Die „James-Bond“-Gespielin Eva Green steht im neuen Film von Tim Burton als ziemlich skurrile Waisenhaus-Leiterin vor der Kamera. Foto: AP

Eva Green verkörpert immer wieder düstere, geheimnisvolle und verführerische Figuren. Auch in Tim Burtons „Die Insel der besonderen Kinder“ ist die 36-jährige Pariserin wieder eine alles andere als durchschnittliche Frau. In London stand sie Patrick Heidmann Rede und Antwort.

London - 13 Jahre ist es her, dass Eva Green – Tochter einer französischen Schauspielerin und eines schwedischen Zahnarztes – mit Bernardo Bertoluccis kontrovers-offenherziger Dreiecksgeschichte „Die Träumer“ erstmals für weltweites Aufsehen sorgte. Seither spielt sie immer wieder düstere, geheimnisvolle und ebenso starke wie verführerische Frauen, ob in „Casino Royale“, „300: Rise of an Empire“ oder der Fernsehserie „Penny Dreadful“. Auch in Tim Burtons „Die Insel der besonderen Kinder“ ist die 36-jährige Pariserin wieder eine alles andere als durchschnittliche Frau. In London stand sie uns Rede und Antwort.

Miss Green, nach „Dark Shadows“ ist „Die Insel der besonderen Kinder“ schon Ihr zweiter Film mit Tim Burton. Was verbindet Sie beide?
Ich war schon ein Fan von Tims Filmen lange bevor ich mit ihm gearbeitet habe. „Edward mit den Scherenhänden“ ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme, „Beetlejuice“ ebenfalls. Als er mir vor einigen Jahren die Rolle in „Dark Shadows“ gab – und das sogar, ohne dass ich vorsprechen musste – konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Als wir uns das erste Mal trafen, gewitterte es draußen und man hörte ständig den Donner. Das fand ich irgendwie ausgesprochen passend.
Ein Zeichen!
Genau das dachte ich auch. Auf jeden Fall würde ich für Tim immer wieder vor der Kamera stehen, ganz gleich was und wie viel er mir zu tun gibt. Er ist derart ungewöhnlich und wundervoll. Außerdem spielt man bei ihm Rollen, die man in anderen Filmen nie spielen würde. Seine Vision ist einfach einzigartig und auf tolle Weise verrückt.
Sie haben das gerade so betont, dass Sie bei Burton nicht vorsprechen mussten. Müssen Sie das sonst noch häufig?
Sagen wir es mal so: ich versuche es zu vermeiden wo ich nur kann. Ich habe schon Rollen abgesagt, weil man wollte, dass ich vorspreche. Einfach weil ich es hasse, vermutlich weil ich in der Regel kein sonderlich optimistischer Mensch bin. Natürlich konnte ich mir diesen Luxus früher nicht erlauben, da war ich bei hunderten Castings. Aber Sie glauben gar nicht, wie frustrierend es ist, wenn man vorspielt und genau merkt, dass sie längst wissen, wen sie für die Rolle haben wollen. Man ist so häufig einfach nur eine weitere Person, die sie sich ansehen, um sich am Ende nicht vorwerfen lassen zu müssen, sie hätten nicht ausführlich genug gesucht. Was aber natürlich nicht vor der Enttäuschung schützt. Fast immer sind solche Castings nur Machtspiele und deswegen mache ich diesen Stress möglichst nicht mehr mit.
Um einmal auf den Titel „Die Insel der besonderen Kinder“ anzuspielen: was ist Ihre herausstechende Besonderheit?
Vermutlich meine Schüchternheit. Vor allem als Kind war ich fast schmerzhaft schüchtern. Alle anderen hatten große Freundeskreise und Cliquen, aber ich war vollkommen überfordert damit, mich irgendwie zu integrieren. Manchmal hatte ich beinahe das Gefühl, ich würde gar nicht am Leben teilhaben. Heute weiß ich, dass es gut ist, wenn man anders ist als die anderen. Wenn man sich selbst treu bleibt. Deswegen kann ich auch so viel mit der Botschaft unseres Films anfangen.
Die Schüchternheit haben Sie also inzwischen abgelegt?
