In der Werkstatt an der Siedlerstraße 7 gibt es viel Werkzeug, aber zu wenig Arbeit. Foto: Alexandra Kratz

Die Initiative Schellack hat in den vergangenen Jahren viel Pech gehabt. Nun gibt es einen Silberstreif am Horizont. Doch um überleben zu können, braucht der Verein neue und vor allem mehr Aufträge.

Vaihingen - Ingo Hochmann ist keiner, der schnell aufgibt. Doch Ende vergangenen Jahres war er kurz davor. Alles schien aus dem Ruder zu laufen. Die SBR (Gemeinnützige Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration) hatte die Zuschüsse für die Initiative Schellack gekürzt. Lange Zeit bekam der Verein für jeden Minijobber eine Förderung von mehreren hundert Euro. Denn in der Garage an der Siedlerstraße 7 arbeiten ehemalige Drogenabhängige, die von ihrer Sucht loskommen wollen.

Doch dann strich der Bund die Zuschüsse für solche Förderprogramme zusammen. In der Folge förderte die SBR jeden Minijobber bei der Initiative Schellack nur noch mit 45 Euro. Das reicht bei Weitem nicht, um finanziell über die Runden zu kommen. Darum braucht die Initiative Schellack mehr denn je Aufträge. Der Verein restauriert alte Möbel und bringt sie mit dem Naturprodukt Schellack wieder auf Hochglanz. So verdient der Vorsitzende Ingo Hochmann sein Geld. Viel ist es freilich nicht. Aber nebenbei tut er Gutes, weil er anderen eine sinnvolle Beschäftigung, einen kleinen Zuverdienst und die Möglichkeit bietet, etwas zu lernen. Darum geht es Hochmann, das ist das Vereinsziel.

Kein Glück mit den Mietern

Doch die Aufträge sind rar. Das hat viele Gründe. Beispielsweise, dass der Verein eine Zeit lang telefonisch nicht erreichbar gewesen war, weil die Telekom den Anschluss abgeklemmt hatte. Ein möglicher Grund ist aber auch, dass es in dem Haus an der Siedlerstraße 7 in den vergangenen Monaten viel Ärger gab. „Ständig hatten wir die Polizei oder den Krankenwagen oder beide vor der Tür stehen. Es war furchtbar“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Inge Will. Denn nachdem der Verein kaum noch Zuschüsse von der SBR bekam, vermietete er zwei Zimmer. Freilich wollte der Verein wieder Gutes tun. Und so stellte er die Zimmer ehemaligen Drogenabhängigen zur Verfügung. Doch mit den Mietern hatte er kein Glück „Der eine war kriminell durch und durch, der andere noch immer Alkoholiker“, sagt Hochmann.

Monatelang traute sich Inge Will kaum noch aus ihrem Zimmer. Denn sie wohnt ebenfalls in dem Haus an der Siedlerstraße und musste mit ansehen, wie einer der Mieter Abend für Abend seine Kumpel mitbrachte und diese die Gemeinschaftsküche kurzerhand zu einer üblen Eckkneipe umfunktionierte. „Jeden Tag wurde ich angepöbelt und beleidigt. Ich hatte Angst“, sagt Will und wird immer noch wütend, wenn sie nur daran denkt. Mittlerweile ist der Verein die unliebsamen Mieter wieder los. Übrig geblieben sind zwei völlig verdreckte und verwahrloste Zimmer, und auch an vielen anderen Stellen im Haus haben sie ihre Spuren hinterlassen.

Vereinsmitglieder schöpfen neuen Mut

„Wir fangen wieder bei Null an“, sagt Will und schüttelt traurig den Kopf. Doch den Mut hat sie nicht verloren, genauso wenig wie Hochmann. Oder besser gesagt: die beiden haben neuen Mut geschöpft. Hochmann hat einen neuen Mitarbeiter gefunden. „Den Tilo hat der Himmel geschickt“, sagt der Vereinsvorsitzende. Er sei ein Mann der mitdenke und der verstanden habe, worum es dem Verein gehe. Der Gelobte sieht es andersrum: „Es macht mich glücklich, hier zu sein“, sagt er. Noch glücklicher wäre er freilich, wenn er auch von seiner Hände Arbeit leben könnte. „Das Ziel, reich zu werden, habe ich schon lange aufgegeben“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

So sieht das auch Ingo Hochmann. „Ich will mich nicht arbeitslos melden. Was habe ich denn dann noch?“, fragt er. Nein, er wolle für sein Geld arbeiten und den Verein wieder voranbringen. Er wolle sich wie der Baron von Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen.