Dieter Bofinger verabschiedet sich von der Friedenskirchengemeinde Foto: Fatma Tetik

Zwölf Jahre lang war Dieter Bofinger Gemeindepfarrer der evangelischen Friedenskirche im Stadtbezirk Ost. Im Interview erzählt der 65-jährige Theologe, wie er seine Zeit in Stuttgart erlebt hat.

S-Ost –       - - Zwölf Jahre lang war Dieter Bofinger Gemeindepfarrer der evangelischen Friedenskirche im Stadtbezirk Ost. Im Interview erzählt der 65-Jährige, wie er seine Zeit in Stuttgart erlebt hat. - Zwölf Jahre lang war Dieter Bofinger Gemeindepfarrer der evangelischen Friedenskirche im Stadtbezirk Ost. Im Interview erzählt der 65-Jährige, wie er seine Zeit in Stuttgart erlebt hat.
Herr Bofinger, Sie sind 2004 vom beschaulichen Wendlingen nach Stuttgart gekommen. Was war der Grund für den Wechsel?
Ich wollte etwas Neues wagen und eine großstädtische Situation erleben. Ich bin gebürtiger Stuttgarter. Ich hatte also ungefähr geahnt, was auf mich zukommt. Aber die ersten Wochen waren dennoch ein Schock.
Weshalb?
In Wendlingen hatte ich eine sehr gut funktionierende Gemeinde. Die Gottesdienste waren gut gefüllt. Ich habe pro Jahr etwa 30 Konfirmanden gehabt, die Kinderkirche und die Seniorenkreise waren voll besetzt. Als ich an die Friedenskirche gekommen bin, hatte ich maximal vier Konfirmanden. In manchen Jahren sogar gar keine. In der Kinderkirche waren am Sonntag meist nur zwei Kinder. Im Seniorenkreis saßen etwa zehn Menschen. Und in den Gottesdiensten herrschte gähnende Leere.
Woran könnte das Ihrer Ansicht nach gelegen haben?
Das ist zum einen dem demografischen Wandel geschuldet. Es gibt in unserer Gemeinde viel zu wenig Jugendliche. Wir haben hier auch einen hohen Ausländeranteil, der nicht christlich ist. Generell ist die Kirche in Stuttgart zudem viel angebotsorientierter als in kleinstädtischen Gemeinden wie Wendlingen. Die Leute gehen deshalb gezielt dorthin, wo sie das bessere Angebot für sich finden und binden sich ungern an eine einzige Kirchengemeinde. Und da die Kirchen nah beieinander liegen, kann man sie auch gut erreichen.
Eine klassische Konkurrenzsituation.
Richtig, und das auf engstem Raum. Auf diese Situation musste ich mich erst einstellen. Die Kirche in Stuttgart ist kein Selbstläufer gewesen. Es war eine bleibende Anstrengung, die Menschen in die Kirche zu holen.
Was haben Sie unternommen, um die bestehenden Probleme zu bekämpfen?
Ich habe interessante und anspruchsvolle Veranstaltungen ins Haus geholt. Die Sommerpredigten mit prominenten Rednern kommen nach wie vor sehr gut an. Die Seniorentreffs sind nicht mehr einfach strukturiert, sondern beinhalten auch komplexere Themen, für die sich die Menschen interessieren. Die Kinderkirche findet jetzt freitags statt sonntags statt und es kommen regelmäßig etwa 15 Kinder und Jugendliche. Seit März 2015 haben wir das Gospelhaus im Angebot. Ein Jahr nach meiner Übernahme habe ich zudem den Abendgottesdienst eingeführt. Seither kommen bis zu 130 Personen. Sonntags sind aber nach wie vor viel zu wenig Menschen in der großen Kirche. Das ist leider so geblieben.
Gibt es etwas, das Sie nicht umsetzen konnten?
Ich finde es schade, dass es mit der engeren Zusammenarbeit beziehungsweise mit der Fusionierung der Friedenskirchengemeinde mit den Gemeinden der Lukas- und Heilandskirche nicht geklappt hat. Aus meiner Sicht macht es auf Dauer keinen Sinn, wenn jede Gemeinde etwas vor sich hinwerkelt.
Woran ist das gescheitert?
Es gab Befürchtungen, dass die Gemeinden durch eine Zusammenlegung die eigene Identität verlieren und die einzelnen Standorte darunter leiden könnten.