Der American Staffordshire Terrier Seik ist einer von knapp 20 Kampfhunden im Stuttgarter Tierheim Foto: Leif Piechowski

Mit interaktiver Grafik - Rechnerisch hat die Kampfhundesteuer ihren Zweck erfüllt. Derzeit sind in Stuttgart  59 Kampfhunde gemeldet, im Jahr 2000 bei Einführung der Abgabe waren es noch 437. Die Zahl an Hunden gesamt stiegt derweil in Stuttgart.

Rechnerisch hat die Kampfhundesteuer ihren Zweck erfüllt. Derzeit sind in Stuttgart  59 Kampfhunde gemeldet, im Jahr 2000 bei Einführung der Abgabe waren es noch 437. Ein Experte des Tierheims  glaubt, dass es in der Stadt immer noch Hunderte Kampfhunde gibt.

Stuttgart - Bei einem Wettbewerb im Treu- und-friedlich-Dreinschauen hätte Seik beste Chancen auf einen vorderen Platz. Kann eigentlich nicht sein. Seik aus dem Tierheim in Stuttgart-Botnang ist ein American-Staffordshire-Terrier, eine Rasse, die das Gesetz als gefährlichen Kampfhund einstuft.

Allzu viele Kampfhunde gibt es in Stuttgart nicht mehr. 59 weist das Melderegister der Kämmerei noch aus. „Dazu kommen noch fünf sogenannte gefährliche Hunde“, sagt Andrea Wilbur vom Steueramt der Stadt. Gemeint sind damit Tiere herkömmlicher Rassen, die als aggressiv aufgefallen sind. Die Strategie, mit einer höheren Steuer die Haltung solcher Tiere unattraktiv zu machen, hat sich demnach ausgezahlt.

Rückblick: Im Jahr 2000 hat der Gemeinderat für Kampfhunde eine erhöhte Steuer eingeführt. Nach zahlreichen aufsehenerregenden Beißattacken hatte ganz Deutschland jahrelang um die genetisch bedingte Gefährlichkeit von bestimmten Hunderassen debattiert. Die Länder, auch Baden-Württemberg, erließen schließlich hohe Sicherheitsauflagen für Halter von American- Staffordshire-Terrier, Bullterrier und Pitbull-Terrier, die Liste wurde noch ergänzt um weitere, möglicherweise gefährliche Rassen samt Kreuzungen. Städte und Gemeinden hatten das mit höheren Steuersätzen ergänzt. Diese gelten in Stuttgart bis heute. Ein herkömmlicher Hund wie ein Dackel oder ein Collie kostet 108 Euro pro Jahr, ein Kampfhund 612 Euro. Höher besteuert werden Dackel und Collie nur, wenn sie regelmäßig kraftvoll zubeißen.

Hundeexperten wie Martin Pechmann vom Tierheim in Botnang bezweifeln, dass die Statistik der Wirklichkeit entspricht. Pechmann, der neben Seik knapp 20 Kampfhunde betreut, hält es für möglich, dass es in Stuttgart nach wie vor mehrere hundert solcher Tiere gibt – wobei er den Begriff Kampfhund eigentlich ablehnt. „Es gibt drei Rassen, die unter einem Erlaubnisvorbehalt stehen, und acht weitere, die zusätzliche Auflagen erfüllen müssen.“

Haltern von Kampfhunden werde es nicht besonders schwergemacht, die gesetzlichen Regeln zur Tierhaltung und damit auch eine höhere Besteuerung zu umgehen. „Man kann einen Hund bei der Anmeldung jederzeit anders deklarieren“, so Pechmann. Tatsächlich muss ein Halter sein Tier weder dem Ordnungsamt noch dem Steueramt vorführen. „Wir werden erst nach einem Beißvorfall vom Ordnungsamt benachrichtigt“, sagt Andrea Wilbur. Laut Pechmann könne man überdies manche Kampfhunderasse durchaus mit herkömmlichen Rassen verwechseln. Beispiel: American-Staffordshire-Terrier und Labrador-Boxer.

Pechmann nennt noch einen anderen Trick, den Halter von Kampfhunden anwenden. Sie melden ihr Tier regulär über einen auswärtigen Verwandten in einer anderen Stadt oder Gemeinde ohne Kampfhundesteuer an. Dazu genügt ein Blick über die Stadtgrenze: Fellbach im Rems-Murr-Kreis etwa verlangt 108 Euro jährlich für jedweden Hund. In Esslingen werden 120 Euro fällig.

Richtig teuer sind Kampfhunde in Korntal mit 1420 Euro Gebühren pro Jahr.