Alles, nur keine Luftnummer: Topas mit seinem Erstlingswerk Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Thomas „Topas“ Fröschle ist ein Magier von Weltformat und wunderbarer Comedian. Mit dem heiteren Band „Jungfrau gesucht, Säge vorhanden“ hat der Unterhalter nun gezeigt, dass er auch ein Händchen fürs Schreiben hat.

Stuttgart - Topas, geht es Ihnen jetzt besser?
Nachdem ich das Buch geschrieben habe?
Genau.
Ein bisschen mit Therapie hatte das schon auch zu tun. Das Leben zieht an einem vorbei, da ist es nicht schlecht, wenn man gezwungen ist, sich hinzusetzen und Dinge aufzuschreiben.
Sie erzählen detailliert Geschichten aus Ihrem Magier-Dasein. Führen Sie Tagebuch?
Nein, ich habe mit alten Weggefährten darüber gesprochen. Vor zwei Jahren hat mich meine Komikerkollegin Käthe Lachmann gefragt, ob ich nicht ein Buch schreiben wolle. Also habe ich mir überlegt, was am lustigsten war. Es gibt auch furchtbare Geschichten, aber die habe ich nicht aufgeschrieben. Comedians schreiben Bücher, Zauberer eher nicht.
Weil sie nichts verraten wollen?
Wenn überhaupt, dann machen Magier Ratschlagbücher: Wie durchschaue ich dich? Wie kann ich deine Körpersprache lesen? So Esoterik-Sachen sind mir suspekt.
Zauberertreffen bezeichnen Sie im Buch als „Eldorado der Egos“. Mit solchen Formulierungen macht man sich nicht nur Freunde?
Bisher hat mir noch keiner mit einem dicken Metallzauberstab eine drübergezogen. Die Reaktion meiner Kollegen ist positiv, wohl, weil sie denken: Mich meint er nicht.
Wenn Sie behaupten „Ganz sauber sind die alle nicht“, schließen Sie sich mit ein.
Man kann nur das Nest beschmutzen, wenn man sich selbst nicht ausnimmt. Ich schreibe auch, dass Magier selbstverliebt seien und komische Jacketts tragen würde. Wer wie ich anfangs in einem schreiend-blauen Jackett aufgetreten ist, darf das. Dem nimmt man das nicht übel.
In „Jungfrau gesucht, Säge vorhanden“ geht es nicht nur um lustige Anekdoten, sondern auch um den Typus des Zauberers.
Das mag mit meinem Komikerjob zusammenhängen. Der ermöglichte es mir, mit Distanz auf die Zauberei zu schauen und mich zu fragen: Was sind wir Magier für ein Menschenschlag?
Dass Zaubern und Komik zwei Paar Schuhe sind, sieht man an Ihnen: Als Magier sind Sie Topas, als Comedian Thomas Fröschle.
Weil es unterschiedliche Rollen sind. Magier arbeiten gern mit Künstlernamen. David Copperfield heißt im echten Leben David Seth Kotkin. Aber ich glaube, das wurmt ihn, weil er denkt: Wenn die Leute später David Copperfield googeln, steht da nur, dass es sich um eine Figur von Charles Dickens gehandelt hat. So Gedanken kommen einem als Superstar auf der eigenen Insel.
Bei allem Witz – Ihre Typologie des Zauberers scheint ernst gemeint zu sein.
Das ist sie. Obwohl beim Schreiben auch der Komiker die Hand geführt hat: Ich mag die Magie und viele meiner verrückten Kollegen. Grundsätzlich unterscheide ich zwei Typen. Die einen ziehen ihre Motivation daraus, dass sie es genießen, wenn sie etwas nicht verstehen. Die anderen genießen es, dass sie etwas wissen, was ein anderer nicht weiß.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Zauberer viel mit sich selbst beschäftigt.
