Flüchtlinge sollen mehr lernen, als die deutsche Sprache. Foto: dpa

Das Integrationsgesetz schafft neue Pflichten für Flüchtlinge und bietet ihnen neue Möglichkeiten. Ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen.

Meseberg - Wochenlang rangen Rote und Schwarze um das Integrationsgesetz. Es gab Überstunden, Nachtsitzungen, Koalitionsknatsch. Nun ist das Vorhaben beschlossen, und die Koalitionäre sprechen bei ihrer Klausur in Meseberg euphorisch von einem Meilenstein, während Kritiker das Ganze als populistische und fragwürdige Mogelpackung verschmähen. Ein Überblick über die Einzelheiten der neuen Regeln.

Arbeit Eine Arbeitsstelle gilt als „Kernpfeiler“ für die gesellschaftliche Integration. Um erste Erfahrungen zu sammeln, können Flüchtlinge sich gemeinnützig in und um Aufnahmeeinrichtungen engagieren. Geschaffen werden 100 000 solcher Arbeitsgelegenheiten. Wer eine Ausbildung aufnimmt, erhält früher als bisher begleitende Hilfen und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen.

Negative Auswirkungen

Die Vorrangprüfung wird für drei Jahre bei Asylbewerbern und Geduldeten ausgesetzt und damit auch die Tätigkeit in Leiharbeit ermöglicht. Bei der Vorrangprüfung wird geklärt, dass bei einer Stellenbesetzung mit einem ausländischen Bewerber kein bevorrechtigter Arbeitnehmer – das sind deutsche Staatsangehörige und Bürger eines EU-Staates – zur Verfügung steht. Um mögliche negative Auswirkungen in Regionen mit angespannter Arbeitsmarktlage zu vermeiden, sollen die Bundesländer selbst bestimmen, in welchen Arbeitsagenturbezirken die Regelung zum Tragen kommt.

Für Flüchtlinge, aber auch für die Arbeitgeber wird es in Zukunft mehr Rechtssicherheit geben. Der Aufenthaltsstatus von geduldeten Auszubildenden in schulischer und betrieblicher Ausbildung wird so geregelt, dass eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung gelten wird. Bei anschließender Beschäftigung in diesem Beruf wird ein Aufenthaltsrecht für zwei weitere Jahre erteilt. Wenn es keine direkte Anschlussbeschäftigung gibt, wird es für eine Dauer von sechs Monaten eine Duldung zur Arbeitsplatzsuche geben. Da viele Flüchtlinge die derzeit für diese Regelung gültige Altersgrenze von 21 Jahren überschreiten, wird diese komplett aufgehoben.

Integrationskurse Neben der Vermittlung der deutschen Sprache soll die sogenannte Wertevermittlung eine größere Bedeutung erhalten. Ihr bisheriger Anteil von 60 Unterrichtseinheiten wird auf 100 aufgestockt. Zudem werden die Wartezeiten bis zum Zustandekommen eines Integrationskurses von bisher drei Monaten auf sechs Wochen verkürzt. Kursträger werden verpflichtet, ihr Kursangebot und freie Kursplätze zu veröffentlichen.

Wohnsitzauflage Den Bundesländern wird mit der Wohnsitzauflage die Möglichkeit gegeben, die Verteilung von Schutzberechtigten besser zu steuern. Dadurch kann das Entstehen sozialer Brennpunkte vermieden werden. Dabei gilt, dass jeder Flüchtling, der eine Berufs- oder Hochschulausbildung oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt, von der Wohnsitzzuweisung ausgenommen wird. Konkret bedeutet dies für Beschäftigte, dass bei einem Einkommen von aktuell 712 Euro im Monat die Wohnsitzzuweisung nicht gilt.

Pflichten Die Teilnahme an Integrationskursen wird verpflichtend. Wer Kurse schwänzt, erhält weniger Geld. Als Grundsatz gilt: Wer sich beim Spracherwerb und der Integration in den Arbeitsmarkt anstrengt, soll etwas davon haben. Bereits nach drei Jahren wird Flüchtlingen eine Niederlassungserlaubnis erteilt, sofern sie die deutsche Sprache beherrschen und ihren Lebensunterhalt weit überwiegend sichern. Wer etwas länger dafür benötigt, erhält eine Niederlassungserlaubnis nach fünf Jahren, aber nur beim Nachweis von „hinreichend“ deutschen Sprachkenntnissen.