Der Trainer des Fußball-Kreisligisten ABV/TSV Stuttgart 07, Paul Wrensch. Foto: Pressefoto Baumann

Ein Stuttgarter Kreisligist integriert Flüchtlinge aktiv in den Verein. Viele von ihnen finden in dem kleinen Fußballverein Freunde und ein Gefühl der Verbundenheit. Das große Engagement stellte den Amateurclub jedoch auch vor große Probleme.

Stuttgart - So ganz funktioniert die Kommunikation auf dem Rasen noch immer nicht. Die einen dribbeln für sich, ein anderer läuft alleine seine Bahnen. Manche der Flüchtlinge haben noch Probleme zu verstehen, was Paul Wrensch ihnen gerade zuruft. „Am Anfang war es mit der Verständigung noch schwieriger“, erinnert sich der 29 Jahre alte Trainer des Fußball-Kreisligisten ABV/TSV Stuttgart 07. Dabei hat sich der kleine Amateurclub die teils schwierigen Trainingsbedingungen selbst ausgesucht. Seit ein paar Jahren engagiert sich die Spielgemeinschaft freiwillig in der Flüchtlingshilfe, rund zehn Menschen aus aller Welt sind mittlerweile fest im Verein integriert.

Einer von ihnen ist John Engamba, einer der besten und vor allem schnellsten Spieler der ersten Mannschaft. „Ich musste viel rennen in meinem Leben“, sagt der Kameruner mit zittriger Stimme über seine Flucht. 2005 war er über Nigeria und Niger nach Lybien geflüchtet, nachdem sein Vater und sein Bruder wegen des Streits um ein Stück Land von Vermummten verprügelt worden waren anschließend an den Verletzungen starben. In seiner neuen Heimat ging es ihm nach eigener Aussage sogar gut, bis Milizen ihn und seine Freundin im Bürgerkrieg 2014 entführten und die Frau vergewaltigten. Irgendwann schaffte es zumindest John, zu entkommen. Er strandete 2016 per Boot in Italien.

Die Spieler der Ersten und Zweiten Mannschaft des ABV kommen nicht nur aus Kamerun, sondern aus aus Nord- und Südamerika, Asien und anderen afrikanischen Ländern. „Wir sind ziemlich multikulturell aufgestellt“, sagt Wrensch. Doch gerade die Masse der neuen Spieler hatte den kleinen Club anfangs überfordert. Immer wieder kamen neuen Flüchtlinge aus einer benachbarten Erstaufnahme zum Training, manche von ihnen blieben, andere kamen unentschuldigt irgendwann gar nicht mehr vorbei. „Man wusste oft nicht, was Sache ist“, erinnert sich ABV-Abteilungsleiter Daniel Dick.

Ein weiteres Problem sei die Sprachbarriere gewesen

Ein weiteres Problem sei die Sprachbarriere gewesen. Mittlerweile hält Wrensch seine Ansprachen und Einzelgespräche auf Deutsch, in Ausnahmen aber auch auf Englisch. Der Trainer versucht die Flüchtlinge aus Afrika zum Lernen zu motivieren, etwa mit Apps für das Smartphone. „Ich habe uns eine Gruppe eingerichtet, damit ich sehen kann, wer wie vorankommt.“

Für das außergewöhnliche Engagement wurde der ABV in diesem Jahr von der Egidius-Braun-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit einer Prämie in Höhe von 500 Euro unterstützt. Im Wesentlichen sollen Vereine mit der Pauschale bei der Beschaffung von Sportmaterialien wie Bällen und Trikots unterstützt sowie beitragsfreie Mitgliedschaften ermöglicht werden, sagt der Geschäftsführer der Stiftung, Tobias Wrzesinski. Nach eigenen Angaben seien zwischen März 2015 und September 2017 rund 3270 Fußballvereine unterstützt worden.

Mit Blick auf die große Initiative des ABV ein Tropfen auf dem heißen Stein: Allein der Hauptvereinsbeitrag liegt bei etwa 80 Euro, je nach beruflichem Status kommt eine zusätzliche Gebühr hinzu. Durch die Prämie hätte der Verein somit nur wenig der anfallenden Kosten für die Flüchtlinge kompensieren können. Die Beiträge sollen aber erst im kommenden Jahr für manche der Flüchtlinge anfallen.

Aus Sicht von Wrensch sind diese vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten selbstverständlich. „Vereine müssten mehr tun für die Integration“, kritisiert er. Man könne sich entweder permanent über die schlechte Integration der Flüchtlinge hierzulande aufregen, ober eben etwas tun. „Du musst die Situation umdrehen“, sagt er.