Szene aus „Illusion“ im Friedrichsbau-Varieté Foto: 7aktuell.de/Oskar Eyb

„Illusion – Do not trust your eyes“: Die neue Show im Friedrichsbau-Varieté in Stuttgart bietet reichlich Zauber und Humor.

Stuttgart - Aus einem brennenden Käfig zaubert Ottavio Belli reihenweise attraktive Frauen heraus. Das bleibt auch seinem Magierkollegen Daniel Craven nicht verborgen. Ob er sich da wohl mal eine für einen eigenen Trick ausleihen dürfe? „Das geht nicht“, entgegnet Belli, „das ist meine Ehefrau.“ Gut, aber er habe ja offenkundig nicht nur eine Dame aus den Flammen hervorgeholt. Vielleicht also die zweite? „Das geht auch nicht“, muss Belli abermals enttäuschen: „Das ist meine Affäre.“

Mit Humor und Magie ist das Friedrichsbau-Varieté am Freitag in die neue Spielzeit gestartet. Die von Regisseur Ralph Sun konzipierte Eigenproduktion „Illusion - Do not trust your eyes“ präsentiert kleine und große Tricks internationaler Künstler.

Die beiden eingangs erwähnten Großillusionisten sind fürs Klassische zuständig: Craven befreit sich aus einem Käfig, den rotierende Klingen zu zerteilen drohen, und geht auch mal durch Metallwände. Der Italiener Belli, der im Kontrast zum blonden Craven mit Nieten auf der schwarzen Kleidung und hartem Gitarrengeschrammel aus dem Off eher schwarzer Magie zugetan ist, bleckt gerne die Zähne, bevor er seine Mädchen aufspießt. Durchweg solide, beeindruckende Darbietungen. Einziger Kritikpunkt: Die ganz große, sich vom Rest abhebende Nummer hat keiner der beiden im Repertoire.

In Erinnerung bleiben die lustigen Einlagen des Clowns Skizzo

In Erinnerung bleiben dafür die lustigen Einlagen des schlaksigen, langhaarigen Skizzo. Der clowneske Zauberer aus Italien stößt permanent spitze Schreie aus, wenn ihm versehentlich Feuerschübe aus den Fingern gleiten, und beschwört einen Totenschädel, den er bald nicht mehr unter Kontrolle hat. Als Gegenpol zu den gerne bierernst hexenden Akteuren avanciert er zum Publikumsliebling. Später schlüpft er in einen Ganzkörperballon und flüchtet vor Vivian mit der Schere.

Vivian, das ist eine Hälfte des Duos „Sonambul“. Gemeinsam mit Roman Maria von Thurau errät sie Namen von Personen, an die Zuschauer denken. Seriennummern von 10-Euro-Scheinen aus dem Publikum liest sie vor, ohne sie je gesehen zu haben – der Telepathie sei Dank. Noch interessanter als die Frage, wie das alles funktioniert, sind nur Vivians gelegentlich völlig trocken und zusammenhangslos eingestreute Informationen der Marke „Unnützes Wissen“: „Wussten Sie, dass Austern ihr Geschlecht je nach Wassertemperatur ändern? Ich meine, was da bei uns los wäre.“

Für den schärfsten Nervenkitzel sorgt der Japaner Hayashi

Den schärfsten Nervenkitzel beschert der Japaner Hayashi. Anfangs begnügt er sich noch mit per Kamera und Leinwand übertragenen Münzen- und Kartentricks auf dem Tisch vor sich. Dann greift er irgendwann zur Waffe: Mit verbundenen Augen führt er das Katana und zerteilt mit dessen Klinge Gurken - was zunächst erstmal nichts Faszinierendes hätte, befände sich das Gemüse nicht in den Händen und oberhalb des Kopfes einer seiner zum Glück unversehrt gebliebenen Assistentinnen. Die haben’s bei ihm halt nicht leicht. Dass seine Kunst nicht nur reine Trickserei ist, beweist beispielsweise sein Weltmeistertitel der World Kickboxing and Karate Association, den er 2011 gewann.

Im Varieté findet sich bekanntlich Platz für alles und jeden, und so darf es in einer Zaubershow auch Luftartistik wie die des ungarischen Duos Szulita und Dennis geben, die in grellen LED-Anzügen am Vertikalseil turnen. Dramaturgisch hätte es dieses Zwischenspiel nicht gebraucht, denn der Versuch, diesen ja doch aus der Reihe tanzenden Auftritt irgendwie ins Raster zu moderieren, wirkt angestrengt. Der durchweg launigen Show tut das aber keinen Abbruch.