Die Kinder hatten großen Spaß an ihrer Darbietung. Foto: Sophia Jedrzejczak

Die Ameisenbergschule hat im Kulturwerk Beispiele ihrer Arbeit präsentiert. An der Modelschule werden seit vier Jahren Kinder mit und ohne Behinderung uneingeschränkt zusammen unterrichtet.

S-Ost - Die Teilnehmer des inklusiven Projekts „Tanznest“ sitzen eng aneinander gedrängt und blicken angstvoll zu Boden. Die Wenigsten wagen es auch nur, hinter sich zu schauen, denn dort lauern zwei Löwen, die brüllend um ihre vermeintliche Beute tänzeln. Die Kinder zucken zusammen, wenn die großen Katzen fauchend zu nahe an sie herankommen. Doch dann nehmen die Sechs- bis Zehnjährigen Buben und Mädchen ihren Mut zusammen, denn mit vereinten Kräften können selbst Kinder den Raubtieren die Stirn bieten. Mit bunten, wehenden Tüchern beginnen sie ihren Löwentanz, um den Feind gemeinsam in die Flucht zu schlagen. Sie wirbeln über die Bühne des Kulturwerks Stuttgart, erwachen aus einem Feuerschlaf und erstehen wie der Phönix neu aus ihrer Asche, um gemeinsam die Flügel auszubreiten.

Die Verbindung zwischen Theater und Tanzkunst

Mit „Löwentanz und Feuervogel“ zeigen sie, was sie in den letzen Wochen gelernt haben. „Diese kleine Geschichte ist eine Verbindung aus Theater und Tanzkunst, mit selbsterfundenen Bewegungen der Kinder“, sagt Ismene Schell bei der Präsentationsveranstaltung der Ameisenbergschule. Sie ist die Leiterin des inklusiven Projekts Tanznest, das seit Februar vergangenen Jahres an der Grund-und Hauptschule in Stuttgart-Ost aktiv ist.

Zwölf Kinder mit und ohne Behinderung treffen sich wöchentlich, um mit Tanzpädagogen spielerisch und eben tanzend sich selbst und die anderen Teilnehmer besser kennen zu lernen. In Blöcken von acht bis zehn Wochen steht eine Richtung im Vordergrund. So arbeiteten bereits persische, südafrikanische und klassische Tänzer mit den Kindern zusammen. Der Stadtbezirk Stuttgart Ost sei wirklich ein Inklusionsstandort, sagt Ismene Schell erfreut. „Und an der Ameisenbergschule wurden uns die Türen sperrangelweit geöffnet.“

Der inklusive Schulunterrricht ist ein Erfolg

Das ist auch kein Wunder, denn an der Model-Grund-und Hauptschule werden seit dem Herbst 2011 Kinder mit und ohne Behinderung uneingeschränkt zusammen unterrichtet. „Die ersten gemeinsamen Gehversuche waren nicht einfach, doch uns ist die Inklusion gelungen“, sagt die Schulleiterin Katja Conzelmann. Um einen uneingeschränkten inklusiven Schulunterricht bieten zu können, musste die Schule Sozialpädagogen und junge Leute, die ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) absolvieren, einstellen. „Unser Kollegium ist größer und bunter geworden und ich erinnere mich an Sitzungen, in denen wir hart gekämpft haben“, berichtet Conzelmann.

Tierische Lieder vom Chor erfüllen den Saal

Seit dem sind vier Jahre vergangen und die ersten Kinder der inklusiven Klassen werden im September an neue Schulen kommen. „Diese Veranstaltung heute ist auch eine Art Abschied“, sagt die Schulleiterin. Von Trauer ist allerdings noch nichts zu spüren. Der Chor der Ameisenbergschule unter der Leitung von Verena Rößing hat zumindest die Lacher des Publikums auf ihrer Seite. Mit Sonnenbrillen und hawaiianischen Blumenketten um den Hals, singen die 60 jungen Stimmen vom Gorilla der Mambo tanzen kann, von rappenden Hühner, mit Mützen auf dem Kopf und von Wölfen, die lieber mal tagsüber raus wollen, statt nur des nachts den Mond anzuheulen.

„Alle Angebote an unserer Schule stehen jedem offen. Da werden keine Unterschiede gemacht“, sagt Katja Conzelmann. Der schuleigene Chor und das Projekt Tanznest der „Elterninitiative 46 Plus-Down-Sydrom“ und der Freien Bühne Stuttgart sind nur zwei Beispiele dafür.

Doch Inklusion wird an der Ameisenbergschule eigentlich bereits länger als vier Jahre gelebt. Schon davor integrierten Lehrer einzelne Schüler mit Behinderungen in den regulären Unterricht. So zum Beispiel ein Kind mit Down-Syndrom und ein anderes mit einem vorgeburtlichen Schlaganfall. „Das ging nur, weil die Lehrer Herzblut in ihre investiert haben“, sagt die Schulleiterin zufrieden.