Die Kirchheimer Revierförsterin Carla Hohberger erklärt dem Gemeinderat die nachhaltige Waldwirtschaft. Foto: Horst Rudel

Die Esche wird im Kirchheimer Talwald bald Vergangenheit sein. Ein Pilz aus Asien machen ihr den Garaus. An ihrer Stelle werden Douglasien und Eichen das Bild des Waldes bestimmen.

Kirchheim - Fichte und Esche sind im Kirchheimer Stadtwald auf dem absteigenden Ast. Ihren Platz werden mittelfristig Douglasien, Eichen, Tannen und Weißbuchen einnehmen. Der Grund für das Umsteuern im Wald ist der Klimawandel, dessen Auswirkungen sich in häufigerem Schädlingsbefall und in der Zunahme von Sturmschäden zeigen. Während die Eschen einem aus Asien eingeschleppten Pilz, dem Falschen Weißen Stängelbecherchen, schutzlos ausgeliefert sind, wird den Fichten ihre mangelnde Standfestigkeit zum Verhängnis.

„Die Esche wird aus dem Wald verschwinden. Bei den Fichten planen wir langfristig mit einem Anteil von sieben Prozent“, sagt Carla Hohberger, die Kirchheimer Revierförsterin. Zum Vergleich: im Jahr 1980 war noch mehr als jeder fünfte Baum im Kirchheimer Stadtwald eine Fichte.

Der Wald ist eine der produktivsten Liegenschaften der Stadt Kirchheim. Zwei Stunden lang hat sich der Gemeinderat der Teckstadt jüngst vor Ort davon überzeugt. Denn genau in der Zeit, in der sich die Ratsrunde von der Hausherrin, der Revierförsterin Carla Hohberger, im Rahmen der Waldbegehung den schwierigen Spagat von Ökologie und Ökonomie hat erklären lassen, ist in den Kirchheimer Wäldern Biomasse nachgewachsen, die, würde man sie in Würfelform pressen, einen Kubus mit der Kantenlänge von 16 Zentimeter ergäbe.

Es wächst mehr nach als geschlagen wird

Eine immer wichtiger werdende Funktion des Waldes im Ballungsraum lässt sich jedoch nicht in Bäumen und Festmetern messen. „Gerade der Talwald an den Bürgerseen erfüllt eine wichtige Erholungsfunktion für die Menschen. Immerhin zählt der Landkreis Esslingen mit 800 Einwohnern pro Quadratkilometer zu einem der am dichtesten besiedelten Landkreise in Deutschland“, sagt Carla Hohberger. Und als ob es noch eines Beweises für das Spannungsfeld zwischen dem Ökosystem und touristischer Nutzung bedurft hätte, hat in genau diesem Moment die Bedienung am benachbarten Bürgersee-Kiosk über den Lautsprecher die nächste Bestellung ausgerufen: „Einmal bitte Kesselfleisch mit Bratkartoffel!“

Der Kirchheimer Wald – unterm Strich 750 Hektar – bedeckt rund 25 Prozent der Markungsfläche. Dieser Anteil, so sieht es das bis ins Jahr 2022 fortgeschriebene Forsteinrichtungswerk der Stadt vor, soll mindestens erhalten, idealerweise jedoch durch Arrondierungskäufe vergrößert werden. Kreisweit liegt der Waldanteil, gemessen an der Gesamtfläche, bei 30 Prozent. Nicht nur entlang der Außengrenzen, sondern auch nach innen ist der Wald auf Zuwachs angelegt. Auch wenn der Talwald-Spaziergänger angesichts scheinbar gedankenlos gefällter Bäume einen anderen Eindruck hat: Im Kirchheimer Stadtwald wird weniger eingeschlagen, als nachwächst. Sechs Erntefestmeter pro Hektar und Jahr kommen in die Vermarktung, sieben Meter wachsen nach. Im vergangenen Jahr sind im Kirchheimer Stadtwald 42 100 Festmeter Holz geschlagen worden.

Hand in Hand mit den Jägern

Damit der Einschlag keine Lücken hinterlässt, nimmt die Stadt eine gute Stange Geld in die Hand. „Um einen Hektar Wald neu zu aufzuforsten, benötigen wir 3000 Jungpflanzen. Das bedeutet, inklusive des Schutzes gegen den Verbiss, eine Investition in Höhe von 25 000 Euro“, rechnet die Revierförsterin vor.

Fünf Jahre muss eine Neupflanzung vor den hungrigen Rehen geschützt werden. Trotz Wuchshüllen und dem Betupfen mit Verbissschutzmitteln ist das Wild immer eine Nasenlänge voraus. „Das Reh hat ja den ganzen Tag Zeit, sich das Beste herauszusuchen“, beschreibt der Forstwirt Siegfried Rau das Dilemma. Ohne die Hilfe der Jäger stünden die Förster auf verlorenem Posten. „Die Zusammenarbeit klappt hervorragend“, lobt Carla Hohberger die Arbeit des Jagdpächters, Florian Mück. Der wiederum beliefert den Bürgersee-Kiosk mit frischem Wildbret – und so schließt sich der Kreis im Kirchheimer Wald.