Javier Bardem in der Rolle des untoten Kapitäns Armando Salazar Foto:Verleih Foto:  

Der Schauspieler Javier Bardem über Kino, Spitznamen und seinen neuen Film „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache“.

Dass Javier Bardem Schauspieler werden würde, war eigentlich absehbar. Schon seine Großeltern standen auf der Bühne, dann die Mutter. Schauspielerei ist bei den Bardems ein Familiengeschäft. In den vergangenen Jahren war der ehemalige Rugbyspieler immer wieder als Schurke zu sehen – wie auch in „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache“, der diese Woche in den Kinos startet.

Herr Bardem, in Filmen wie „No Country For Old Men“ machen Sie den Zuschauern Angst. Wie kann ein so sanfter Mensch vor der Kamera so bösartig sein?
Gute Frage. Ich selbst finde mich ja nicht gruselig. Viele Zuschauer haben mir erzählt, sie hätten sich in „No Country For Old Men“ vor mir gefürchtet. Und ich habe das gar nicht verstanden. Wahrscheinlich liegt es an meinem Gesicht. Man hat mir mal gesagt, ich sehe nicht besonders freundlich aus. Und irgendwie sehen Regisseure und Produzenten in mir häufig den Schurken. Es liegt wohl auch daran, dass ich gerne Schurken spiele. Das sind die dankbareren Rollen, da kann ich so wunderbar bis an die Grenzen gehen und mich ausprobieren. Ein Schurke kann komisch sein, man kann ihn auch bewundern, obwohl man ihn fürchtet. Da ist einfach viel mehr Raum.
Warum spielen Sie so gerne?
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen kann ich so mein inneres Kind am Leben erhalten. Mein inneres Kind ist immer präsent, wenn ich eine Rolle spiele. Es kennt keine Vergangenheit, keine Zukunft, es lebt ganz in diesem Moment. Dieses innere Kind existiert ja noch in jedem von uns, und es will Aufmerksamkeit. In der Regel vergessen wir es aber, hören nicht auf unsere Intuition. Das innere Kind regiert unser Unterbewusstsein. Es muss gepflegt werden. Aber das verlernen wir als Erwachsene immer mehr. Wenn ich eine Rolle spiele, bin ich wieder ganz dieses experimentierfreudige Kind. Und das ist sehr gesund.
Piraten symbolisieren ein Leben jenseits von Regeln und Gesetzen. Wie weit können Sie sich damit identifizieren?
Ich glaube, es ist wichtig, rebellisch zu bleiben. Nicht aus Prinzip, man muss natürlich einen guten Grund haben. Aber leider existieren aktuell viele Gründe, um rebellisch zu sein. Denn viele Regeln, nach denen wir leben sollen, werden von Menschen gemacht, die ich nicht für wirklich fit halte, um uns zu vorzuschreiben, was wir tun sollen. Menschen, die emotional und ökonomisch korrupt sind. Dagegen müssen wir uns wehren. Piraten sind vielleicht nicht das beste Beispiel für einen alternativen Lebensentwurf, weil sie auch Mörder und Räuber waren. Aber sie gehörten keiner Gruppe an und machten, was sie für richtig hielten. Das hat etwas Faszinierendes.
Man hat Sie bei Dreharbeiten einmal die „Spanische Ballerina“ getauft. Wie haben Sie sich diesen Spitznamen verdient?
Das war bei „No Country For Old Men“. Ich hasse Schusswaffen und hatte auch keine Erfahrung damit. Das wollte ich aus Prinzip nie. Wie Sie wissen, musste ich nun in diesem Film besonders viel schießen. Als man mir also das erste Gewehr in die Hand drückte, wusste ich nicht einmal, wie ich es halten muss. Sobald ich in einer Szene geschossen hatte, habe ich die Waffe sofort den Stuntmännern zurückgegeben und gesagt: Ich will diese Scheißdinger nicht in den Händen halten. Das fanden die Amerikaner urkomisch, besonders deswegen, weil ich ja diesen grausamen Typen spielen musste. Und irgendwann hieß ich nur noch die „Spanische Ballerina“, weil ich mich ihrer Meinung nach so mädchenhaft angestellt habe.
Können Sie im Kino die Realität für zwei Stunden vergessen, oder sind Sie da dann doch zu sehr Profi?
Ich arbeite in der Filmindustrie und weiß, wie Filme gemacht werden. Trotzdem bin ich immer Filmfan geblieben. Kino war für mich immer eine große Sache, wenn ich aus dem Alltag in eine Parallelwelt aussteigen wollte. Im Moment sind ja TV-Serien sehr in Mode. Aber da bin ich nicht eingestiegen. Denn ich gehe gern in ein klassisches Filmtheater, wie man sie früher so schön nannte. Ich kann den Alltag aber auch beim Lesen vergessen. Ein gutes Buch lässt mich alles um mich herum vergessen. Mit zwei Kindern habe ich aber nur noch sehr selten die Zeit. Dazu brauche ich Stille und die existiert in meinem Leben im Moment einfach nicht.
Was lesen Sie am liebsten?
Romane. Aber nicht, wenn darin zu viel Fiktion vorkommt. Ich mag Geschichten über echte Menschen mit echten Problemen. In Filmen ist es komischerweise ganz anders. Da macht mir auch ein Film wie „Pirats of the Caribbean“ Spaß. Da setze ich mich ins Kino und bin wieder ganz Kind.
Hätten Sie als Pirat lange überlebt?
Das bezweifle ich stark. Ich wäre der schlechteste Pirat aller Zeiten gewesen. Mir fehlt jegliche Qualifikation. Ich bin ungeschickt. Ich habe keine Ahnung, wie man effektiv mit dem Schwert kämpft.
Auf der Leinwand sieht es aber ganz gut aus.
Das musste ich mühsam lernen. Und glauben Sie mir, es hat eine Weile gedauert. Ich könnte Rum trinken, wenn das als Qualifikation für ein Leben als Pirat zählt. Das würde ich gut hinkriegen.