Mit Luftballons haben Aktivisten an die sexuelle Verfolgung Homosexueller erinnert. Verurteilte gelten bis heute als vorbestraft. Entschädigungen stehen aus. Foto: Lg/Achim Zweygarth

Auf der Abschlussparty der Queer Media Days soll es in einem Stuttgarter Club zu genau dem gekommen sein, wogegen sich die Veranstaltung stark macht: zu einem homophoben Vorfall. Türsteher sollen Gäste attackiert haben. Der Betreiber widerspricht der Darstellung.

Stuttgart - Die Abschlussparty der Queer Media Days von Studenten der Hochschule der Medien am vergangenen Donnerstag in einem Club in der Innenstadt könnte ein juristisches Nachspiel haben. Vier Partygäste, alle Mitte 20, haben laut Polizei Anzeige gegen einen Türsteher wegen Körperverletzung gestellt. Bisher ist nur die Seite der Geschädigten gehört worden. „Das ist noch nicht ausermittelt“, so ein Polizeisprecher.

Due Studentin kündigt eine Anzeige an

Was in der Nacht passiert ist, lässt sich noch nicht klar beurteilen. Eine Geschädigte und Mitorganisatorin der Queer Media Days – eine Veranstaltung für Akzeptanz von Homosexuellen und Transsexuellen und gegen Homophobie – berichtet gegenüber unserer Zeitung folgendes: Sie sei auf einer Bank eingeschlafen und gegen 3.15 Uhr von Tritten eines Türstehers aufgewacht. Der Mann habe sie gewaltsam hochgehoben und habe erst von ihr abgelassen, als er merkte, dass sie eine Frau sei. Freunde seien ihr zur Hilfe gekommen, so die 25-Jährige weiter. Sie seien gestoßen und schwulenfeindlich beschimpft worden. Ein vor Kurzem operierter Transsexueller sei unter den Geschädigten, er sei auf die operierte Brust geschubst worden. Direkt im Anschluss gingen die vier auf die Polizeiwache, dann aus Dokumentationsgründen ins Krankenhaus. Sie selbst habe Druckstellen an den Oberarmen und blaue Flecken an den Beinen. Die Studentin kündigt an, zu klagen.

Der Hauptorganisator der Queer Media Days, Philipp Lang, hat am Freitag von dem Vorfall gehört. „Das hat mich schon schockiert, ich hätte nicht gedacht, dass so etwas passieren kann und das ausgerechnet bei unserer Veranstaltung“, sagt Lang.

Betreiber verwahrt sich gegen Homophobie in seinem Club

Der Clubbetreiber stellt die Situation allerdings – nach Rücksprache mit den Türstehern des Abends und der Polizei – anders dar: „Es gab keine Körperverletzung“, sagt er. Zwei Gäste hätten in der VIP-Ecke geschlafen, andere Gäste hätten sich beschwert, weil sie sich dorthin setzen wollten. Die beiden seien geweckt worden. „Sie wurden weder verletzt, noch gab es Handgreiflichkeiten“, so der Betreiber. Laut den Aussagen der Türsteher seien die Frau und der Mann stark alkoholisiert gewesen. Der Betreiber verwahrt sich gegen Homophobie in seinem Club: „Wir sind völlig offen für jedermann, wir veranstalten auch Homosexuellen-Partys.“

In der Polizeiakte ist laut einem Sprecher nur von einem Türsteher die Rede. Es müsse noch ermittelt werden, um wen es sich handele. Dem Mann werde der Vorwurf übermittelt und die Möglichkeit gegeben, sich zu äußern. Schwulenfeindliche Beleidigungen seien nicht in der Akte vermerkt, so der Polizeisprecher.

Christoph Michl, der Geschäftsführer der IG Christopher Street Day, kennt den betroffenen Club als Heteroclub, in dem auch Schwulenpartys gefeiert würden. Für eine Bewertung des Vorfalls wisse er noch zu wenig. Generell höre er aber immer wieder von Angriffen von Türstehern. „Wenn jemand Aggressionen hat, brechen die alten Begrifflichkeiten hoch“, sagt Michl.

Am Dienstag stand er auf der Königstraße, um mit anderen Aktivisten am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie mit Luftballons daran zu erinnern, dass es in Deutschland bis heute keine Entschädigung für die Opfer staatlicher Verfolgung Homosexueller gegeben hat. Bis 1994 standen sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe, Verurteilte gelten bis heute als vorbestraft. Bei dem Vorfall im Club könnten die Homosexuellen die Justiz diesmal auf ihrer Seite wissen.