Arthrose ist ein häufiges Leiden: Rund 27 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer in Deutschland erkranken irgendwann daran. Betroffen ist meist Hüfte und Knie. Häufig kommt dabei Hyaluronsäure zum Einsatz. Foto: Fotolia

Was Arthrose-Patienten am meisten zu schaffen macht, sind die Schmerzen. Um diese zu lindern, setzen viele auf Spritzen in das Gelenk. Doch eine Studienanalyse der Bertelsmann-Stiftung zweifelt am Nutzen dieser Hyaluronsäure-Therapie.

Gütersloh/Stuttgart - Der Mensch tut einiges, um sein größtes Körpergelenk zu sabotieren: Er isst zu viel und bewegt sich zu wenig. Oder er bewegt sich zu viel und falsch. Hinzu kommt, dass die Menschen immer älter werden, weshalb das Kniegelenk auch länger seinen Dienst verrichten muss – und öfter zu knirschen beginnt. Die Kniearthrose, Gonarthrose genannt, zählt zu den häufigsten Abnutzungserscheinungen. Um eine Operation herauszuzögern, lassen sich viele spritzen: Die Hyaluronsäure ist ein Bestandteil der Gelenkschmiere. Die Injektion soll das Gelenk in Gang bringen und gegen die Schmerzen helfen. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten für die Therapie in der Regel nicht.

Unter Orthopäden, aber auch bei Patienten ist die Therapie umstritten: Einen klinischen Nutzen hat das Verfahren vielen Studien zufolge nicht. Das bestätigt nun auch eine aktuelle Analyse der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh und des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut in Berlin. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Behandlung mit den Hyaluron-Spritzen die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit des Gelenks steigern kann. Doch auf längere Sicht sind sie häufig wirkungslos – und können sogar eher schaden, wie Gerd Gigerenzer, der Direktor des Harding-Zentrums, warnt: „Der Nutzen dieser Therapie wird überschätzt und die Risiken ausgeblendet.“ So kommt es bei Injektionen generell oft vor, dass die Haut sich rötet, es zu Schwellungen kommt, schlimmstenfalls zu Entzündungen – wenn Keime über die Einstichstelle ins Gelenk gelangen.

Spritzen mit Kortikoiden und Spiegelungen sind keine Alternativen

Nicht nur aus diesem Grund raten die Experten auch von einer Therapie mit Kortikoiden-Injektionen ab: Zwar heißt es, dass Kortikoide entzündungshemmend wirken – aber diese Wirkung ist nach spätestens vier Wochen wieder verpufft.

Wer auf eine Gelenkspiegelung, medizinisch Arthroskopie, setzt, ist laut Studienergebnis auch nicht besser beraten: Dabei wird über einen Schnitt im Kniebereich ein Instrument in das Gelenk eingeführt. Teilweise wird dabei schon der durch die Arthrose zerfranste Knorpel geglättet, was die Reibung und damit die Schmerzen verringern soll. Doch auch hier kommen die Experten bei Sichtung der Studien zu einem eher enttäuschenden Ergebnis: Viele Patienten könnten nach der Operation im Vergleich zu Nichtoperierten weder besser gehen, noch hätten ihre Schmerzen nachgelassen.

Arthorse-Patienten bewegen sich oft zu wenig

Statt sich mit diesen Therapien zu belasten, sollten die Betroffenen lieber das tun, was sie am wenigsten tun wollen: sich bewegen. „Meist hindern Schmerzen die Patienten, sich regelmäßig zu bewegen“, sagt Klaus Bös, ehemaliger Leiter des Instituts für Sportwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie. „Doch schont sich der Patient, wird weniger Gelenkflüssigkeit produziert, und die Knorpel werden rau und spröde, was wiederum zu mehr Verschleiß und Schmerzen führt.“ Regelmäßige Bewegung dagegen lindert die Arthrose und verlangsamt ihr Fortschreiten. Bös empfiehlt, bestenfalls täglich 30 bis 40 Minuten oder mindestens zweimal die Woche zu trainieren. Als Sportarten eignen sich Schwimmen, Gehen, Joggen, Aerobic und Radfahren. Insbesondere Dehn- und Kräftigungsübungen sind bei schmerzenden Gelenken empfehlenswert.