Vorsicht beim Sprung ins Schwimmbecken. Unter Wasser lauern oft tödliche Gefahren in Form von defekten Ansauganlagen. Foto: dpa

Wegen fehlerhaft eingestellter Absauganlagen ertrinken immer wieder Kinder in Hotelpools. Der Experte Alexander Göb kämpft für mehr Sicherheit.

Selbst wenn Kinder gut schwimmen können, sollten Eltern sie nie aus den Augen lassen. Denn immer wieder werden Swimmingpools zur tödlichen Falle. Jedes Jahr kommen in der Ferienzeit Kinder zu Tode, weil sie von fehlerhaft eingestellten oder nachlässig gewarteten Absaugpumpen unter Wasser gehalten werden. Dokumentiert sind tragische Unfälle in spanischen, türkischen und bulgarischen Ferienanlagen. Laut Medienberichten sind in diesem Jahr vor allem brasilianische Ferienanlagen betroffen. Der Pool-Experte Alexander Göb dokumentiert Todesfälle dieser Art und kämpft für mehr Sicherheit in Hotelpools.

Für ihn ist diese Sache eine Herzensangelegenheit: 2011 kam sein einziges Kind Lucas bei genau solch einem Schwimmbadunglück auf der spanischen Ferieninsel Fuerteventura ums Leben. Auch der Deutsche Reise-Verband (DRV) nahm das Thema ernst und schickte sogar eigene Pool-Tester in beliebte Familienferienregionen, um die dortigen Schwimmbecken zu überprüfen. Gemeinsam mit den Reiseveranstaltern Tui, Thomas Cook, DER Touristik und FTI Touristik erarbeitete der DRV eine Checkliste, anhand derer Hotelbetreiber ihre Pools begutachten können. Doch nun stellte der DRV seine Bemühungen ein. Grund: „Das Ziel ist erreicht. Mit der Verabschiedung einer Sicherheitscheckliste endete das Projekt und ist in die Hände der Reiseveranstalter übergegangen“, sagt Torsten Schäfer, Leiter der Kommunikation beim DRV.

Will heißen: Die Kriterien für einen sicheren Pool sind erarbeitet. Offen bleibt die Frage, wie und von wem diese nun angewendet werden sollen. Für jedermann zugänglich ist der erarbeitete Kriterienkatalog jedenfalls nicht. Für Alexander Göb ein Unding. Als gelernter Heizungsbauer konnte er sich nach dem Tod seines Sohnes relativ schnell in die Schwimmbadtechnik einarbeiten. Gefahrenquellen liegen aus seiner Sicht vor allem rund um die Pumpanlage des Pools: beschädigte Ablaufrinnen, fehlende, beschädigte oder zu weite Abdeckgitter und zu stark saugende Pumpen. Sie sind mitunter tödliche Fallen _ selbst für gekonnte Schwimmer. Auch der achtjährige Lucas Göb wurde von solch einer Anlage angesaugt und unter Wasser gefangen. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus an inneren Verletzungen.

TÜV-Test findet auch unter Wasser statt

Seit diesem tragischen Vorfall betreibt Alexander Göb eine Testanlage in Hessen, an der er Personal schult und Unfallszenarios nachstellt. Dabei arbeitet er mit dem Tüv und dem DRV zusammen. Der Tüv Rheinland entwickelte nach dem Tod von Lucas ebenfalls eine Anleitung zur Sicherheitsüberprüfung namens Pool Safety Check. Dieser Sicherheitstest wird noch angeboten. „Die Nachfrage ist allerdings sehr verhalten“, sagt Olaf Seiche vom Tüv Rheinland. Er bestätigt, dass der Tüv-Test auch unter Wasser stattfindet. Strömungs-, Vakuum- und Haarfangtests müssen bestanden werden, bevor ein Siegel verliehen wird.

Alexander Göb hat einige der durch den Tüv Rheinland ausgezeichneten Hotels in der Türkei noch einmal unter die Lupe genommen. „Trotz Inspektion habe ich noch aktive Todesfallen vorgefunden“, sagt Göb. Der Sachverständige hat bei Messungen Geschwindigkeiten feststellen müssen, die 13-mal höher waren als erlaubt. „Das ist ungefähr so, als wenn Sie mit dem Auto mit knapp 400 km/h durch eine Tempo-30-Zone fahren“, vergleicht Göb. Der Ball liegt nun also bei den Reiseveranstaltern. Deutschlands größter Touristikkonzern Tui bestätigt, sich für die Sicherheit seiner Gäste einzusetzen.

