Ein Baum im Baukorridor des Tiefbahnhofs: Für ihn und 175 andere Bäume geht es ums Überleben. Nur bei 70 bis 80 gilt der Bahn die Verpflanzung als unproblematisch. Foto: Peter-Michael Petsch

Projektsprecher Dietrich: Kleinere Bäume kein Problem, beim Rest ist es eine Abwägungsfrage.  

Stuttgart - Genau 176 Bäume stehen im Schlossgarten dem Bau des Tiefbahnhofs im Weg - und wahrscheinlich sei nur bei knapp der Hälfte eine Verpflanzung sinnvoll, meint man bei der Bahn AG. Projektsprecher Wolfgang Dietrich forderte dazu jetzt ein Bekenntnis von den anderen Projektpartnern bei Stuttgart21 ein.

Sechs Tage nach der Volksabstimmung über Stuttgart21 und 38 Tage vor dem Auftakt für gravierende Baumaßnahmen äußerte sich Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Freitag zum Schicksal der bedrohten Bäume im Schlossgarten. Bei den 70 bis 80 kleineren Exemplaren sei die Verpflanzung vergleichsweise einfach und der Finanzaufwand mit bis zu 400000 Euro überschaubar. Ersatzstandorte stünden zur Verfügung, und der Transport dorthin bereite kein Kopfzerbrechen.

Bei den anderen größeren Bäumen müsse man aber die hohen Kosten von bis zu 400.000 Euro pro Exemplar bedenken - hier liege der Gesamtaufwand bei mindestens drei bis fünf Millionen Euro, möglicherweise höher, meinte S-21-Projektleiter Stefan Penn. Dabei habe man den geplanten Baustellenkorridor im Park in den letzten Wochen noch einmal so verändert, dass da und dort Bäume erhalten werden könnten.

Ersatzstandorte im Park finden

Bei den großen und bis zu 900 Tonnen schweren Bäumen im Park, die trotzdem noch weg müssen, komme es jetzt auf eine Abwägung und klare Ansagen der anderen Projektpartner an, forderte Dietrich. Nach Dreikönig, spätestens Mitte Januar, müsse man loslegen, bis zum Beginn der Vegetationszeit am 1. März fertig werden.

Sowohl Dietrich als auch der von der Bahn eingeschaltete Baumgutachter Bodo Siegert wiesen auf erhebliche "Kollateralschäden" hin: Für den Abtransport der großen Bäume müssten stellenweise andere Bäume im Park geschnitten oder gefällt werden. Dann komme man aber immer noch mit den Brücken rings um den Schlossgarten in Konflikt, was dazu führen könnte, dass die Bäume auf den Tiefladern zurechtgestutzt werden müssten. Deswegen gelte es, Ersatzstandorte im Park zu finden. Dadurch verändere sich auch der Charakter des Parks.

Alle Projektpartner, sagte Dietrich, sollten rasch entscheiden, welchen Preis sie für die Erhaltung der Bäume akzeptieren wollen. Die Bahn sei bereit, bei den Kosten in Vorleistung zu gehen, weil der Lenkungskreis vorerst nicht tage. Der Aufwand werde aus dem Risikotopf gedeckt, über die Verteilung der Kosten rede man später. Die Bahn, machte Dietrich auf Anfrage deutlich, sieht aber auch in dieser Frage alle Projektpartner in der Pflicht.

Bürgerentscheid bei höheren Kosten

Das wird möglicherweise zum Politikum, weil OB Wolfgang Schuster und der Gemeinderat im Wort stehen, im Fall von höheren Kostenübernahmen der Stadt einen Bürgerentscheid anzuberaumen. OB-Sprecher Markus Vogt wollte davon aber nichts wissen: "Wir sehen nicht, dass wegen der Bäume Kosten auf die Stadt zukommen." Sinn und Unsinn der Verpflanzung der großen Bäume wolle der OB am 19. Dezember bei einem Bürgerforum ausloten.

Dietrich kritisierte, erst seit wenigen Tagen lägen den Planern Vorschläge für Ersatzstandorte vor. Sie seien von der Stadt gekommen - "beim Land hapert es noch".

Die Parkschützer übten umgehend Kritik. Die Zusicherungen der Bahn AG, man werde den Schlichterspruch umsetzen und alle Bäume verpflanzen, die nicht bleiben könnten, seien Falschspielerei gewesen. Ebenso die Ausschreibung der Baumverpflanzungen. Alle bedrohten Bäume seien vital und könnten noch lange leben, nach einer Verpflanzung wären sie dem Tod geweiht.