Immer mehr Privatanleger setzen auf Gold und blenden die Risiken der Anlageform aus.

Stuttgart - Immer mehr Privatanleger setzen auf Gold und blenden die Risiken dieser Anlageform aus. Der Preis für das gelbe Edelmetall kennt nicht nur eine Richtung, warnen Experten. Auch wenn das Ende des Höhenflugs beim Gold noch nicht abzusehen ist.

 Wer zu Beginn des Jahres auf Gold gesetzt hat, kann zufrieden sein. In den vergangenen zwölf Monaten ist das Edelmetall in US-Dollar um gut 25 Prozent teurer geworden. Aktuell kostet die Feinunze (31,1 Gramm) Gold rund 1375 Dollar. Der Preis dürfte noch eine gewisse Zeit weiter anziehen. "Der Anstieg wird aber nicht mehr so dynamisch sein wie in den vergangenen Quartalen", erwartet Chris-Oliver Schickentanz, der für die Kapitalmarktstrategie im Privatkundenbereich der Commerzbank verantwortlich ist. Der Goldpreis könnte 2011 bis auf 1600 Dollar steigen, prognostiziert Schickentanz. Viele Vermögensverwalter sehen das Edelmetall in ähnlicher Größenordnung.

"Der Goldkauf verleiht Anlegern ein Gefühl von Sicherheit", erklärt Rolf Kazmaier, Geschäftsführer der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart. Doch Gold sei nur bedingt ein sicherer Hafen. Kazmaier sieht Gold vielmehr als Anlageklasse wie Solaraktien auch. "Es dient zur Abrundung der Anlagestrategie." Gold sollte deshalb nur zwischen 5 und 10 Prozent des Vermögens ausmachen, so die Empfehlung von Experten.

Silber und Platin als Alternative

Wer jetzt noch kein Gold gekauft hat, der sollte beim derzeitigen Preis nicht einsteigen, rät Kazmaier. Als Alternative empfiehlt er, auf Silber auszuweichen. "Das ist noch nicht so überteuert." Silber gilt unter Börsianern als der kleine Bruder vom Gold. Das liegt nicht zuletzt am Preis. Denn eine Feinunze Silber ist erschwinglicher als Gold. Sie kostet derzeit keine 30 US-Dollar. Silber wird auch wesentlich weniger gehandelt als Gold. Dadurch gibt es allerdings höhere Preisausschläge.

Schickentanz rät dagegen Anlegern, die auf Rohstoffe setzen, über Platin nachzudenken. Platin ist, bezogen auf die jährliche Fördermenge, das seltenste unter den drei großen Edelmetallen. Derzeit liege der Preis für Platin etwa beim 1,2-Fachen des Goldpreises, rechnet Schickentanz vor. 2007 - vor der Finanz- und Wirtschaftskrise - habe Platin beim 1,8-Fachen gelegen. "Es gibt keinen Grund, weshalb sich das Preisverhältnis nicht wieder auf das 1,8-Fache zubewegen soll", meint der Banker.

Wer schon länger in Gold investiert ist, soll die Anlage weiterlaufen lassen, so die Empfehlung der Experten. Allerdings sollten Anleger auch mal einen Teil verkaufen und den Gewinn mitnehmen, sagt Kazmaier. Schließlich sei die Entwicklung des Goldpreises keine Einbahnstraße. Und da Gold keine Zinsen abwirft, können Anleger nur von Kurssteigerungen profitieren.Der größte Preistreiber bei Gold ist die große Sorge der Anleger vor Inflation. "Angesichts der steigenden Staatsverschuldung in den westlichen Ländern sehen die Bürger die Gefahr der Überschuldung", erklärt der Stuttgarter Vermögensverwalter.Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise vor zwei Jahren spülte die Geldpolitik - vor allem der US-Notenbank - großzügig Geld in die Finanzmärkte. Eine fortgesetzte Lockerung der Geldpolitik dürfte den Goldpreis weiter treiben.

Nicht nur die Inflationsangst lässt die Menschen auf Gold ausweichen. Vor allem risikoscheue Anleger setzen ihre Hoffnungen auf Gold, weil die Zinsen für Geldanlagen auf einem Rekordtief verharren. In Aktien und Anleihen sehen viele nicht die Alternative. Anleger könnten auch in andere Rohstoffe investieren. "Doch Schweinebäuche oder Orangensaftkonzentrat locken nicht so sehr wie Gold", sagt Schickentanz.

Auf der Käuferseite stehen aber auch afrikanische und asiatische Notenbanken, die Goldreserven aufbauen. Sie wollen damit ihre üppigen Devisenreserven, die sie vorwiegend in US-Dollar halten, breiter streuen und so ihre Abhängigkeit von der amerikanischen Währung reduzieren.

Mit steigenden Zinsen würde Gold seine Anziehungskraft verlieren

Dennoch wird der Goldpreis nicht immerzu weiter steigen. Das Edelmetall würde an Anziehungskraft verlieren, wenn die Notenbanken die Zinsen drastisch erhöhen würden. "Dann wären die Inflationserwartungen raus", sagt Schickentanz. Die Commerzbank erwartet ihm zufolge in den nächsten 3 bis 5 Jahren aber keine ausufernde Inflation. "Wir rechnen mit einer Inflationsrate von 2 Prozent, vielleicht auch mal von 3 Prozent", so Schickentanz.

Doch mit jedem neuen Krisenfall in der Euro-Zone verlangen die Kunden erneut nach Gold. In vielen Anlegern wächst die diffuse Angst, "dass alles zusammenbricht", berichten Vermögensberater. Sollte der schlimmste Fall jemals eintreten, "dann hilft ein Goldbarren auch nicht weiter", ist Kazmaier überzeugt. "Doch diese Befürchtung teile ich nicht."