Reisen in den Iran sind gefragt wie nie. Trotzdem sind Touristen im Land immer noch etwas ungewöhnliches. Die Einheimischen begegnen ihnen aber mit viel Offenheit und werben für die Schönheiten ihrer Heimat.

Isfahan - Ob Ballerinas in Ordnung sind, weil doch offene Schuhe in der islamischen Kleiderordnung verboten sind? „Ja, ja“, die Frauen hinter dem Tresen eines Hotels in Isfahan müssen lachen. „Und Lipgloss?“ Noch mehr lachen. „Dürfen wir überhaupt Kontakt haben?“ „Hey - das ist nicht Nordkorea hier!“ Die Iraner finden es einerseits lustig, dass viele westliche Reisende mit der Vorstellung ins Land kommen, mit einem Bein bereits im Gefängnis zu stehen, sobald sie iranischen Boden betreten - und auf der anderen Seite verletzt sie das auch.

Und es ist, als würde sich jeder einzelne von ihnen als Botschafter begreifen, der nur eine Sache loswerden will: Komm her und mach dir dein eigenes Bild. Iran ist nicht so, wie immer alle sagen. Iran ist viel mehr. „Herzlich willkommen!“ Was immer alle sagen, ist: Die Islamische Republik Iran wurde 2002 von dem damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush zu einem Staat der Achse des Bösen erklärt. Bis diesen Sommer schwelte ein zäher Streit zwischen dem Westen und dem Iran über das Atomprogramm des Landes. Es gibt Bücher von Journalisten, die monatelang in iranischen Horror-Gefängnissen eingesperrt waren. In den Grenzländern Irak und Afghanistan passieren regelmäßig Anschläge. Frauen sind verpflichtet, Kopftuch zu tragen.

Das gilt auch für Touristinnen - ab dem Flughafen. Im Iran ist nichts vergleichbar mit Europa. Aber offenbar ist es auch das, was den Iran für viele Touristen spannend macht. Gerade aus Deutschland zieht es immer mehr Reisende in das Land im Mittleren Osten. Die geheimen Schönheiten des Landes sind unzählbar. Und die meisten Iraner sind stolz darauf. Sie lieben es, in Superlativen von ihrem Land zu sprechen: „Ich studiere an der besten Universität des Landes“, sagt einer. „Unsere Gymnasiasten sind die besten auf der ganzen Welt“, ein anderer. Besonders stolz sind die Iraner auf ihre Kulturschätze. „Der Iran ist eines der zehn wichtigsten Ziele für Weltkulturerbe in der Welt“, sagt Ali Vaghefi, Chef der iranischen Reiseagentur Iran Doostan Tours.

„Können wir zusammen ein Foto machen?“

„Das Besondere ist, dass es im Iran Sehenswürdigkeiten aus beiden Epochen gibt: aus islamischer und vorislamischer Zeit“, sagt Vaghefi. „Das gibt es so in keinem anderen Land.“ Insgesamt steht der Iran mit 17 Welterbestätten auf der Liste der Unesco. Dazu zählt der Imamplatz in Isfahan. Die Partnerstadt von Freiburg gilt als heimliche Hauptstadt des Irans. Auf dem Imamplatz erstrecken sich über einen halben Kilometer Grünflächen umrandet von Arkaden, hinter denen Händler Gewürze in allen Farben anbieten. Bunte Tücher und Kleider hängen von den Wänden. „Können wir zusammen ein Foto machen?“ Immer wieder fragen Iraner nach gemeinsamen Bildern. Touristen sind immer noch nichts Alltägliches im Iran. 2014 hat der Iran fast fünf Millionen Touristen gezählt.

Bis 2025 soll die Zahl auf 20 Millionen steigen, so das ehrgeizige Ziel der Regierung. „Wie gefällt ihnen unser Land“, wollen die Menschen auf der Straße wissen. Und meistens folgen dann Einladungen zum Essen, zur Besichtigung von Sehenswürdigkeiten oder zu Partys. Draußen auf dem Imamplatz ist das Geräusch von Pferdehufen zu hören, Jugendliche spielen Volleyball. Der Platz wurde 1602 von Schah Abbas I. gebaut. Damals fanden dort politische Veranstaltungen und Polo-Spiele statt. Heute fahren die Pferde Touristen in Kutschen um den Platz. Wer ihnen bis zum Ende des Platzes folgt, sieht durch einen Springbrunnen hindurch die prächtige Imam-Moschee, verkleidet mit Tausenden blauen und türkisfarbenen Kacheln mit floralen Mustern, die - selbstverständlich - als die schönsten im ganzen Iran gelten. Kleiner, aber mit ihrer blau gekachelten, 32 Meter hohen Kuppel, durch die das Licht bricht, fast noch anmutiger wirkt die Lotfollah-Moschee an der östlichen Seite des Imam-Platzes.

