Frank Nopper, Christian Lange und Sören Bartol (von links) werben am Bahnsteig für eine bessere Zuganbindung Backnangs. Foto: Stoppel

Der Oberbürgermeister Frank Nopper will gemeinsam mit zwei Bundespolitikern zwei tägliche Fernzugstopps in der Murrstadt erreichen. Ein Brief an den Bahnaufsichtrat soll nun helfen.

Backnang - In welchen Zustand der Zugverkehr auf der Murrbahn ist, davon konnten sich der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper und die beiden Bundespolitiker Christian Lange und Sören Bartol ein gutes Bild machen. Mitten im Pressetermin, den sie auf einen Backnanger Bahnsteig verlegt hatten, hielt ein Regionalzug mit Silberling-Waggons. Das ohrenbetäubende Quietschen ihrer Bremsen machte das Pressegespräch vorübergehend unmöglich. „Ja genau, so ist das“, sagte Bartol, der auch stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion ist. Frei übersetzt wird das heißen: Es ist kein guter Zustand, in welchen sich der Nahverkehr auf der Murrbahn befindet.

Mit ihrem Pressetermin, der direkt auf dem Bahnsteig abgehalten wurde, wolle man „Dampf machen“, wie es der Backnanger Oberbürgermeister formulierte: einerseits für einen IC-Halt in der Murrstadt, der auf einen Kompromiss zurückgeht, der bei einem Treffen im Stuttgarter Verkehrsministerium Ende Januar vereinbart worden ist. Der Staatssekretär Christian Lange wirbt nun in einem Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn für einen Modellversuch, bei welchem zwei Fernzüge täglich zwischen Stuttgart und Nürnberg über Backnang verkehren. Er unterstütze den Vorschlag und bitte den Bahn-Aufsichtsrat darum, darauf hinzuwirken, dass der IC auf der Murrbahn „zeitnah eine Chance bekommt“.

Keine Erklärung der Bahn

Dass es diese Chance gebe, sehe man schon daran, dass die Bahn vor knapp zwei Jahren eine Ankündigung gemacht hatte, eine IC-Linie im Zweistundentakt zwischen Zürich und Nürnberg regelmäßig über die Murrbahn verkehren zu lassen, sagte Frank Nopper. Bisher habe die Bahn keine Erklärung geliefert, warum sie letzten Sommer wieder davon abgerückt sei.

Es gebe bei der Bahn jedoch personelle Unterschiede zu jener Zeit vor rund zehn Jahren, als die Bahn die letzen überregionalen Fernzüge auf der Murrbahn gestrichen hat, sagt Sören Bartol, der eigentlich den Wahlkreis Marburg in Hessen vertritt, sich aber als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag auch für Verkehrsthemen einsetzt. Es habe bei dem Konzern einen Wechsel in der Führung der Fernverkehrssparte gegeben, sagte Bartol, es gebe jetzt Überlegungen zu einem „Deutschlandtakt“, der schnelles Umsteigen und nicht nur die rasantesten IC-Züge in den Vordergrund stelle. Zudem hoffe er auf etwas, was Bartol „eine kreative Lösung“ nannte: dass nämlich das Land die Fernverkehrszüge finanziell unterstütze. Das ist bis jetzt keinesfalls üblich, seit der Bahnreform 1994 muss die Bahn alle Fernzüge „eigenwirtschaftlich“ rechnen.

„Vordringlicher Bedarf“ gewünscht

Die zweite Hoffnung von Bartol, Lange und Nopper ruht darauf, dass der zweigleisige Ausbau der Murrbahn angeschoben werden soll – indem er im Bundesverkehrswegeplan vom „potenziellen“ zum „vordringlichen Bedarf“ erklärt werde, und damit auch eine Chance auf Realisierung habe. „Dass er noch nicht im vordringlichen Bedarf ist, liegt daran, dass keine Zahlen zum Bau vorliegen“, sagte Christian Lange. Im Rahmen des Bundesverkehrwegeplans wird das Projekt zurzeit bewertet – und die möglichen Kosten dabei festgestellt.

Dass allerdings mögliche IC-Züge auf der Murrbahn aus dem Landeshaushalt finanziert werden sollen, dazu gab es Mittwoch aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium keine Signale. Für den Fernverkehr sei nur der Bund zuständig, Nahverkehr und Fernverkehr seien „nicht kompatibel“.

Dass die Murrbahn nun gegen die Remsbahn antritt, diesen Eindruck wollten die drei Politiker am Dienstag vermeiden. In dem Brief werde auch ein zusätzlicher IC für die Remsbahn angeregt, sagte Christian Lange. „Wenn jede Raumschaft für sich fordert, verlieren an Ende beide.“

Faktencheck zur Murrbahn

Der Backnanger Oberbürgermeister erwähnte beim Pressetermin das Gerücht, der Versailler Vertrag habe 1919 verhindert, dass die Murrbahn zweigleisig ausgebaut worden sei. Demnach hätten die Siegermächte des Ersten Weltkriegs damit verhindern wollen, dass die Strecke als kriegswichtige Nachschublinie aufgewertet werde. Diese Darstellung findet sich zurzeit auch im Murrbahn-Eintrag der Internet-Enzyklopädie Wikipedia, jedoch ohne Beleg. Im eigentlichen Text des Versailler Vertrags sind weder die Murrbahn noch ein grundsätzliches Verbot des Ausbaus eingleisiger Bahnverbindungen erwähnt.

Zudem hat Frank Nopper am Dienstag betont, die Murrbahn sei die kürzeste Bahnverbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg. Das stimmt zwar – aber der Unterschied ist gering: Über die Murrbahn ist die Strecke rund 190 Kilometer lang, via Aalen über die Rems- und Jagstbahn sind es rund 203 Kilometer.