So würde ich das nun auch nicht behaupten. Aber ich nehme es mir nicht mehr zu Herzen, was andere über mich denken. Mir wird zum Beispiel – von Leuten, die mich nicht sonderlich gut kennen – häufig gesagt, ich wirke unterkühlt und unherzlich. Das ist überhaupt nicht der Fall, weswegen ich früher nicht damit umgehen konnte, wenn irgendwer dieses falsche Bild von mir hatte und womöglich verbreitet hat. Heute ist mir das egal, denn ich habe gelernt, mir um mein Image keine Gedanken zu machen.
Diese Seite an Ihnen kennt der Zuschauer aus Ihren Rollen kaum. Sie sind doch eigentlich die taffste Frau, die das Kino seit einigen Jahren zu bieten hat. Ich denke an die James-Bond-Freundin in „Casino Royale“2006.
Meinen Sie? Es ist auf jeden Fall interessant, dass ich mir am Anfang meiner Karrie nie vorgenommen hatte, Actionheldin zu werden. Oder undurchschaubare Femme Fatale. Aber als Schauspieler ergreift man die Gelegenheiten beim Schopf, die sich bieten. Also anders gesagt: es hat sich halt so ergeben. Wobei ich auch zugeben muss, dass es sehr viel Spaß macht, starke Frauen zu spielen.
Haben Sie nicht manchmal die Befürchtung, dass Sie da auf einen bestimmten Typ Frau festgelegt sind und man Ihnen gar nichts anderes mehr zutraut?
Diese Gefahr sehe ich natürlich, da mache ich mir nichts vor. Wir wissen ja alle, wie die Filmbranche funktioniert. Ehe man sich versieht, steckt man in irgendeiner Schublade und kommt da nicht mehr raus. Aber ich tue mein Bestes und habe auch nicht den Eindruck, dass ich immer wieder das gleiche spiele. Selbst wenn die Frauen oft hart im Nehmen sind. Eine Waisenhausleiterin wie nun in „Die Insel der besonderen Kinder“ war zum Beispiel etwas ganz Neues für mich.
Und jenseits des Berufs? Haben Sie schon einmal erlebt, dass Männer Angst vor Ihnen hatten, weil sie Sie aus „300: Rise of an Empire“ oder „Penny Dreadful“ kannten?
Ach Quatsch. Zumindest habe ich es noch nicht mitbekommen. Eigentlich ist es eher andersherum. Wenn ich neue Leute kennen lerne, sagen die: wie, das ist alles? Weil sie sich wundern, dass ich gar nicht so fies und dominant bin, wie sie es im Kino gesehen haben.
Klingt also ganz so, als seien Sie tatsächlich mit dem Image der düsteren Gothic-Diva im Reinen.
Wenn ich mich daran stören würde, würde ich wahrscheinlich die ganze Zeit nur noch pinke Kleider tragen.
Statt dem üblichen Schwarz, in dem man Sie meistens sieht.
Ich mag die Farbe nun einmal sehr. Schwarz ist so schön unkompliziert. Da muss ich mir nicht so viele Gedanken machen, das passt immer. Wenn man mir deswegen ein bestimmtes Image anhängt, ist mir das ziemlich egal. Aber wenn es Sie beruhigt: meine Wohnung ist weder ein Gruselkabinett noch eine Folterkammer. Ich würde vielleicht nicht unbedingt sagen, dass ich vollkommen normal oder unkompliziert bin. Aber ich bin auch nicht durchgeknallter und seltsamer als andere Menschen. Und das dunkle Make-Up, das ich auf dem roten Teppich gerne trage, ist sicherlich nichts anderes als mein Schutzpanzer, hinter dem ich meine Schüchternheit verstecke.
Kommen Sie als schüchterne Europäerin mit der Glamourwelt von Hollywood überhaupt klar?
Als ich nach meinem ersten Film „Die Träumer“ vor zehn Jahren erstmals dort ankam, war ich auf jeden Fall ein wenig eingeschüchtert und überwältigt. Ich war ganz schön verunsichert davon, dass es dort immer darum geht, wer gerade die neuste heiße Newcomerin ist. Aber mit der Zeit habe ich schon gelernt, wie ich in diesem großen Spiel mitspielen kann.
Sie könnten auch einfach zurück in Ihre Heimat Frankreich kehren und dort arbeiten, oder?
Leichter gesagt als getan. Ich dort extra einen Agenten dort und würde wirklich wahnsinnig gerne mal wieder in Frankreich drehen. Aber irgendwie habe ich es Gefühl, dass die Leute dort glauben, ich sei bewusst aus Frankreich geflüchtet und würde dort gar nicht arbeiten wollen. Dabei ist wirklich das Gegenteil der Fall. Schon allein, weil Französisch meine Muttersprache ist und mir eigentlich leichter fällt als Englisch.