Das gilt für Schauspieler und Opernsänger genauso. Das alles sind Künstler, die durch Üben viel Zeit mit sich selbst verbringen. Was mich beim Zauberer besonders interessiert, ist: Warum landet einer, der einen Zauberkasten geschenkt bekam, bei der Magie? Warum lernt er nicht Gitarre spielen, was sexuell besser verwertbar ist.
Warum blieben Sie beim Zauberkasten?
Vielleicht, weil Zaubern an sich interessant ist. Egal, wie du einen Trick vorführst, es ist immer ein Trick. Oder wie die Amerikaner sagen: Even a bad miracle is a good miracle. Frei übersetzt: Auch ein schlecht vorgeführter Trick funktioniert. Das verführt natürlich dazu, einen Trick schludrig zu zeigen, anstatt ihn zu interpretieren.
Sie schreiben: „Ein Zauberer hat etwas zu verbergen, ein Komiker gibt etwas preis.“
Das ist so – und schlägt sich in der Beziehung zum Publikum nieder. Ein Magier zeigt Dinge, von denen sein Publikum nicht weiß, wie sie funktionieren. Das schafft Distanz. Im Unterschied zu den Mentalisten sage ich: „Das sind nur Tricks.“ Ein guter Zauberer verhandelt immer etwas Relevantes. Wenn jemand zersägt und wiederhergestellt wird, bedient das die Sehnsucht nach Unverwundbarkeit und Wiederauferstehung. Schweben ist der Traum vom Fliegen. Der Magier beflügelt die Fantasie.
Und der Komiker?
Der geht mit den Unzulänglichkeiten der Welt um. Er beschreibt, zumindest wie ich das mache, die Welt, wie sie ist, und schlägt vor: Leute, wir müssen drüber lachen. Insofern ist der Komiker näher am Leben und am Publikum als der Zauberer. Das merkt man daran, dass Komiker wie Popstars gehandelt werden. Jeder kann drei Lieblingskomiker aufzählen. Bei Lieblingsmagiern wird es schwieriger. Das haben Zauberer mit anderen Varietékünstlern gemein. Du gehst ins Varieté, um Genres zu sehen. Natürlich sind die Menschen beeindruckt, wenn einer auf einer Hand hüpft. Nähe schafft das nicht.
Wurden Sie Komiker, weil Sie Popstar werden wollten?
Nein, weil ich Stand-up-Comedy liebe. Und weil mir Kollegen sagten: „Wir haben das Gefühl, du bist eine Krawallschachtel. Jetzt lass den Zauberkasten mal im Keller, und geh so raus auf die Bühne.“ Der Schritt war hart, denn als Zauberer kannst du dich immer auch hinter deinem Apparat verstecken. Wenn du aber einmal auf der Bühne mit einem eigenen Text Lacher erzielt hast, ist das was Besonderes. Man kann aus Höflichkeit applaudieren. Aber keiner lacht aus Höflichkeit. Lachen ist immer Affekt und deshalb grundehrlich.
Ist mit dem Buch der Zauber vorbei?
Nein, ich zaubere weiter. Man kann es sich nicht aussuchen. Du kannst nur die Dinge machen, die dich begeistern. Und da gehört die Zauberei bei mir nach wie vor dazu.
Gibt es einen Trick, mit dem Sie gern abtreten würden?
Tommy Cooper, ein britischer Zauberkünstler und Komiker, starb bei einer Live-Show im Fernsehen. Er bekam einen Herzschlag, fiel um, der Vorhang ging runter. Meine Idealvorstellung von Abgang ist das nicht.
Ich meinte eher einen gigantischen Trick, nach dem nichts mehr kommen kann.
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Mein Ideal ist nicht ein einzelner Trick, sondern ein komplettes Programm, bei dem das Publikum hin und weg ist.

Am Sonntag, 14. Dezember, liest Topas Renitenz-Theater aus seinem neuen Buch. Die neue Zauber-Show „Magic Countdown“ von Topas und Roxanne hat am 4. Dezember im Theaterhaus Premiere.