Produktion bei Ford Foto: dpa

Im Megathema Industrie 4.0 liegen mehr Chancen als Risiken – da sind sich die Experten einig. Für die Arbeitskräfte verändern sich damit aber auch die Anforderungen in ihrem Job.

Stuttgart - Der baden-württembergische IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger sieht aktuell keine Gefahr, dass durch den Einsatz von mehr Robotern und intelligenter Software in vielen Wirtschaftsbereichen Jobs abgebaut werden. „Wir halten wenig davon, Horrorszenarien an die Wand zu malen, wie viele Arbeitsplätze durch die zunehmende Digitalisierung verloren gehen könnten“, sagte Zitzelsberger am Mittwoch auf einer Veranstaltung in Stuttgart. Das gelte auch für einfache Tätigkeiten in der Produktion. Auch hier ergäben sich „mehr Chancen als Risiken“ durch die Einführung entsprechender Technologien.

Nach Einschätzung von Experten steht die deutsche Industrie vor einem Epochenwandel, der sich insbesondere durch eine zunehmende Vernetzung von Produktionsprozessen durch intelligente IT-Systeme vollzieht und auch die Endkundenmärkte mit einschließt. Mit unter dem Stichwort Industrie 4.0 firmierenden Technologien soll es beispielsweise in Zukunft möglich sein, jedem Kunden passgenaue Produkte anzubieten oder die Leistungsfähigkeit ganzer Produktionssysteme durch besseren Datenaustausch zu verbessern. Dazu gehört auch ein stärkerer Einsatz von Robotern und automatisierten Produktionssystemen. Zuletzt hatten Studien vor negativen Auswirkungen von Industrie 4.0 auf bestimmte Tätigkeiten gewarnt. So kamen Experten der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit Mitte 2015 zu dem Schluss, dass durch die Zunahme der Computerisierung bundesweit rund 4,4 Millionen Jobs bedroht sein könnten, vor allem im Bereich der Industrieproduktion.

Chancen auch für niedrig Qualifizierte?

„Dass einfache Arbeiten durch die Digitalisierung verstärkt unter Druck geraten, sehe ich nicht“, sagte Zitzelsberger. Durch moderne Produktionsverfahren, etwa das Zusammenarbeiten von Menschen mit Robotern, erhöhe sich die Produktivität. Dadurch vergünstige sich der Faktor Arbeit mitunter sogar. Dadurch sinke der Druck, Stellen zu verlagern. Der Mensch dürfe technischen Systemen aber nicht untergeordnet werden, betonte Zitzelsberger. Die positive Einschätzung des IG-Metall-Chefs zur Digitalisierung deckt sich mit der Auffassung des Maschinenbauerverbands VDMA. Hier geht man davon aus, dass Berufe durch Industrie 4.0 in der Regel nicht entfallen, sonder sich lediglich die Anforderungen verändern. Wichtig sei es aber, kleine und mittlere Unternehmen stärker mit neuen Formen der Digitalisierung vertraut zu machen, sagte Südwest-VDMA-Geschäftsführer Dietrich Birk. Sie müssten sich stärker mit Industrie 4.0 auseinandersetzen, um von den großen Chancen zu profitieren. Dazu bräuchten sie auch Hilfestellungen von der Politik, etwa durch bessere Ausbildungs- und Beratungsangebote. Auf der Veranstaltung, dem von VDMA, IG Metall und der baden-württembergischen Landesregierung getragenen Maschinenbaudialog, betonte Landes-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), deutsche Unternehmen müssten die Digitalisierung von der Produktionsseite her gestalten. Im Endkundenbereich hätten Firmen wie Google, Amazon oder Facebook schon eine „unglaubliche Macht“.