Das umstrittene Posting: in einem darüber stehenden Text präzisiert Jörg Meuthen die Vorwürfe, aber welche Quellen er nutzt, bleibt weitgehend unklar. Foto: privat

Jörg Meuthen, der AfD-Fraktionschef im Landtag, wirft einer Grundschule in Ludwigsburg Indoktrination vor. Im Unterricht seien christliche Kinder gezwungen worden, Allah zu preisen und auf einen islamischen Gebetsteppich zu knien. Was ist tatsächlich passiert?

Ludwigsburg - Skandal – mit diesem Wort müsse man vorsichtig umgehen, schreibt Jörg Meuthen, um es dann trotzdem recht genüsslich in den Mund zu nehmen. Denn das, was an der Oststadtschule geschehen sei, sei nun einmal ein echter Skandal, erklärt der AfD-Fraktionschef, und viele seiner Follower pflichten ihm bei. Am Mittwochmittag hat Meuthen auf Facebook und Twitter einen Post abgesetzt, in dem er anprangert, die Ludwigsburger Grundschule habe „christliche Schüler zu islamischen Gebetspraktiken“ verpflichtet, nur wenige Stunden später stehen 475 Kommentare unter dem Text. Von einer „Vergewaltigung christlicher Werte“ schreibt jemand, und viele sehen das Abendland in Gefahr.

Was ist passiert? Vor drei Wochen stand in einer vierten Klasse der Oststadtschule II der Islam auf dem Lehrplan, im evangelischen Religionsunterricht. Wie die Stunde genau ablief, darüber gehen die Darstellungen auseinander. Eine Mutter jedenfalls wandte sich in einem Brief an das Kultusministerium, das Regierungspräsidium und die Schulleitung. Das Schreiben landete auch bei Meuthen, und der nahm es als Grundlage für sein Posting.

Meuthen schreibt, die Kinder hätten keine Wahl gehabt

Der Vorwurf: die Schüler hätten laut folgenden Satz vorlesen müssen: „Gott Allah, du bist der einzige und größte Gott der Welt, wir alle unterwerfen uns Dir.“ Zudem seien die Kinder aufgefordert worden, sich barfuß auf einen islamischen Gebetsteppich zu knien und den Kopf auf den Boden zu beugen. Auch das Tragen eines Kopftuchs sei angeboten worden. „Auf Beschwerden bei der Schulleitung hin wand sich diese, dass nur das Lesen der Texte verpflichtend, das Niederknien dagegen freiwillig gewesen sei“, schreibt Jörg Meuthen. Darüber hinaus habe die Schule auf die geltenden Lehrpläne verwiesen. Die Kinder hingegen würden weiter auf ihrer Darstellung beharren: Das Niederknien sei verpflichtend gewesen.

Was seine Quellen angeht, bleibt Meuthen vage und verweist lediglich auf die besorgte Mutter, sagt aber nicht, ob er die Hintergründe auch selbst geprüft hat. Offenbar hat er nicht, denn das Staatliche Schulamt Ludwigsburg versichert: So, wie es von der AfD dargestellt wird, sei es nicht gewesen. Vor allem: von Zwang könne keine Rede sein. „Das war alles freiwillig“, betont der Amtsleiter Hubert Haaga. Das Amt habe vor einigen Tagen von einzelnen Beschwerden erfahren und sofort Kontakt zur Schulleitung und zu Eltern aufgenommen, die Sache sei geklärt – und auch für die Eltern längst erledigt.

Das Schulamt weist die Vorwürfe zurück

So stellt das Schulamt den Ablauf dar: eine Referendarin habe in einer Einzelstunde das Thema Islam behandelt und dabei gezeigt, wie im Islam gebetet wird – und den Schülern das Angebot gemacht, mitzubeten. Das sei völlig normal, so Haaga, auch andere Religionen würden auf diese Art im Unterricht vorgestellt. Zu den Irritationen sei es gekommen, weil Eltern, nachdem sie mit ihren Kindern gesprochen hatten, das Gefühl bekamen, es sei Zwang ausgeübt worden. Das Amt habe auch mit der Referendarin gesprochen, die im Übrigen keine Muslima sei: „Sie hat klargestellt, dass alles freiwillig war.“ Nie habe die Absicht bestanden, Schüler zu beeinflussen, und dass manche es anders aufgefasst hätten, sei bedauerlich. „Aber einen Skandal gibt es nicht.“ Ansonsten wolle er zu den Vorwürfen von Meuthen keine Stellung nehmen. „Ich kenne seine Quelle nicht“, sagt Haaga.

Der AfD-Fraktionschef erntet für sein Posting Lob, aber auch Kritik, und viele werfen ihm genau das vor: ungeprüft Halbwahrheiten zu verbreiten. „Wie verkraftet ein intelligenter Mann wie Meuthen, jeden Tag diesen Schrott für die Populisten zu posten“, heißt es in einem Kommentar. Etwas milder äußert sich Christine Sattler, die Sprecherin des Kultusministeriums, gegenüber unserer Zeitung: „Willkommen im Bundestagswahlkampf der AfD. Da wird jetzt ein Skandal fabriziert.“