Hotelbars sind wieder schwer im Kommen. In diesen Rückzugsorten der Fantasie kommen ganz unterschiedliche Menschen leicht ins Gespräch.

Ernest Hemingway ging gerne in Bars, auch in Hotelbars. Der Schriftsteller war ein bekennender Trinker. Er schätzte die unkonventionelle Atmosphäre einer Bar, die sich im besten Fall als eine Art Transitbereich präsentiert, wo Einheimische und Gäste ins Gespräch kommen. So wie im Film „Lost in Translation“, in dem Bill Murray und Scarlett Johansson in der Bar des Tokioter Park Hyatt aufeinandertreffen, zwei Verlorene in einer für sie befremdlichen Welt. Hotelbars sind Begegnungsstätten. Hier beginnen Beziehungen, oder sie werden beendet, hier werden Kontakte geknüpft und Geschäfte abgeschlossen. Und manchmal erlebt man in einer Hotelbar Überraschendes, so wie der Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil, der in der Nacht der deutschen Wiedervereinigung im Berliner Hotel Kempinski allein mit Kanzler Kohl an der Hotelbar sitzt.

Erfunden hat die in Hotelbars gepflegte Cocktailbar-Tradition Harry MacElhone, ein Schotte, der in der New York Bar in Paris Barkeeper war und sie schließlich auch übernahm. Seine Cocktails überzeugten Schriftsteller, Schauspieler und Blaublütige und sicherten der Bar das Überleben bis heute. Heute kann man Harry’s New York Bar überall auf der Welt besuchen, unter anderem im Grand Hotel Esplanade in Berlin. Harry’ s New York Bar Berlin ist das Reich von Bar-Manager Thomas Altenberger, 2008 Gault-Millau-Barkeeper des Jahres, und bis heute eine der angesagtesten Bars in Berlin. Hier am Lützowufer treffen sich gut gelaunte Hotelgäste, in der Hotelauffahrt wetteifern dicke Wagen um Aufmerksamkeit - Sehen und Gesehen werden gehört auch für die Insassen der Autos dazu. Immer noch zum Gucken und Staunen kommen viele in die Monkey Bar des 25-Hours-Hotels im Bikini Berlin. Der Ausblick vom zehnten Stock zieht so viele Gäste an, dass man schon wieder die Reißleine ziehen müsste, um jene besondere Atmosphäre zu bewahren, derentwegen die Bar-Enthusiasten kommen.

"Es geht um Charme, Esprit, Sympathie"

Marco Weinhold, 2014 zum Barkeeper des Jahres gekürt, etablierte die Bar mit dem Blick auf den Affenfelsen im Zoo als Szene-Treff. Die Hemmschwelle möchte in Wien eine Gruppe junger Hoteliers vor allem jungen Leuten nehmen. Sparkling Vienna nennen sie sich. Unter den Hotelbars, die sie für ein Bar-Hopping empfehlen, ist auch die Bristol-Bar im eher kuscheligen Art-déco-Stil. Der britische Musiker und Entertainer Robbie Williams aber bevorzugt die Silver Bar im Hotel Das Triest, die als Szene-Legende gilt - auch dank Keita Djibril, der seit 15 Jahren ein Garant für Cocktail-Kultur ist und dafür kürzlich mit dem Silbernen Verdienstzeichen geehrt wurde. Bei der Gelegenheit verriet der 60-jährige Senegalese übrigens, dass er noch nie in seinem Leben einen Schluck Alkohol getrunken hat.

„Es geht um Charme, Esprit, Sympathie - als Bartender sammelt man quasi Kundschaft, indem man sie aus ihrem Alltag herausholt“, beschrieb Keita seinen Beruf. Tatsächlich laden Hotelbars ein zu kleinen Fluchten aus dem Alltag, zur Auszeit aus der gewohnten Umgebung. Sie geben ihren Gästen das Gefühl, angekommen zu sein in einem Raum außerhalb der Zeit, dort wo der Fremde zu Hause ist und der Einheimische zum Fremden wird, wo sich in einer ganz eigenen Atmosphäre ein bunt gemischtes Publikum trifft. Hier fühlt sich manch einer so wohl, dass er völlig Unbekannten sein ganzes Leben erzählt. Das Ambiente trägt seinen Teil zu der Vertraulichkeit bei und womöglich auch der Klangteppich, den der Pianist ausbreitet. Wie ein Pub wirkt die Jahreszeiten-Bar im Hotel Vierjahreszeiten in München. Klein ist sie, schummrig mit dunkler Holzvertäfelung, ein bisschen dekadent auch und vielleicht deshalb so beliebt.

Ähnlich wie das schon in den 1960er Jahren eröffnete Trader Vic’s im Bayerischen Hof, ebenfalls in München, das mit seiner Patina und der stilechten Einrichtung das Publikum verzaubert. Nicht im Keller, sondern ganz oben trifft man sich in Hamburg - in der 20up Skybar. Der Name ist Programm für die Bar im 20. Stock des 90 Meter hohen Empire Riverside Hotels. Fabelhaft ist vor allem der Ausblick durch die sieben Meter hohen Panoramafenster auf Hamburgs unterschiedliche Gesichter zwischen Elbe und Containerhafen. Alt-Rocker Udo Lindenberg, der im Hotel Atlantic residiert, würde vielleicht die Art-déco-Bar des Hotels vorziehen, wo die feine Hamburger Gesellschaft ein und aus geht und wo man bei leiser Piano-Musik in der exklusiven Smokers Lounge auch vertrauliche Gespräche führen kann.

Auf Intimität setzt in New York auch das kleine, feine Greenwich Hotel mit seinem Drawing Room, der mit seinen üppigen Sesseln und Sofas und dem offenen Kamin eher wie ein großzügiges Wohnzimmer wirkt als wie eine Bar. Wer einmal mit einem Drink in der Hand in den weichen Polstern versunken ist, würde am liebsten gar nicht mehr aufstehen. Hotel-Besitzer und Hollywoodstar Robert de Niro hat ein Gespür dafür, dass die Bar das Wohnzimmer der Vielreisenden ist.

Infos zu Hotelbars

Diese Hotelbars sollte man gesehen haben:

Park Hyatt Tokyo, 3-7-1-2 Nishi Shinjuku, Shinjuku-Ku, tokyo.park.hyatt.com Harry’s New York Bar Berlin, Grand Hotel Esplanade, Lützowufer 15, www.esplanade.de

Monkey Bar 25hours Hotel Bikini Berlin, Budapester Straße 40, 10787 Berlin, www.25hours-hotels.com

Bristol Bar im Hotel Bristol, Kärntner Ring 1, A-1010 Wien, www.bristolvienna.com

Silver Bar, Hotel Das Triest, Wiedner Hauptstr. 12, A-1040 Wien, www.dastriest.at

Jahreszeiten Bar im Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski, Maximilianstr. 17, 80539 München, www.kempinski.com/de/muenchen

Trader Vic’s im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 2-6, 80333 München, www.bayerischerhof.de

Skyline Bar 20up im Empire Riverside Hotel, Bernhard-Nocht-Str. 97, 20359 Hamburg, www.empire-riverside.de

Atlantic Bar, Hotel Atlantic Kempinski, An der Alster 72-79, 20099 Hamburg, www.kempinski.com/hamburg

Drawing Room im Greenwich Hotel, 377 Greenwich Street, New York, NY 10013, thegreenwichhotel.com