Muslime in Stuttgart wünschen sich ein repräsentatives Gotteshaus Foto: dpa

Bisher gibt es in Stuttgart – anders als in anderen Großstädten und auch in ­Mittelstädten der Region – keine nach außen sichtbare Moschee. Bedeutet Religionsfreiheit nicht auch die Freiheit auf ein schmuckes Gotteshaus?

Stuttgart - „Der Islam gehört zu Deutschland“, hat Altbundespräsident Christian Wulff gesagt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat diesen Satz nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris mehrfach wiederholt. Auf lokaler Ebene heißt das: Der Islam gehört zu Stuttgart. Eine eigentlich banale Aussage angesichts der Tatsache, dass etwa jeder zehnte Stuttgarter ein Muslim ist. Jeder fünfte Muslim besucht hier regelmäßig eine Gebetsstätte. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis die Forderung nach einer repräsentativen Moschee in Zentrumsnähe laut wurde.

Bisher gibt es in Stuttgart – anders als in anderen Großstädten und auch in Mittelstädten der Region – keine nach außen sichtbare Moschee. Die Gebetsräume der rund 30 islamischen Gemeinden – wovon nur die Mesdschid-Saheabe-Moschee in Botnang als salafistisch gilt – befinden sich zumeist in ehemaligen Gewerbebauten am Rand von Stadtbezirken in unwirtlichen Lagen. Doch bedeutet Religionsfreiheit nicht auch die Freiheit auf ein schmuckes Gotteshaus?

Die beiden großen Kirchen bejahen diese Frage; auch von Stadträten gibt es bisher nur Zustimmung. Für OB Fritz Kuhn (Grüne) ist angesichts von rund 65 000 Muslimen in der Stadt „der Wunsch nach einer repräsentativen Moschee verständlich“. Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Glaubensgemeinschaft Württemberg (IRGW), regt gar eine Spendenaktion der christlichen und jüdischen Gemeinden in Stuttgart für einen Moscheebau an. Ein weiteres starkes Zeichen in einer Woche religionsübergreifend eindrucksvoller Solidaritätsbekundungen gegen Terror und für Pressefreiheit: Am gestrigen Freitag hielt die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) eine Mahnwache vor dem Gebäude des SWR ab.

Die Ditib ist es auch, die nun die Moscheepläne in Stuttgart vorantreibt. Allerdings zeigt das Beispiel auch dieses Verbands, wie heterogen der Islam organisiert ist: Der selbstbewusste Ditib-Verein in Feuerbach plant auf seinem eigenen Gelände an der Mauserstraße mit eigenen Mitteln einen Moscheebau; der Ditib-Landesverband ist parallel mit der Stadt in konstruktiven Gesprächen über eine repräsentative Moschee in Zentrumsnähe. Was jedoch den Ditib-Stadtverband erstaunt, weil man sich dort fragt, wo der Landesverband das Geld hernehmen will. Dass Ditip-Imame von der türkischen Regierung eingesetzt werden, irritiert wiederum Muslime anderer Vereine.

Wer baut also wo eine Moschee für wen? Diese Fragen werden nicht einfach zu beantworten sein: Es gibt vier muslimische Verbände auf Landesebene, die 30 islamischen Gemeinden in Stuttgart unterteilen sich nicht nur nach Glaubensrichtung in Sunniten (80 Prozent), Aleviten (15 Prozent) und Schiiten (fünf Prozent), sondern auch nach Herkunftsländern und Sprache. Umso wichtiger ist es, dass die Muslime mit einer Sprache sprechen. Dies gilt in übertragenem Sinn, um das Ziel einer repräsentativen Moschee im Zentrum zu verwirklichen. Dies gilt aber auch für die Predigten: Damit der Imam von allen verstanden wird, ist es notwendig, dass er Deutsch spricht. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Integration – weit über die aktuellen Solidaritätsaktionen hinaus.