Imker beklagen den Verlust eines Viertels der Bienenvölker im Land. Der milde Winter förderte die gefährliche Varroa-Milbe. Nun fehlen die Bienen zur Bestäubung vor allem der Obstbäume im Land Foto: dpa-Zentralbild

Immer mehr Hobbyimker stellen in Hinterhöfen, auf Dächern und Balkonen Bienenstöcke auf, mitten in der Stadt. Dort haben Bienen ein vielfältigeres Nahrungsangebot als auf dem Land. Doch Imkern ist nicht so einfach, wie die urbanen Bienenliebhaber sich das erst so vorstellen. Experten geben Tipps.

Stuttgart - Erst stirbt die Biene, vier Jahre später der Mensch. Wenn die Prognose stimmt, die Albert Einstein zugeschrieben wird, dann ist der Untergang bald nah – zumindest wenn man nach den Schätzungen des Deutschen Imkerbunds geht: Rund 750 000 Bienenvölker leben hierzulande, im Winter sterben normalerweise rund zehn Prozent von ihnen. Doch diesmal – so heißt es seitens der Experten – werden um die 225 000 Bienenvölker nicht überleben. Der Herbst war zu warm, die Bienen waren zu aktiv und im Winter zu geschwächt, um den Angriffen ihres größten Feindes, der Varoa-Milbe, standzuhalten. Weshalb der Deutsche Imkerbund nicht müde wird, die Bienenliebhaber zu motivieren, doch bitte Jungvölker nachzuziehen.

Und so wie es aussieht, wird dem Aufruf ordentlich Folge geleistet: Die Bienenhaltung liegt im Trend. Selbst dort, wo man sie gar nicht vermutet: So schwirrt es mitunter von Balkonen und in Gärten, von Hoteldächern und Regierungssitzen, wie etwa der Villa Reitzenstein, wo die Landesanstalt einige Bienenkästen aufgestellt hat. „Das Interesse an der Stadtimkerei nimmt zu“, bestätigt Peter Rosenkranz, Hobbyimker und Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Immer mehr Privatleute versuchen sich in der Kunst des Stadtimkerns: In Baden-Württemberg haben sich die Mitgliederzahlen von 16 000 auf 19 000 entwickelt, in Stuttgart stieg die Zahl seit 2010 von 148 auf 209 Imker.

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Tatsächlich haben es Bienen zwischen Häuserschluchten oft besser als auf Wiesen und Feldern auf dem Land, die viel zu oft gemäht werden oder immer noch aus zu vielen Monokulturen bestehen. In der Stadt blüht viel mehr, der Baumbestand ist erheblich größer, was das Nektar- und Pollensammeln erleichtert. Und trotz der Abgase oder dem Feinstaub ist die Qualität des Honigs von Stadtbienen gut. „Bislang gibt es keinen Hinweis, dass sich Schwermetalle in der Luft auf den Honig auswirken“, sagt Annette Schröder, die an der Landesanstalt solche Analysen vornimmt.

Doch wer glaubt, es genüge, ein paar Bienenkästen aufzustellen, um sich zur Imkerzunft zählen zu können, irrt. „Wer Bienen hat, lebt mit den Bienen“, sagt Peter Rosenkranz. Er muss Verantwortung für die Insekten übernehmen. Daher sollten vor dem Start als Hobbyimker ein paar Dinge beachtet werden:

Eignung

Imkern eignet sich nicht für jeden. „Man muss schon einen stabilen Lebensmittelpunkt erreicht haben“, sagt Rosenkranz. Sprich: Berufliche Veränderungen stehen nicht an, der Rückhalt der Familie ist da, und man verfügt über ausreichend Freizeit. Auch sollte man eine gewisse körperliche Fitness mitbringen. Standort: Bienen dürfen überall in der Stadt gehalten werden, wo der Bebauungsplan nicht ausdrücklich Kleintierhaltung verbietet. Wichtig ist, dass sie niemanden belästigen. Wer keinen Garten hat, sollte bei Naturschutzverbänden vor Ort oder in Kleingartenkolonien anfragen. Bienen können aber auch auf dem Balkon gehalten werden.

Anmeldung

Der Amtstierarzt muss informiert sein, wo Bienen im Stadtgebiet gehalten werden. Daher braucht es eine Anmeldung der Imkerei beim Veterinäramt. Auch eine Tierhalterhaftung ist wichtig. Die Nebeneinkünfte aus dem Honigverkauf sind in der Regel nicht zu versteuern: Das Finanzamt geht davon aus, dass mit einer Imkerei von weniger als 25 Völkern kein Gewinn zu erwirtschaften ist.

Kosten

Für die Arbeit mit Bienenvölkern braucht es eine gute Ausrüstung im Wert von 80 bis 120 Euro, zu der beispielsweise auch ein Imkerschleier und -handschuhe gehören. Dazu kommen die Kosten für den Bienenstock und für die Tiere. „Wichtig ist auch eine Honigschleuder“, sagt Rosenkranz. Insgesamt müssen etwa 1000 bis 1500 Euro an Investitionskosten eingeplant werden.

Pflege

Die Varoa-Milbe bedroht Bienenvölker, indem sie an der Brut der Insekten saugt und Krankheiten überträgt. Doch es gibt auch andere Plagen, etwa die Faulbrut oder den Befall von kleinen Beutekäfern. „Es ist daher unabdingbar zu wissen, wie Bienenkrankheiten zu erkennen und zu bekämpfen sind“, sagt Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbunds. Ansonsten droht nicht nur der Verlust des Volkes, sondern auch das Risiko, andere Völker zu infizieren. So breiten sich die Krankheiten immer weiter aus.

Betreuung

Am einfachsten gelingt der Start als Hobbyimker über einen Verein. Dort werden auch Fortbildungen und Lehrgänge angeboten. Adressen findet man auf der Homepage des Deutschen Imkerbunds, www.deutscherimkerbund.de. „Grundsätzlich sollte jeder einen Imkerkurs besuchen“, sagt Peter Rosenkranz. Infos und Termine für Lehrgänge gibt es auch bei der Landesanstalt für Bienenkunde, www.bienenkunde.uni-hohenheim.de. Als Literatur empfiehlt sich: „Imkern in der Stadt“ von Georg Petrausch, Kosmos-Verlag, 14,95 Euro und „Bienen halten in der Stadt“ von Marc-Wilhelm Kohfink, Ulmer-Verlag, 24,90 Euro.

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