Der israelische Soldat (links), der einen bereits wehrlosen palästinensischen Angreifer vorsätzlich erschossen hat, muss für 18 Monate ins Gefängnis. Foto: AP

Das Militärgericht hat einen 20-jährigen Soldaten wegen Totschlags zu 18 Monaten Haft verurteilt, weil er einen bereits wehrlosen Angreifer erschossen hat. Der Vorfall spaltet das Land.

Tel Aviv - Ein Militärgericht in Tel Aviv hat gegen einen israelischen Soldaten, der einen bereits wehrlosen palästinensischen Angreifer vorsätzlich erschossen hat, eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten verhängt. Auch soll der zwanzigjährige Angeklagte, Elor Asaria, vom Unteroffizier zum einfachen Gefreiten degradiert werden. Das milde Urteil nach einem zehnmonatigen Prozess blieb erheblich unter dem von der Staatsanwaltschaft empfohlenen Strafmaß von drei bis fünf Jahren.

Die Verteidiger hatten gefordert, ihrem Mandanten jegliche Haftzeit zu ersparen. Dem mochten die Militärrichter, die den Soldaten bereits Anfang Januar des Totschlags für schuldig befunden hatten, nicht entsprechen. Es sei erwiesen, dass Asaria mit der Absicht zu töten gehandelt habe und nicht etwa, weil er sich bedroht gefühlt habe. Seine Tat stehe in krassem Missklang zu den Regeln der Armee für einen Waffeneinsatz. Damit habe er nicht zuletzt dem Image der israelischen Streitkräfte weltweit Schaden zugefügt. Ihm sei aber zugute zu halten, dass sich das Geschehen auf „feindlichem Gebiet“ abgespielt habe.

Streit zwischen Regierung und Armee

Hohe Wellen schlug der Fall vor allem in Israel, wo er nicht nur die Gesellschaft in Pro- und Kontra-Lager spaltete, sondern auch zu schweren Kontroversen zwischen Regierung und Armeeführung sorgte. Dass er überhaupt bekannt wurde, ist einem Video zu verdanken, das ein palästinensischer Mitarbeiter der israelischen Bürgerrechtsorganisation B’Tselem an jenem Märzmorgen 2016 aufgenommen hatte: Es zeigt die Szene nach einer Messerattacke zweier Palästinenser auf einen Militärcheckpoint in Hebron. Die beiden Angreifer liegen regungslos am Boden, der eine tot, der andere kampfunfähig. Einer der wachhabenden Soldaten hatte, um ihren Angriff abzuwehren, sofort auf sie geschossen. Sein Kamerad, der eine Stichwunde am Arm erlitt, wird im Ambulanzwagen versorgt. Elf Minuten, nachdem bereits alles vorbei ist, trifft Asaria, Sanitäter einer Kampfeinheit am Tatort ein. Er nimmt seinen Helm ab, reicht ihn einem anderen Soldaten, lädt sein Gewehr durch und verpasst dem verletzten Palästinenser einen gezielten Kopfschuss.

Hardliner fordern Verzicht auf Haftstrafe

Generalstabschef Gadi Eisenkot hielt dieses Verhalten ohne Wenn und Aber für unvereinbar mit dem Moralkodex der Armee. Verteidigungsminister Mosche Jaalon stellte sich hinter ihn, verlor aber am Ende seinen Posten an den Hardliner Avigdor Lieberman, der sich mit Asaria wie viele andere Rechte solidarisiert hatte. Ihrer Meinung nach hätte der Hebron-Schütze für die Erschießung eines Terroristen noch eine Medaille verdient. „Wir sind das Gesetz“, skandierten rechtsradikale Anhänger auch bei ihrer Demonstration gegen eine Verurteilung von Asaria vor dem Hauptquartier der Armee.

Dessen sofortige Begnadigung wiederum verlangte Naftali Bennett, Chef des ultranationalen Jüdischen Heims. Auch Premier Benjamin Netanjahu sprach sich im Facebook dafür aus. Zuständig für einen Straferlass wäre die Militärführung oder Staatspräsident Reuven Rivlin. Andere Politiker lobten das Urteil parteiübergreifend als ausgewogen. Ihre Hoffnung, damit sei eine „unschöne Episode“ vorbei, dürfte allerdings verfrüht sein. Die Anwälte Asarias wollen Einspruch einlegen.