Ein Staatsanwalt ist in Istanbul von einer linksextremistischen Gruppe als Geisel genommen worden. Foto: EPA

In der türkischen Metropole Istanbul ist ein Staatsanwalt von einer linksextremistischen Untergrundgruppe als Geisel genommen worden. Die Gruppe droht mit der Ermordung der Geisel.

Istanbul - Eine linksextreme Untergrundgruppe hat in der türkischen Metropole Istanbul einen Staatsanwalt als Geisel genommen und mit seiner Ermordung gedroht. Zwei Terroristen seien am Dienstag in das Büro des Staatsanwalts im sechsten Stock des zentralen Justizgebäudes eingedrungen, sagte der Istanbuler Polizeichef Selami Altinok türkischen Medienberichten zufolge. Der Staatsanwalt ist Ankläger in dem politisch bedeutenden Fall Berkin Elvan. Der Jugendliche war bei den Gezi-Protesten im Sommer 2013 von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen und tödlich verletzt worden.

Zu der Geiselnahme bekannte sich die verbotene DHKP-C. Am Abend hielten die Geiselnehmer den Staatsanwalt weiter in seinem Büro fest. Die DHKP-C forderte auf ihrer Facebook-Seite unter anderem, die Polizisten, die für den Tod Berkin Elvans verantwortlich seien, müssten ein öffentliches Geständnis ablegen. Ermittlungen gegen Demonstranten, die wegen des Todes Berkin Elvans protestiert hatten, müssten eingestellt werden. Sollten die Forderungen nicht erfüllt werden, werde der Staatsanwalt getötet.

Wie der Geiselnehmer in das Gebäude kam, ist unklar

Die DHKP-C hatte zunächst ein dreistündiges Ultimatum gestellt. Polizeichef Altinok sagte am Nachmittag, Verhandlungen mit den Geiselnehmern dauerten an. Das Vorstandsmitglied der Istanbuler Anwaltskammer, Hasan Kilic, sagte der Deutschen Presse-Agentur vom Justizgebäude aus, die Kammer sei an den Verhandlungen beteiligt.

Der Vater Berkin Elvans, Sami Elvan, teilte über Twitter mit, er wolle nicht, dass jemand zu Schaden komme. „Ich will nur einen gerechten Prozess“, schrieb er. Auf der Facebook-Seite der DHKP-C war zu sehen, wie dem geknebelten Staatsanwalt eine Pistole an den Kopf gehalten wurde. Unklar blieb zunächst, wie die bewaffneten Geiselnehmer in das gesicherte Justizgebäude eindringen konnten.

Die Rundfunkbehörde RTÜK verhängte auf Veranlassung der Regierung eine Sperre für Fernsehberichterstattung über die Geiselnahme. Als Grund wurde die nationale Sicherheit genannt. Berkin Elvan war im Sommer 2013 ins Koma gefallen und im März vergangenen Jahres im Alter von 15 Jahren gestorben, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Die Ermittlungen in dem Fall haben bislang keine Fortschritte gemacht.