Auch Prüfungen werden vorgenommen, wie Pressesprecherin Susanne Stünckel erklärt: „Dabei wird im Rahmen einer Sichtprüfung gecheckt, dass keine offensichtlichen, augenscheinlichen Gefahrenquellen bestehen.“ Für Göb ist das nicht genug. Für ihn steht fest: „Man muss ins Wasser.“ Außerdem beklagt er, dass die Haftung von den Reiseveranstaltern auf die Hotelbetreiber übertragen wird. Die wiederum verweisen auf die Aufsichtspflicht der Eltern. Weil Alexander Göb von den Initiativen enttäuscht ist, hat er ein eigenes Sicherheitssiegel, den „Golden Lucas“, entwickelt. Bisher wurde allerdings noch kein Hotel ausgezeichnet. Lediglich ein Ferienresort in der Türkei ist in der engeren Auswahl. Zudem betreibt Göb gemeinsam mit seiner Frau Ulrike die Internetsite www.parents4safety.de, auf der er nicht nur Spenden sammelt, sondern auch Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Auf der Homepage findet man eine kostenlose Checkliste, anhand derer Eltern den Pool ihres Hotels laienhaft begutachten können.

Gefahren auch in privaten Pools

„Dafür muss man nur 15 bis 25 Minuten investieren“ sagt Göb. Allerdings rät Göb allen Gästen, von Öffnungen fernzubleiben. Bei einem starken Sog kann sich selbst ein Erwachsener nicht befreien. Auch von einem sogenannten Handtuchtest, bei dem ein Handtuch vor eine Öffnung gehalten wird, um die Stärke der Strömung zu testen, rät er dringend ab: „Der Test kann andere Kinder in Gefahr bringen. Die Ansauganlagen stellen Wasser für Rutschen bereit. Wenn man eine dieser Öffnungen blockiert, fehlt Wasser auf den Rutschen, was zu Verbrennungen führen kann.“ Die Gefahren lauern übrigens nicht nur in öffentlichen, sondern auch in privaten Pools.

„Aus meiner Sicht findet man die Gefahren auch in Deutschland noch vor“, mahnt Göb. Ob Reisende im Ausland auf die Zertifikate der Betreiber vertrauen, bleibt die eigene Entscheidung. Für Göb ist klar: „Ich würde im Moment für kein Hotel unterschreiben.“ Eltern sollten daher ihre Kinder beim Schwimmen besser nicht aus den Augen lassen. Denn es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass ertrinkende Kinder schreien oder wild um sich schlagen. „Das Ertrinken ist fast immer ein trügerisch ruhiger Vorgang“, sagt Rettungsschwimmer Mario Vittone. Warum das so ist, erklärt der Kinder- und Jugendarzt Dr. Ulrich Fegeler: „Fallen Kinder mit dem Kopf voran ins Wasser, löst dies eine Art Schockreaktion aus, die Stimmritze im Rachenraum schließt sich und macht die Atmung unmöglich.“

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Tipps für Eltern

1. Niemals unbeaufsichtigt lassen
Achten Sie darauf, dass Sie den Badebereich gut und ohne Einschränkung einsehen können. Selbst Kinder, die gut schwimmen können, sollten beaufsichtigt werden.

2. Eigener Sicherheitscheck
Probieren Sie den Pool gemeinsam mit den Kindern aus. Sagen Sie ihnen bis wohin sie allein schwimmen dürfen (zum Beispiel bis dahin, wo ihnen das Wasser bis zum Bauch reicht). Bereiche um Abflussrohre und Ansauganlagen sollten tabu sein. Lassen Sie die Kinder nicht ins Wasser, wenn Ansaugöffnungen nicht abgedeckt sind. Wenn Verschmutzungen (Pflaster oder Tüten) am Gitter kleben, ist die Strömung meist zu stark. Informieren Sie die Reise- oder Hotelleitung.

3. Notschalter für Rutschen
Meist befinden sich Ansaugpumpen in der Nähe von Rutschen. Oft gibt es einen Notschalter mit dem die Pumpe ausgestellt werden kann. Suchen Sie diesen Schalter, damit Sie ihn im Notfall betätigen können.

4. Defekte Lampen
Werfen Sie vor dem Poolbesuch auch einen Blick auf die Beleuchtung. Lose oder defekte Lampen bedeuten Lebensgefahr. Stromschläge können auch Erwachsene töten.

5. Rettungskette
Sollte tatsächlich ein Unfall passieren, zählt jede Sekunde. Informieren Sie sich schon vor dem ersten Baden, wo oder bei wem Sie in welcher Sprache einen Notfall melden können.

Eine ausführliche Pool-Checkliste zum Ausdrucken kann man auf der Website www.parents4safety.de herunterladen.