Szene aus „Siddarth“ Foto: Verleih

Die Macher des Indischen Filmfestivals haben sich 2014 auf das Filmprogramm konzentriert. Die Gewinner sind die Kinder: Richie Mehtas Drama „Siddharth“ über einen verlorenen Sohn wurde am Sonntag mit dem German Star of India ausgezeichnet, und auch „Lakshmi bekam einen Preis.

Die Macher des Indischen Filmfestivals haben sich 2014 auf das Filmprogramm konzentriert. Die Gewinner sind die Kinder: Richie Mehtas Drama „Siddharth“ über einen verlorenen Sohn wurde am Sonntag mit dem German Star of India ausgezeichnet, und auch „Lakshmi bekam einen Preis.

Stuttgart - Kleiner, intimer, fokussierter: Aufgrund von Budget-Kürzungen haben die Macher des Indischen Filmfestivals in diesem Jahr auf ein wenig Folklore verzichtet und sich verstärkt aufs Filmprogramm konzentriert. Und das hatte es in diesem Jahr in sich.

Die Gewinner sind die Kinder: Richie Mehtas Drama „Siddharth“ über einen verlorenen Sohn wurde am Sonntag mit dem German Star of India ausgezeichnet, und auch „Lakshmi“, thematisch ähnlich gelagert, bekam einen Preis.

Darin zeigt Regisseur Nagesh Kukunoor, angelehnt an einen realen Fall, wie ein 14-jähriges Mädchen in Indien verkauft, versklavt und von einem Brüderpaar zur Prostitution gezwungen wird. Zunächst bestimmt allmählich zunehmende körperliche Gewalt den Film, nicht nur sexuelle: Der wüste Zuhälter schlägt Frauen nach Belieben, Ausreißerinnen züchtigt er mit dem Nagelknüppel. Er wird es bitter bereuen – die Szene, in der die misshandelte Puffmutter sein abgeschnittenes Glied in der einen, das blutige Messer in der Hand hält, hallt nach.

Dabei wird die aus hiesiger Sicht unvorstellbare Brutalität nie zum Selbstzweck, Kukunoor führt sie als eigentliches indisches Grundübel vor. Dazu durchbricht er sie mit Momenten des Friedens, in denen die Huren zu fröhlicher Musik einander helfen und versuchen, ihrem Dasein so viel Leben wie möglich abzugewinnen.

Auf die psychische Ebene wandert der Film dann vor Gericht: Wie der Rechtsverdreher der Täter eloquent die Schuld umzudrehen und der entkommenen Lakshmi aufzuhalsen versucht, ist derart an Perfidie kaum zu übertreffen. Dass sie am Ende trotzdem gewinnt, ist die Botschaft: Es lohnt sich, für ein besseres Leben zu kämpfen.

Wie Deutsche und Inder einander begegnen, zeigen Dokumentarfilme. In „Amma & Appa“ teilen die Filmstudenten Franziska (Bayerin) und Jay (Tamile) mit der Welt, wie die ihre Beziehung zu einer Kollision der Kulturen führt. Ihre bodenständigen bayerischen Eltern bemühen sich redlich, seine konservativen ebenso – doch nichts kann sie darüber hinwegtrösten, dass der Sohn seine Bestimmung nicht erfüllt, die alten Eltern zu unterstützten, für ein Leben in der Fremde.

Die Beatles reisten in den 1960er Jahren nach Indien in der Hoffnung auf Erleuchtung, die im Westen bis heute viele suchen. „Good Luck Finding Yourself“ („Viel Glück bei der Selbstfindung“) heißt ein Film von Severin Winzenburg, der seine krebskranke Mutter Jutta Winkelmann auf den Subkontinent begleitet – mit dem Altkommunarden Rainer Langhans sowie Brigitte Streubel und Christa Ritter, die wie Winkelmann mit diesem seit Mitte der 1970er in einer Gemeinschaft namens „Harem“ leben.

Geschäftstüchtige Inder nützen die spirituelle Sehnsucht, und auf der anstrengenden Suche nach einem Guru weicht die kollektive Sorge um die Patientin bald einem Lagerkoller: Vier ausgeprägte Individuen rechnen auf und machen einander Vorhaltugnen, ähnlich wie ein altes Ehepaar. „Ich habe so viel Krieg geführt und wollte einfach mal zu mir finden, zu einem inneren Frieden“, sagt Winkelmann, die eigens nach Stuttgart angereist ist. Und: „Ich habe mich manchmal dafür verflucht, dass ich die anderen mitgenommen habe.“ Der weißmähnige Langhans begleitet sie auch diesmal und merkt an: „Vielleicht war es das, was du gebraucht hast. Da ist vieles aufgebrochen, was verdrängt wurde.“ Sie sieht das anders, wie das meiste, was er sagt – und doch strahlen beide eine Vertrautheit aus, die beeindruckt.

Wieder ist Indien Stuttgart ein kleines Stück näher gekommen, allein dafür verdient das Festival Unterstützung – damit es so fokussiert bleiben kann, wie es ist.