Der bosnische Reporter Esad Hecimovic Quelle: Unbekannt

Wegen Verbindungen bosnischer Islamisten nach Deutschland fürchtet ein Reporter um sein Leben.

Sarajewo/Stuttgart - Einfach sterben lassen ist noch das harmloseste, was da im Internet dem Reporter gewünscht wird. Natürlich sind es anonyme Drohungen. Von Sultan, Albatros und vielen anderen. Abgeschossen aus dem virtuellen Dschungel. Seitdem Esad Hecimovic über die Verbindungen bosnischer Islamisten nach Deutschland berichtet hat, verändert sich sein Leben: "Ich habe Angst - um mich, aber vor allem um meine Familie."

Mit der lebt der muslimische Reporter der angesehenen bosnischen Tageszeitung "Oslobodjne" im zentralbosnischen Zenica. In genau der Stadt, in der die salafistische Organisation Poziv u Raj - Einladung zum Paradies - ihren Sitz hat. Am vergangenen Wochenende wollten die sehr konservativen Muslime vom Balkan gemeinsam mit ihren deutschen Glaubensbrüdern zunächst bei Fulda, dann bei Erfurt ein Islamseminar abhalten. Die durch unsere Zeitung angestoßene Berichterstattung vieler Medien führte jedoch dazu, dass der Braunschweiger Prediger Mohammed Seyfundin Ciftci seine Workshops absagte.

Nicht ohne Folge für Esad Hecimovic. Der hatte in unserer Zeitung gesagt, dass die extremistischen Missionare "versuchen in Bosnien eine Unterstützungsbasis für europäische Salafisten aufzubauen, indem sie Programme für Familien islamistischer Aktivisten und Kriegsveteranen" anbieten. Zudem hatte er ein Interview mit dem hessischen CDU-Politiker und Muslimen Ismail Tipi veröffentlicht. Der Inhalt: Der Landtagsabgeordnete machte deutlich, dass er die Mehrheit der Muslime durch die Verbreitung der salafistischen Lehre bedroht glaubt. Die deutschen Sicherheitsbehörden sehen unisono in dieser Glaubensrichtung eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung.

In islamistischen Diskussionsforen brechen alle Dämme

Wie sehr sie mit dieser Einschätzung recht haben, zeigen die Todesdrohungen gegen den 48 Jahre alten Journalisten. Die begannen, nachdem am Freitag das salafistische Magazin SAFF in Bosnien erschien. Gleich sechsmal wurde der Name Hecimovics prominent in einem Artikel genannt, der die Harmlosigkeit der Organisation Poziv u Raj belegen soll. Der Vorwurf: Hecimovic habe in dem Interview mit Tipi "die falschen Fragen gestellt". Und: Er habe nicht über die Passagen einer Presseerklärung berichtet, in der Missionare ihre Friedensliebe beteuerten.

"Solche Veröffentlichungen fordern auf dem Balkan in der Regel radikale Kräfte auf, sich zerstörerisch mit dem genannten Menschen auseinanderzusetzen", sagt ein Sprecher der föderativen Polizei in Sarajewo. Seitdem erscheinen des SAFF-Artikels brechen in den islamistischen Diskussionsforen alle Dämme: Beschimpfungen und die Androhung von Prügel sind harmlose Einträge. Radikale wollen "diesem Schwein den Kopf abschlagen und die Därme herausreißen". Steinigen ist für andere "noch viel zu harmlos für diesen Kufir" - diesen Ungläubigen.

Semir Imanovic, Chefredakteur der SAFF, möchte sich nicht dazu äußern, warum er Hecimovic wegen seiner Berichterstattung anprangert. Die Redakteure verharmlosen in derselben Ausgabe den Übergriff von Mitgliedern der Poziv u Raj im Frühjahr 2010 auf katholische Nonnen als "von Kroaten inszeniert". Die bosnische Organisation ist eng mit Mohammed Seyfundin Ciftci verbunden, der besonders in Baden-Württemberg aktiv ist, um neue Anhänger für seine salafistische Interpretation des Islam zu gewinnen. Aber auch andere "Stars" der deutschen Szene treten regelmäßig bei Einladung zum Paradies auf: der Kölner Prediger Pierre Vogel, der seit einigen Wochen seine Islamkenntnisse in Ägypten vertiefen will.

In einer Studie der University of Pennsylvania wird nachgewiesen, dass 84 Prozent der weltweit gewaltbereiten salafistischen Mudschaheddin sich am Heiligen Krieg beteiligen. Sie scheinen einen neuen Kriegsschauplatz gefunden zu haben. Er liegt elf Autostunden entfernt von Stuttgart. In Zenica, der Heimatstadt von Esad Hecimovic.