Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel unterstützt Pläne für Waffenlieferungen in den Irak. Foto: dpa

Die SPD-Spitze und ihre Bundesminister beraten über den Kurs der nächsten Monate. Die Lage im Nordirak erzwingt eine unangenehme Entscheidung für die selbst erklärte Friedenspartei. Zugleich sorgt man sich ob der Umfragewerte: Hilft ein neuer Kurs der Mitte?

Die SPD-Spitze und ihre Bundesminister beraten über den Kurs der nächsten Monate. Die Lage im Nordirak erzwingt eine unangenehme Entscheidung für die selbst erklärte Friedenspartei. Zugleich sorgt man sich ob der Umfragewerte: Hilft ein neuer Kurs der Mitte?

Berlin - Die SPD-Spitze unterstützt mit Ausnahme des Vizevorsitzenden Ralf Stegner Waffenlieferungen in den Irak zur Bekämpfung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Das sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Samstag am Rande einer Klausur von Präsidium, Fraktionsspitze und SPD-Bundesministern in Berlin. „Das ist kein Paradigmenwechsel und kein Tabubruch“, sagte Gabriel. Priorität habe aber weiterhin humanitäre Hilfe für die Kurden. Bisher seien hierfür 24 Millionen Euro von Deutschland ausgegeben worden.

„Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich in meinem politischen Leben getroffen habe“, sagte Gabriel. Zugleich betonte er, direkte Militärhilfe werde es nicht geben. „Für die SPD ist absolut klar, es wird keinen Bundeswehreinsatz im Irak geben.“ Gabriel sprach von großer Barbarei der IS, es würden Sklavenmärkte entwickelt und Tausende Menschen ermordet. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht trotz Bedenken beim linken SPD-Flügel keine Alternative. „Natürlich sind Waffenlieferungen in Spannungsgebiete nur in allergrößten Ausnahmefällen möglich. Wir sind hier in einer Sondersituation.“

SPD-Vize Stegner vertrat die Ansicht, eine militärische Lösung sei Sache der USA. „Ich glaube, dass es gut ist, dass die USA Luftangriffe machen, wobei die USA auch dazu beigetragen haben, dass der irakische Zentralstaat nicht in der Lage ist, die Minderheiten zu schützen.“ Heraushalten und keine Waffen schicken sei nicht das Gleiche. „Meine Sorge ist, dass die Folgewirkung ist, dass wir heute Waffen liefern und morgen werden damit unschuldige Menschen erschossen.“ Deutschland leiste eine ganze Menge an Hilfe. „Wir dürfen die humanitäre Hilfe nicht geringschätzen.“

Wirtschaftspolitik der SPD stand auch im Fokus

Neben der Außenpolitik stand die Wirtschaftspolitik der SPD bei der Klausur im Fokus - die Partei sucht Rezepte, um die bei 25 Prozent stagnierenden Umfragewerte zu steigern. „Die SPD hat verstanden, dass wir eine Wirtschaftspolitik neuer Qualität für dieses Land brauchen“, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahmi der Deutschen Presse-Agentur. „Wir wollen die ersten sein, die Fragen von Aufstiegsmöglichkeiten und sozialer Gerechtigkeit mit einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum verbinden.“ Als Gäste waren hierzu der Präsident des Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, und der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, bei der Klausur dabei.

Gabriel kündigte mit Blick auf anstehende Vorhaben an, dass die geplante Mietpreisbremse nur im Wohnungsbestand, nicht für Neubauten gelten solle. „Wir haben vor allem in den Großstädten explodierende Mieten“, sagte der Bundeswirtschaftsminister und betonte: „Die Mietpreisbremse alleine bringt nichts. Wir müssen mehr Wohnungen bauen.“ Wegen der Umfragen sei er nicht nervös, viele Beschlüsse seien noch nicht bei den Bürgern angekommen.

Bisher lag der Fokus der SPD in der großen Koalition auf sozialen Projekten wie Rente mit 63 und 8,50 Euro Mindestlohn, aber die SPD profitierte bisher kaum davon. „Die Umfragewerte machen mich erst mal nicht nervös“, meinte Fahimi. Um wieder eine reale Perspektive zu bekommen, den Kanzler zu stellen, könnte die SPD versuchen, verstärkt in der Mitte um neue Wähler zu werben.

Im Wahlkampf hatte die SPD für einen höheren Spitzensteuersatz geworben. Parteichef Gabriel hat aber Steuererhöhungen vorerst eine Absage erteilt und zum Beispiel mit der Ökostrom-Reform der Industrie Rabatte von rund fünf Milliarden Euro im Jahr bei der Förderung von Wind- und Solarenergie gesichert.

Die Debatte war von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil angestoßen worden: Die SPD solle sich nicht nur für die Umverteilung, sondern auch die Erwirtschaftung des Bruttosozialprodukts verantwortlich fühlen, hatte Weil gefordert, um aus dem „20-Prozent-Turm“ herauskommen. Bei den Bundestagswahlen 2009 und 2013 hatte die SPD nur 23 beziehungsweise 25,7 Prozent bekommen.