Über das Internet gelangen Industriespione an Daten und andere wichtige Firmengeheimnisse – jetzt wollen sich auch Mittelständler in Deutschland besser schützen. Foto: Fotolia

Die Unternehmen in Deutschland sind wegen der Spähattacken alarmiert. Auch weil sie noch mehr Hackerangriffe befürchten, rüsten sie auf. Anbieter amerikanischer Sicherheitssoftware werden gemieden.

Stuttgart - Die Spähskandale ausländischer Geheimdienste haben für die deutsche Wirtschaft auch einen positiven Nebeneffekt: Viele Hersteller und Dienstleister von Sicherheitssoftware verzeichnen derzeit ein Auftragsplus im zweistelligen Bereich. Oliver Grün, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands IT-Mittelstand, prognostizierte gegenüber den Stuttgarter Nachrichten eine gewaltige Zunahme bei den Exporten deutscher Sicherheitsprodukte: „Die Deutschen haben den Ruf von Datenschutz-Päpsten“, sagte Grün dem Blatt. Die Spähskandale seien vermutlich erst die Spitze des Eisbergs: „Die Industriespionage ist viel weiter fortgeschritten ist, als wir es denken.“

Einzelne Unternehmen der Branche bestätigen den Trend bereits. „Die Spähprogramme waren für die deutschen Firmen ein Weckruf, jetzt werden noch rasch Budgets für die IT-Sicherheit freigeschaufelt“, sagte Sebastian Schreiber, Geschäftsführer des Tübinger Sicherheitsdienstleisters SySS, den Stuttgarter Nachrichten: „Wir haben ein Drittel mehr Aufträge.“ Derzeit würden viele Unternehmer von ausländischen zu deutschen Herstellern von Sicherheitssoftware wechseln. Hintergrund sind die Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Demnach hatte der amerikanische Geheimdienst uneingeschränkten Zugriff auf Daten großer US-Internetfirmen. Der Bochumer Virenschutzspezialist G-Data rechnet damit, dass allein durch den Wechsel die Zahl der Unternehmenskunden um mindestens zehn Prozent steigen wird. „IT-Sicherheit made in Germany erhält derzeit einen anderen Stellenwert“, sagte Sprecher Thorsten Urbanski.

Laut einer Studie des Sicherheitsberaters Corporate Trust entsteht der deutschen Wirtschaft durch Industriespionage jährlich ein Schaden von 4,2 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen ist demnach bereits Opfer von Industriespionage geworden. Die Dunkelziffern dürften aber weitaus höher sein.