Auch der Polizei gelingt es nicht, offenkundige Rechtsverstöße zu verhindern. Foto: Zweygarth

Die Rechtsverfahren der Stadt gegen illegale Prostitution verfehlen unübersehbar ihr Ziel. Oberbürgermeister Kuhn hat den Kampf gegen die Ausbreitung des Rotlichtmilieus angesagt, doch effektive Waffen müssen noch gefunden werden.

S-Mitte - Die Blondheit der Dame vor der Tür scheint verdächtig, falsch zu sein. Die Dame selbst ist verdächtig, dem verbotenen Gewerbe der Straßenprostitution nachzugehen. Dies mit dem fließbandartig gesprochenen Standardsatz beim Freierfang: „Hast du Lust?“ Die Bar im Leonhardsviertel, vor der sie ihn spricht, ist nicht verdächtig, anderen Zwecken zu dienen als gastronomischen, sie ist nach polizeilicher wie nach städtischer Lesart keine Bar mehr. Im Internet bewirbt sie sich als „sexy, sexy, sexy“ samt dem Foto von sieben leichtgekleideten Frauen.

Eine Bar, die inoffiziell als ein Bordell dient

Die Bar ist „offiziell kein Bordell“, sagt der Polizeisprecher Thomas Geiger, „aber sie wird faktisch so betrieben“. Vor der Bar und in der Bar sprechen die Frauen des Gewerbes die Freier an. Die Zimmer in den oberen Stockwerken des Hauses dienen dem Vollzug. „Sie werden als Absteige genutzt“, sagt Geiger – illegal.

Der Polizei fehlt die rechtliche Grundlage

Um Sex gegen Geld innerhalb dieses und anderer Häuser zu verbieten, fehlt der Polizei die rechtliche Grundlage. Dies ist Sache der Stadt. Allerdings gelingt es der Polizei auch nicht, unübersehbare Rechtsverstöße zu unterbinden. Selbst in den wenigen legalen Milieubetrieben dürfen die Frauen nur im Türrahmen stehen, nicht vor den Häusern für sich werben. Männern auf der Straße Sex gegen Geld anzubieten, ist im gesamten Stadtgebiet verboten.

Der Rotlichtbetrieb breitet sich aus-trotz Streifen

Zwei Polizisten streifen laut Geiger rund um die Uhr zu Fuß durch das Rotlichtviertel, verhängen Geldstrafen und Platzverweise. Was sich zwar in Statistiken niederschlägt, aber nichts ändert. Auch in anderen Häusern in der Altstadt und um sie herum breitet der Rotlichtbetrieb sich aus.

Ein Kampf mit noch unbekannten Waffen

Was im Rathaus durchaus bekannt ist. Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat jüngst den Kampf gegen die Auswüchse des Gewerbes angekündigt. Allerdings ist die Frage, mit welchen Waffen er kämpfen will. Alle bisher erprobten blieben stumpf. Das Baurechtsamt betreibt derzeit im Leonhardsviertel fünf Verfahren, um illegale Bordelle zu schließen, im Amtsdeutsch sogenannte Nutzungsuntersagungen. Weitere kommen hinzu, beispielsweise im benachbarten Bohnenviertel.

Verbotsversuche, die Wirkung zeigten gab es bisher wenige

Auch gegen jene Bar hat der Versuch eines Verbots begonnen. Allerdings waren solche Anläufe bisher wirkungslos. Wenn nur der Name des Betreibers wechselt, beginnt die Stadt das Verfahren von vorn. Einige Betriebe wurden ohne Widerstand geschlossen, nachdem sie Post aus dem Rathaus bekamen. Aber diese wenigen wohl nur, wie selbst Kirsten Rickes gesteht, die Leiterin des Baurechtsamts, „weil sie so klein waren, dass ein Gerichtsverfahren sich nicht gelohnt hätte“.

Als „Dringlich“ eingestuft, doch ohne Erfolge

Üblicherweise folgt der Nutzungsuntersagung der Widerspruch. Über den hat die nächsthöhere Behörde zu entscheiden, das Regierungspräsidium. Dessen Mitarbeiter erkennen aber keinen Grund zur Eile. Im Fall jener Bar „haben wir wiederholt mitgeteilt, dass wir die Sache als dringlich ansehen“, sagt Rickes. Vergeblich.

Der Widerspruch liegt schon beim Regierungspräsidium

Nicht nur in diesem Fall: Dass das angebliche Hotel Türmle im Bohnenviertel als illegales Bordell betrieben wird, hat die Stadt Anwohnern gar schriftlich bestätigt. Deswegen wollten zwischenzeitlich Mieter eines Nachbarhauses klagen, wohlgemerkt nicht gegen den Betreiber, sondern gegen die Stadt – wegen Untätigkeit. Ob der Prozessgegner der richtige ist, scheint fraglich. Der Widerspruch gegen das Verbot dieses Bordells „liegt schon länger beim Regierungspräsidium“, sagt Rickes und meint: schon länger als der gegen jene Bar. Die erste Mahnung gegen deren Betreiber stammt aus dem Mai vergangenen Jahres.

Dringlichkeit läuft hier auf mehrere Jahre hinaus

Selbst wenn irgendwann auch die Beamten des Regierungspräsidiums Dringlichkeit erkennen sollten, ist die Schließung der illegalen Bordelle noch in weiter Ferne. „In aller Regel folgen Gerichtsverfahren“, sagt Rickes. Die kommen zu den aktuellen amtlichen Verbotsverfahren hinzu. Der derzeit umfangreichste Prozess dauert inzwischen mehr als vier Jahre.