sieben Jahre profitiere.

Auch deshalb sind die Analysten optimistisch: „SAP ist auf einem guten und richtigen Weg, auch die Ziele für das Jahr 2020 mehr als zu erfüllen“, sagte Steffen von Fairesearch. SAP hatte in den vergangenen Jahren vorgegeben, dass der Gesamtumsatz bis 2020 auf 26 bis 28 Milliarden Euro wachsen und der Anteil des Cloud-Geschäfts auf nahezu 30 Prozent steigen soll. Auch Analyst Mirko Maier von der LBBW ist zuversichtlich, dass SAP das Ziel erreichen kann: „Wenn SAP es schafft, die eigenen Kunden für die Cloud-Lösungen zu begeistern, dann ist noch erhebliches Potenzial da.“

Die Verbraucher

Foto: Frank Ockert

Obwohl SAP der weltweit größte Hersteller von Geschäftssoftware ist, entwickelt die Walldorfer IT-Schmiede auch viele Produkte und Hilfsmittel, die den Verbrauchern nutzen. Auch sie basieren auf dem Datenturbo Hana. Dieser hilft in der Medizin dabei, riesige Datenmengen binnen kürzester Zeit zu analysieren. Damit lässt sich zum Beispiel das Erbgut von Krebspatienten bestimmen und mit den Befunden und Therapiemöglichkeiten vergleichen, um ihnen eine individuelle Therapie anzubieten. Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg ist hier einer der Partner.

Auch im Sport hat sich der Datenturbo Hana etabliert. Er analysiert in der Formel 1 in Echtzeit das Fahrverhalten. Der DFB nutzte bei der WM in Brasilien das SAP-Programm Match Insights zur Spielanalyse.