Der britische Schauspieler Robert Pattinson spielt in „Good Time“ den Kleinkriminellen Connie Nikas. Foto: dpa

Für „Good Time“ hat Robert Pattinson monatelang ­ inkognito in New York gelebt. Im Interview erzählt er,was er dabei gelernt hat.

Berlin - Als bleicher Edel-Blutsauger Edward Cullen wurde Robert Pattinson weltberühmt. Seitdem ist er bemüht zu beweisen, dass er mehr kann, als nur gut auszusehen. In dem Film „Good Time“, der in den Kinos angelaufen ist, spielt der 31-Jährige einen knallharten Kleinkriminellen, der in New York mit seinem Bruder Banken ausraubt. Und auf den Filmfestspielen in Cannes waren sich sämtliche Kritiker einig: Das ist die beste Rolle, die Robert Pattinson bisher gespielt hat.

Wie erfindet man sich als Schauspieler neu?
Gute Frage. Viele Schauspieler versuchen das radikale Gegenteil von dem zu spielen, womit sie bekannt geworden sind. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass man dann in solchen Rollen auch überzeugend wirkt. Ich glaube, letztendlich hat es damit zu tun, einen Regisseur zu finden, dem man vertraut, dem man sich öffnet, um eine ganz andere Seite von einem zu zeigen. Und mit den Regiebrüdern Bennie und Josh Safdie hatte ich so eine Vertrauensbasis gefunden.
Und deshalb wirken Sie als Bankräuber so überzeugend?
Vielleicht ist das meine eigentliche Bestimmung: Banken auszurauben (lacht). Ich bin ein großer Fan von Gangsterfilmen wie „Heat“. Und ich wollte unbedingt einmal etwas in dieser Richtung spielen. Ich hatte lange Zeit, mich auf diese Rolle vorzubereiten. Zu Beginn gab es noch nicht einmal ein Drehbuch. Die Dreharbeiten verzögerten sich dann um ein paar Monate. Und in dieser Zeit habe ich mir dann erst einmal die Lebensgeschichte dieses Mannes ausgedacht und zwei Monate unerkannt in New York gelebt, wo der Film spielt. Das war ein unerwarteter Luxus, den man sonst als Schauspieler nicht unbedingt hat.
Wie leben Sie irgendwo unerkannt?
Ich war auch sehr skeptisch, ob das funktioniert. Und ich hatte ständig Sorge, enttarnt zu werden und damit die ganzen Dreharbeiten zu ruinieren. Wenn einen die Paparazzi erst einmal im Visier haben und dein Apartment belagern, wirst du sie nie wieder los. Wir wollten ja den ganzen Film undercover drehen. Für viele Szenen hatten wir gar keine Drehgenehmigung. Aber es ist faszinierend. Ich habe bestimmte Techniken entwickelt, um nicht erkannt zu werden.
Wie funktioniert das?
Indem man zum Beispiel den Blick auf den Boden senkt. Ich habe auch Sweatshirts mit großen Kapuzen getragen. Und wir haben mit Make-up gearbeitet. Wir haben meine Haut unreiner geschminkt. Es hat funktioniert. Und als dann die Dreharbeiten begannen, war ich fast vollständig in seine Haut geschlüpft.
Wie sind Sie mit dem Druck und den Erwartungen umgegangen, die seit dem Ende der „Twilight“-Saga auf Ihnen lasten?
Ich will das jetzt nicht dramatischer machen, als es war. Aber natürlich haben nach „Twilight“ alle beobachtet, ob ich mich als Schauspieler neu erfinden kann. Und wahrscheinlich waren da viele überkritisch. Ich habe mich diesmal einfach von meinem Instinkt und der Energie dieses Projektes leiten lassen. Und das hatte eindeutig etwas Befreiendes. Ich habe nach etwas Echtem, Wahrem gesucht. Und dieser Film fühlte sich richtig an. Wenn ich mich in einer Rolle nicht gut fühle, ziehe ich mich komplett zurück und verweigere mich. Diesen Fehler wollte ich nicht noch einmal machen. Deswegen habe ich alles auf eine Karte gesetzt und etwas völlig Neues ausprobiert.
Kommt Ihnen Ihre Zeit als Vampir heute vor wie ein anderes Leben?
Es war, als ob ich in zwei Parallelwelten gelebt habe. Denn ich hatte so gar keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich wollte nie ein Star werden, dem die Fans zujubeln. Mir ging es immer darum, ein guter Schauspieler zu werden. Wann immer wir diese verrückten Premieren erlebt haben, mit den kreischenden Mädchen, hatte ich das Gefühl, dass dieser Teil meiner Arbeit überhaupt nichts mit meiner eigentlichen Welt zu tun hat. Ich erinnere mich noch, wie wir auf einer Promotion-Tour vor 30 000 Zuschauern im Münchner Olympiastadion auf die Bühne gegangen sind und Fragen aus dem Publikum beantworten sollten. Das war wie ein Popkonzert.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Ich stand neben mir, weil ich es gar nicht fassen konnte. Es fühlte sich völlig verrückt und surreal an. Aber ich muss sagen, ich bin eigentlich ganz froh, dass die Reaktion auf „Twilight“ so extrem war. Denn so hatte ich immer das Gefühl, es ist nicht real. Und so ist es mir nie zu Kopf gestiegen. Mit Mitte zwanzig habe ich verzweifelt darum gekämpft, mein Leben wie vor „Twilight“ weiterzuführen. Aber dann habe ich begriffen: Das ist gar nicht möglich. Also habe ich einfach losgelassen. Eine gute Entscheidung.
Ihr Leben kommt Ihnen heute realer vor?
Eigentlich nicht (lacht). Ich habe schon als Kind Filme geliebt. Aber ich konnte mir nie vorstellen, Schauspieler zu werden. Deswegen muss ich mich bis heute immer wieder mal kneifen, um sicher zu sein, dass nicht alles ein genialer Traum ist.