International geprägte Sprache Foto: dpa

Leserin Rosmarie Martin aus Winnenden erteilt uns folgende Schwäbisch-Lektion.

Leserin Rosmarie Martin aus Winnenden erteilt uns folgende Schwäbisch-Lektion. Sie beruft sich dabei auf ihre Großmutter aus Stuttgart-Untertürkheim:

"Statt Dienstag sagte sie nur Zaischtig, und der Donnerstag war der Dorschtig - wohl eine Erinnerung an die germanischen Gottheiten Ziu und Thor (englisch: tuesday/thursday). Auch Großmutters Wort für Gurke - Gugommer - lässt mich ans englische cucumber denken. War sie am Sonntag zu Besuch, hieß es für uns Kinder immer viel zu früh: ,Mir müaßet hoim zom Ziefer.' Dabei handelte es sich um die Nutztiere im Stall. Heute kennt man nur noch das Gegenteil von Geziefer, nämlich Ungeziefer. Viele kennen auch nicht mehr die Einzahl von Trümmer - der Schwabe aber sehr wohl: Ein etwas unproportioniert hochgeschossener Jüngling wird als langes Trom beschrieben.

Als Kinder hatten wir Balladden zum Spielen - vermutlich ein Lehnwort aus dem Französischen. Murmeln fällt mir jedenfalls nie zuerst ein. Dass unser kleiner Adelberger Klostersee heute noch Wette heißt, lässt mich wieder ans Englische denken: wet=nass. Das alte Fremdwort Spaß, das vom italienischen spassere stammt, wird nur noch von uns Schwaben korrekt, nämlich kurz, ausgesprochen. Es müsste also nach der Rechtschreibreform eigentlich Spass geschrieben werden.

Als Kinder hatten wir die Aufgabe, für Anzündholz zu sorgen. Aus Tannenscheiten machten wir bleistiftdünne Spächele. Dazu benützten wir die Pfoalhoab. Das war eine Art Buschmesser mit schwerer, breiter Klinge, die an der Spitze leicht nach unten gebogen war. Ein anderes Werkzeug, das von den meisten Schwaben heute nach der Schriftsprache Spaten genannt wird, ist für mich immer noch die Schor. Damit wird die Erde geschort, also Lehm abgespalten, aus dem dann zum Beispiel Ziegel für Schornsteine gebrannt werden. Dies wurde in Schorndorf ausgiebig gemacht, weshalb die Stadt auch eine Schor im Wappen führt."

Unsere Leserin hat noch viel mehr sprachliche Entdeckungen und Assoziationen auf Lager, wie sie selbst sagt. Was beweist, dass die germanisch-romanische Sprachfamilie eine sehr große ist - und Gemeinsamkeiten heute noch am ehesten im Dialekt auszumachen sind.

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