Schah Abbas I. ließ sie zwischen 1602 und 1619 bauen. Sie wird auch Frauenmoschee genannt, da sie auch von den Frauen des königlichen Gefolges besucht werden durfte. „Aus diesem Grund hat Schah Abbas I. mit nichts gespart beim Bau dieser Moschee“, sagt Davood Moheini, Reiseleiter bei Doostan Tours. Deutsche Veranstalter von Gruppenreisen arbeiten immer mit lokalen Agenturen zusammen, die einen iranischen Reiseleiter stellen. Die Regierung will damit Jobs sichern - und behält im Blick, was die Touristen machen. Wenn es etwa an der Atomanlage Natanz vorbeigeht, sagt der Reiseleiter: „Ab jetzt sind Fotos verboten.“ Der Spagat zwischen dem Misstrauen dem Westen gegenüber und dem Wunsch, das wirtschaftliche Potenzial des Tourismus zu erschließen, ist für den Iran nicht leicht.

„Im Iran gibt es nicht nur islamische Sehenswürdigkeiten“

Ausgerechnet die eigene Bevölkerung, die oft unter der Politik des Landes leidet, ist der Regierung hier voraus. Das sorgt für einen krassen Widerspruch zwischen der Härte, mit der die iranische Politik im Westen wahrgenommen wird, und der Warmherzigkeit, die Reisenden im Iran entgegengebracht wird. „Im Iran gibt es nicht nur islamische Sehenswürdigkeiten“, sagt Reiseleiter Moheini auf dem Weg in die Wüstenprovinz Yazd. Die Sonne brennt auf die braune Erde. Die Luft fühlt sich heiß an in der Lunge beim Aufstieg zu dem großen braunen Hügel. Schweigeturm heißt er. Dort haben die Zoroastrier, eine religiöse Minderheit im Iran, noch bis Ende der 1960er Jahre ihre Leichen aufgebahrt, damit sie von Adlern gefressen werden - und Erde, Feuer, Wasser rein bleiben.

Insgesamt leben im Iran bis zu 50 000 Zoroastrier. Im 17. Jahrhundert sind außerdem viele Armenier in den Iran umgesiedelt. Schah Abbas I. mochte deren künstlerische Fähigkeiten. In Isfahan gibt es ein Viertel der orthodoxen Christen, in dem die Vank-Kathedrale zu besichtigen ist. Sie gilt als eine der ersten Kirchen, die die Armenier nach der Umsiedlung in ihrer neuen Heimat bauten. Wandmalereien im Inneren in sattem Grün, Rot, Blau und Lila bilden biblische Szenen ab - verziert mit goldenen Ornamenten. Heute leben noch etwa 80 000 Armenier im Iran.

Damit sind sie die größte christliche Religionsgemeinschaft. Einer der Höhepunkte ist die Reise direkt in die Wüste. Im Ökocamp von Seyed Hadi Vaghefi in Matin Abad etwa können Touristen in traditionellen Zelten übernachten und auf Kamelen in die Wüste reiten. Umgeben ist das Camp von Feldern, auf denen mitten in der trockenen Hitze Bio-Gemüse wächst. Religiöse Minderheiten, Öko-Felder, Lieferdienste für Alkohol und flirtende junge Musliminnen. Auch das ist Iran. Und Moheini will, dass mehr Menschen in sein Land kommen und es kennenlernen. „Wir sehen es an Europa“, sagt er. „Menschen, die sich kennen, führen keinen Krieg gegeneinander.“

Infos zum Iran

Anreise
Germania ( www.flygermania.de ) fliegt von Düsseldorf und Berlin ohne Zwischenlandung in die Hauptstand Teheran (einfach ab 160 Euro) und von Hamburg zur Pilgerstadt Mashhad (ab 190 Euro einfach). Von Stuttgart aus fliegt Turkish Airlines nach Teheran ( www.turkishairlines.com ).

Visum
Für Visa wenden sich Reisende an die iranische Botschaft in Berlin ( www.iranbotschaft.de ) oder an die Konsulate in Frankfurt, Hamburg oder München. Diese verweisen in der Regel an geeignete Agenturen. Die Kosten belaufen sich auf rund 130 Euro für die Visum-Referenznummer und die Visumgebühr. Gruppenreisen Für unerfahrene Iran-Touristen empfehlen sich zum Einstieg geführte Gruppenreisen. Diese bieten etwa Phoenix-Reisen ( www.phoenix-reisen.com ) an. Die nächste Rundreise startet am 26. April 2016 (1849 Euro). Auch SKR ( www.skr.de ) hat verschiedene Iran-Reisen im Programm (ab 1579 Euro).

Die Nachfrage aus Deutschland ist groß: „In den vergangenen zwei Jahren ist die Nachfrage nach unseren Reisen in den Iran regelrecht explodiert“, sagt SKR-Chef Thomas Müller. Das Angebot sei daher ausgebaut worden. „Derzeit bieten wir acht unterschiedliche Reisen an insgesamt 200 Terminen in den Iran an.“ Urlauber, die es gern etwas luxuriöser mögen, sollten sich im Klaren darüber sein, dass iranische Hotels zwar sauber sind, aber nicht westlichen Kategorien entsprechen.

Kleiderordnung
Frauen müssen ein Kopftuch tragen. Außerdem sollten die Arme und Beine bedeckt und keine Körperformen erkennbar sein. Bei Männern sind keine kurzen oder enge Hosen erlaubt.