Rauchmelder können Bewohner frühzeitig vor giftigem Qualm bewahren Foto: dpa

Seit Jahresbeginn müssen Wohnungseigentümer Rauchmelder installiert haben. Doch ob sie es tun oder nicht, wird weder kontrolliert noch registriert. Die Feuerwehr fühlt sich nicht zuständig – selbst wenn es gebrannt hat.

Stuttgart - Spätestens jetzt, Anfang April, hätte der 53-Jährige aus der Wohnung ausziehen müssen. Doch das hat sich jetzt alles auf traurige Weise anders erledigt. Der Mann ist tot, die Zimmer oberhalb einer Gaststätte in der Esslinger Altstadt sind nur noch Schutt und Asche. Einer von fünf Brandtoten in der Region in diesem Jahr. Eine Zigarette oder eine Kerze hat den verheerenden Brand in der Nacht zum 19. März wohl ausgelöst. „Der Brandherd ist am Bett“, sagt Polizeisprecher Sven Heinz, „und es gab nichts, was für eine technische Ursache sprechen würde – kein Kabel, keine Heizdecke, keine Lampe.“

Vor allem war in den Räumen kein Rauchmelder installiert. Womöglich hätte der alle Beteiligten früher auf das verhängnisvolle Feuer aufmerksam machen können. Immerhin hat ein Rauchmelder im Treppenhaus die übrigen Bewohner rechtzeitig gewarnt. Man habe ja versucht, das Gerät wie in den anderen Räumen einzubauen, sagt die Eigentümerin. Aber der einstige Beschäftigte der Gaststätte habe sich geweigert und keinen Zutritt zugelassen.

„Die Hausbesitzer haben glaubhaft nachgewiesen, dass sie in der Wohnung einen Rauchmelder installieren wollten“, sagt Polizeisprecher Heinz. Doch auch wenn die Vermieterin die Rauchmelderpflicht vernachlässigt hätte – Ermittlungen gegen sie hätte sie wohl kaum zu befürchten gehabt. Noch spielt der Rauchmelder offenbar kaum eine Rolle bei der rechtlichen Bewertung.

Ob diese Geräte, die seit Jahresbeginn in Wohnungen in Baden-Württemberg gesetzliche Pflicht sind, tatsächlich installiert sind, wird nicht nachhaltig geprüft. Auch nicht von der Feuerwehr. Nicht einmal, wenn’s brennt. „Die Frage, ob bei Bränden ein Rauchmelder vorhanden war oder nicht, wird offiziell nicht erfasst“, sagt Stefan Eppinger, Leiter des Vorbeugenden Brandschutzes bei der Stuttgarter Feuerwehr. So etwas müsse landesweit abgestimmt sein. Desinteresse kann man Eppinger kaum vorwerfen: „Der Rückgang der Brandtoten auch mit Hilfe einer Rauchmelderpflicht“, sagt er, „dafür haben wir lange gekämpft.“ In Neugereut etwa, als Einbrecher Mitte Februar in der Wohnung einer abwesenden Familie Feuer legten, kamen die übrigen Hausbewohner glimpflich davon, weil aus der Räumen der Alarmton eines Rauchmelders zu hören war und die Feuerwehr so früher alarmiert werden konnte.

Doch aus dem neuen Gesetz der Landesbauordnung ergeben sich kaum Konsequenzen. Auch nicht für die Feuerwehr: „Wir haben in einem Jahr um die 17 000 Einsätze“, sagt Landesbranddirektor Hermann Schröder, „da wären die Einsatzleiter, von denen viele ja ehrenamtlich unterwegs sind, wohl auch überfordert.“ Vom Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, für die Landesbauordnung zuständig, gebe es zudem kein Mandat. Schließlich müsste man dann nicht nur Rauchmelder kontrollieren, sondern in manchen Fällen auch rauchdichte Türen oder Feuerlöscher. „Allerdings wollen wir nicht eine Polizeifunktion ausfüllen“, sagt der oberste Feuerwehrmann des Landes, „das ist nicht unsere Aufgabe.“ Man müsse mit der großen Vertrauensbasis zwischen Feuerwehr und Bevölkerung sensibel umgehen. „Nicht dass die Leute die Feuerwehr nicht mehr rufen, weil sie Angst vor einem Strafzettel haben“, so Schröder. Man beobachte die Entwicklung und werde bei einer erkennbaren Tendenz eine Statistik führen – etwa wenn es trotz Rauchmelder viele Schwerverletzte und Tote gebe.

Allerdings räumt Schröder ein, dass das mit der statistischen Erfassung so eine Sache ist. Während der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärt, dass die Zahl der Brandtoten binnen 15 Jahren bundesweit dank Rauchmelder von jährlich 800 auf etwa 400 gesunken sei, kann Schröder gar nicht sagen, wie viele Brandtote es überhaupt landesweit gegeben hat. Die Feuerwehr unterscheidet in ihrer Landesstatistik nicht zwischen Brand und Verkehrsunfall. Ein Vergleich der Brandtoten vor und nach der Rauchmelderpflicht ist somit im Land bisher gar nicht möglich.

Und die Versicherungen? Dass diese die Verstöße gegen die Rauchmelderpflicht bestrafen könnten, ist nicht zu erwarten. Der Versicherungsschutz sei nicht gefährdet, betont der Vorsitzende der GDV-Hauptgeschäftsführung: „Ein fehlender oder unsachgemäß betriebener Rauchmelder müsste Ursache für den Schaden oder die Schadenshöhe sein“, sagt Jörg von Fürstenwerth, „ein solcher Zusammenhang kann aber in der Regel nicht hergestellt werden.“

Kontrolliert also überhaupt keiner? Nicht ganz: Die Betrüger haben das Feld der Rauchmelder entdeckt. Sie klingeln, wie jüngst in Großbottwar im Kreis Ludwigsburg, an der Tür und geben sich als amtliche Rauchmelderkontrolleure aus. In Wahrheit wollen sie damit nur in die Wohnung – und nach Geld und Schmuck suchen.